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E-Book

Und Jahwe fuhr herab

Gedanken eines ehemaligen Fundamentalisten

AutorPeter Hoeft
Verlagmysteria Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl132 Seiten
ISBN9783955778613
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Peter Hoeft hat ein Buch geschrieben, das schon längst überfällig war. Es ist das Werk eines einstigen Fundamentalisten, der sich dennoch das Denken nicht hat verbieten lassen. Lesenswert! Walter-Jörg Langbein, Theologe, SchriftstellerPeter Hoeft liefert in seinem Buch 'Und Jahwe fuhr herab ...' die interessante Sichtweise eines ehemaligen Fundamentalisten zur Welt der fliegenden Götter und zeitreisenden Propheten. Dabei formuliert er aus unkonventionellen Gedanken kontroverse Fragestellungen, oftmals der unbequemen Art, und kratzt so an allzu selbstgefälligen Lehrmeinungen. Roland Roth, Autor und Herausgeber Magazin 'Q´Phaze'

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Leseprobe

2 Ein Leben in Extremen – persönliche Erfahrungen mit dem fundamentalistischen Christentum

 

„Bist du glücklich?“

Mit diesen Worten sprachen mich im Sommer 1976 zwei hübsche, junge Mädchen in der Fußgängerzone von Hannover an und drückten mir ein eng bedrucktes und im Comic-Stil illustriertes Faltblatt in die Hand. „Jesus liebt dich und wir lieben dich auch! Willst Du uns nicht einmal besuchen? Wir gehören zu den Kindern Gottes und wohnen hier ganz in der Nähe! Komm doch einfach mal abends vorbei!“

Ich war neunzehn Jahre alt, stand kurz vor dem Abschluss meiner zweijährigen Ausbildung zum staatlich-examinierten Altenpfleger und lebte mit meiner Freundin Julia (Name geändert) in einer netten Wohnung am Stadtrand von Hannover zusammen. Abgesehen von gelegentlichen depressiven Phasen, die mich seit meinem fünfzehnten Lebensjahr begleiteten, ging es mir also gut – und doch fehlte mir etwas. Wie so viele junge Menschen in den Siebzigerjahren war auch ich auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Manche engagierten sich politisch, andere versuchten diesen Sinn mithilfe von Drogen, wieder andere in der Beschäftigung mit den verschiedenen Religionen zu finden. So auch ich. Eine Zeit lang hatte ich sogenannte Evangelisationen besucht, Veranstaltungen, die damals meist in großen Zelten stattfanden und in denen der Redner am Ende zur „Entscheidung für Jesus“ aufrief. Dazu kam man nach vorn, um mit sich beten zu lassen und Jesus Christus „anzunehmen“. Auch ich war dieser Aufforderung irgendwann gefolgt, trotzdem war ich nicht zufrieden mit meinem Leben. Irgendetwas fehlte mir, das spürte ich. Manchmal besuchte ich in dieser Zeit den Jesustreff, eine Teestube der sogenannten Jesus People in der Nähe des Rotlichtviertels. Viele der jungen Leute, die sich dort allabendlich trafen, waren ehemalige Drogenabhängige, einige auch frühere Obdachlose sowie Rocker, die zum christlichen Glauben gefunden hatte. Über die Jesus People hatte ich auch schon in der Presse gelesen. Sie waren Teil der weltweiten Jesusbewegung, die in den USA ihren Anfang genommen hatte und sich aus verschiedenen Gruppierungen zusammensetzte, unter ihnen auch die Children of God.

Als ich in der Stadt von den beiden jungen Mädchen angesprochen wurde, war mir der Name Kinder Gottes daher bereits ein Begriff, vor allem aber, weil ich ein Jahr zuvor einen jungen Mann kennengelernt hatte, der mich in die Wohngemeinschaft der Gruppe eingeladen hatte. Dort sangen mir einige sehr glücklich wirkende Mitglieder der Kinder Gottes ein fröhliches Lied vor, dessen Refrain lautete: „Du musst ein Baby sein, um in den Himmel zu kommen!“ Es ging darum, möglichst einfach zu werden und sich unter Ausschaltung des Verstandes – ganz so, wie ein neugeborenes Kind –, in die Arme Gottes fallen zu lassen.

Obwohl mich die Begegnung mit der kleinen Gruppe berührt hatte, schloss ich mich den Kindern Gottes damals nicht an. Zu seltsam erschien mir ihr Auftreten. Doch jetzt, ein Jahr später, war ich „reif“. Ich wusste zwar fast nichts über diese