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SARS im Spiegel der chinesischen Medien

AutorAnne Bettingen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl125 Seiten
ISBN9783638867566
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Dolmetschen / Übersetzen, Note: 1,1, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Institut für Orient- und Asienwissenschaften), 46 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Volksrepublik China werden Nachrichten oft zensiert und über Einiges darf gar nicht berichtet werden. Vor allem negative Erscheinungen wie Naturkatastrophen, Unfälle, politische Skandale, soziale Missstände und Epidemien innerhalb der Volksrepublik (VR) China sind auch heute noch ein Tabuthema für die chinesischen Medien. Es ist schwer vorstellbar, wie die Kommunistische Partei (KP) Chinas in der heutigen globalen Informationsgesellschaft diese Praktik weiter durchsetzen will, besonders wenn es um Angelegenheiten geht, die zu einem bedeutsamen Thema für die ganze Welt werden können. In der vorliegenden Arbeit soll ein Überblick über die Berichterstattung der chinesischen Medien zu der im November 2002 in Südchina erstmals aufgetretenen Lungenkrankheit SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) gegeben werden. In Punkt 1 der inhaltlichen Ausarbeitung wird zunächst die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua kurz vorgestellt und dem Leser eine allgemeine Übersicht über die Medien in China, gesetzliche Grundlagen von Presse- und Meinungsfreiheit sowie über die Nachrichtenzensur der chinesischen Behörden in Krisenzeiten geboten. Dabei wird auf Zeitungspublikationen, sowie auf die Nachrichtenberichterstattung in Rundfunk, Fernsehen und im Internet eingegangen. Punkt 2 umfasst die Vorstellung der informationspolitischen Tendenzen der VR China in vier unterschiedlichen Zeiträumen zwischen 1949 und 2007. Im dritten Punkt wird der zeitliche Verlauf und die Ausbreitung der SARS-Epidemie von den ersten Anzeichen, über die Höhepunkte, bis hin zum Ausklang der Krankheit skizziert. Im Anschluss daran werden in Punkt 4, dem eigentlichen Hauptteil der vorliegenden Arbeit, Tendenzen und Phasen der Berichterstattung zu SARS in den chinesischen Medien vorgestellt. In diesem Kapitel wird außerdem auf die Rolle der chinesischen Regierung während der Krise eingegangen. Im fünften und letzten Kapitel wird ein kurzer Vergleich der Krisenberichterstattung chinesischer und westlicher Medien skizziert. Zum Abschluss dieser Diplomarbeit wird die Verfasserin im Resümee die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit dem Thema des Umgangs der chinesischen Medien mit der SARS-Krise kritisch beleuchten und einige Überlegungen zur möglichen zukünftigen Entwicklung der Medien- und Informationspolitik in der VR China anstellen.

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Leseprobe

Teil II: Übersetzungen


 

ZT I: Beurteilung des Medienverhaltens während der SARS-Krise


 

Von ZHANG Xiaoqun   2. Dezember 2004

 

Abstract: Während der SARS-Krise durchliefen die chinesischen Medien einen Wandlungsprozess von mangelnder Berichterstattung hin zur Rückkehr zu ihrer Verantwortung. Die Medien trugen durch ihre mangelnde Berichterstattung während der entscheidenden Phase des Übergangs von der Inkubationszeit zum Ausbruch eine gewisse Verantwortung für die Ausbreitung der Krankheit. Aber danach spielten sie mit ihrer Rückkehr zur Verantwortung dennoch eine wichtige Rolle bei der Arbeit zur Vorsorge und Heilung. Das Verhalten der Medien während der SARS-Krise hat einige Probleme bei der Öffentlichkeitsarbeit ans Licht gebracht. Diese zeigen sich hauptsächlich in drei Bereichen: Erstens wurde das Auskunftsrecht des Volkes nicht ausreichend berücksichtigt; zweitens mangelte es den Medien aufgrund der strengen Nachrichtenzensur an der angemessenen Unabhängigkeit; Drittens besteht zwischen der Soft Power[36] der Medien Chinas und der westlicher Länder eine große Disparität. Um wirkungsvoller auf öffentliche Krisen reagieren zu können, muss für Chinas Nachrichtenmedien eine tief greifende Reform durchgeführt werden.

 

Schlüsselworte: SARS, Krise, Medienverhalten, Nachrichtenreform

 

Als Sprachrohr der Partei und öffentliches Instrument der Gesellschaft betrachtet, sollen die Massenmedien beim Auftreten schwerwiegender sozialer Krisen eine wichtige Funktion erfüllen. Wie haben sich die chinesischen Medien während der SARS-Krise verhalten und welche Funktion hatten sie? Waren Chinas Nachrichtenveröffentlichungen zum plötzlichen Ausbruch der Krise effektiv? Welche Probleme gibt es noch? Welche Verantwortung tragen die Medien beim Krisenmanagement und wie können sie ihre positive Funktion noch besser erfüllen? Wie sollen wir nach der SARS-Krise Reformen im Bereich der Nachrichtenveröffentlichungen durchführen?

 

I. Die soziale Funktion der Medien und ihre Rolle beim Krisenmanagement 

 

Als einzigartige öffentliche Ressource und soziale Kraft spielen die Massenmedien in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Der Begründer der Kommunikationswissenschaft, Wilbur Schramm, sagte: „Kaum waren die Medien entstanden, schon hatten sie bei sämtlichen bedeutsamen gesellschaftlichen Umwälzungen ihre Finger im Spiel.“[37] [1] In der heutigen Zeit wirtschaftlicher Globalisierung und gesellschaftlicher Informatisierung[38] üben die Massenmedien eine immer wichtigere Rolle aus. Sie durchdringen alle Lebensbereiche. „Sie üben auf Bereiche wie das soziale Umfeld, die Lebensweise, Denkmuster, Wertvorstellungen, kulturelle Gestaltung, Ausbildungs- und Erziehungsentwicklung und die Geisteswelt der Menschen einen wichtigen Einfluss aus.“[39] [2] In der Kommunikationswissenschaft werden die sozialen Funktionen der Medien in vier Bereiche zusammengefasst. Der Erste ist die Überwachungsfunktion: Die umfassenden Berichte der Medien über Lebensbedingungen und -qualität entwickeln sich zu der hauptsächlichen Grundlage, von der ausgehend das Volk auf die Realität reagiert und Entscheidungen trifft. Der Zweite ist die Entscheidungsfunktion: Die Medien bestimmen die öffentliche Agenda[40] und beeinflussen die öffentliche Beschlussfassung. Der Dritte ist die Bildungsfunktion: Die Medien verbreiten informative Nachrichten. Der Vierte ist die Unterhaltungsfunktion: Die Medien bieten dem Volk allerart Unterhaltungsprogramme.

 

Die Rolle, die die Medien in der Gesellschaft entwickeln, hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen. Vom ökonomischen Blickwinkel aus betrachtet haben die zur öffentlichen Ressource gewordenen Medien einen sehr starken externen Effekt. Wenn sich die positive Seite der Medienfunktion entfaltet, dann hat man einen positiven, wenn sich die negative Seite entfaltet, einen negativen externen Effekt. Der externe Effekt der Medien trat während der SARS-Krise sehr deutlich zum Vorschein und seine Auswirkungen wurden während des Krisenmanagements immer bedeutsamer. Er zeigte sich im Wesentlichen in den folgenden Bereichen: 1. Entdeckung der Anzeichen für die Krise. Während der Latenzphase der Krise nutzten die Medien die entwickelten Informationsnetzwerke, entdeckten rechtzeitig die Anzeichen für die Krise und übermittelten die Informationen rechtzeitig an die Regierung. Dadurch bewirkten sie, dass die zuständigen Behörden aufmerksam wurden und rechtzeitig Maßnahmen ergriffen. 2. Die Deckung des Informationsbedarfs. In Krisenzeiten ist der Informationsbedarf der Öffentlichkeit noch dringlicher. Wenn die Medien rechtzeitig, korrekt und umfassend Informationen veröffentlichen und Aufklärung betreiben, so decken sie damit den Informationsbedarf der Öffentlichkeit. 3. Die Lenkung der Stimmung des Volkes. Da Krisen eine hochgradig destruktive Wirkung besitzen und sich zu einem Reizthema für das Volk entwickeln, werden die aufgeregten Menschen sehr stark von den Medien beeinflusst. Bei richtiger Anleitung durch die Medien kann die Stimmung des Volkes stabilisiert und dadurch die gesellschaftliche Kraft konzentriert werden, sodass die Menschen gemeinsam die Krise meistern können. 4. Der Einfluss auf Regierungsentscheidungen. Einerseits geben die Medien der Regierung rechtzeitig eine Rückmeldung über die Krisenlage sowie die Psyche der Bürger und helfen ihr wissenschaftliche Entscheidungen zu treffen, andererseits geben sie dem Volk rechtzeitig die Schritte und die entsprechenden Entscheidungen bekannt, die die Regierung als Reaktion unternimmt. Damit realisieren die Medien eine gute Wechselwirkung zwischen der Regierung und der Gesellschaft. 5. Die Gestaltung des Regierungsimages. Die Medien berichten rechtzeitig über sämtliche Schritte der Regierung in Bezug auf die Krisenbehandlung sowie deren Wirkung. Diese Berichte spielen eine äußerst wichtige Rolle bei der Gestaltung des Regierungsimages.

 

2. Das Verhalten der Medien während der SARS-Krise

 

 In unsere Statistik zur Berichterstattung über SARS haben wir hauptsächlich die vier wichtigsten staatlichen Medien (Renmin Ribao, Guangming Ribao, CCTV[41], China Daily), vier Medien auf lokaler Ebene (Beijing Ribao, Beijing Qingnianbao, Guangdong Dianshitai, Yangcheng Wanbao) sowie zwei Onlinenachrichtendienste (Xinhuawang[42], Nanfangwang[43]) einbezogen. Anhand der Statistik haben wir die folgenden vier Besonderheiten der medialen Berichterstattung zu SARS herausgefunden: 

 

Erstens, der offensichtliche Phasencharakter. Vor dem 2. April berichteten die Medien nur vereinzelt über SARS, ab dem 3. April wurde von allen Medien massiv und in hohem Maße berichtet. Auch inhaltlich betrachtet teilt sich die Berichterstattung nach dem dritten April in zwei Phasen auf. Die erste Phase bezieht sich auf die Zeit vor dem 20. April. In dieser Zeit zeigten die Medienberichte eine übermäßig „optimistische“ Tendenz, sie betonten die Heilbarkeit und Eindämmbarkeit der epidemischen Krankheit. Viele der Inhalte und Auffassungen, die man in dieser Phase veröffentlicht hatte, wurden in der nächsten für ungültig erklärt. In der zweiten Phase, nach dem 20. April, waren die Medienberichte im Großen und Ganzen rational und objektiv. Die Balance zwischen positiver Propaganda und objektiver Berichterstattung wurde im Wesentlichen realisiert.

 

 

Abbildung 1: Durchschnittliche Anzahl der Berichte der vier wichtigsten großen staatlichen Medien zu SARS in Intervallen von fünf Tagen (11.2.-10.5.). 

 

Quelle: Gemäß der statistischen Daten der Onlineausgaben der Renmin Ribao, Guangming Ribao, CCTV, China Daily (Schlüsselwortsuche im Titel).

 

Zweitens drückt sich in den Berichten eine deutliche Regionsbezogenheit aus. Die Medien anderer Gebiete gaben nur sehr wenige Berichte zum Auftreten von Krankheitsfällen in Guangdong heraus, wie die Beijing Ribao und die Beijing Qingnianbao, die vor dem 2. April deutlich weniger über SARS berichteten als der Guangdong Dianshitai und die Yangcheng Wanbao. Außer den Medien Beijings haben wir in unserer Statistik auch die wichtigen Massenmedien Shanghais, Tianjins und Jiangsus erfasst. Die Jiefang Ribao berichtete vor dem zweiten April insgesamt sechs Mal über SARS, die Tianjin Ribao zwei Mal, die Xinhua Ribao acht Mal. Die Berichterstattung der Medien Guangdongs erlebte einen Prozess des „Ansteigens, Abfallens und wieder Ansteigens“. Wie der Guangdong Dianshitai, der im Februar 21 Mal berichtete und im März nur drei Mal und die Yangcheng Wanbao, die im Februar 17 Mal berichtete, im März nur drei Mal. Nach dem zweiten April publizierten diese beiden Massenmedien zahlreiche Berichte.

 

 

Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl der SARS-Berichte durch Beijings und Guangdongs vier große...

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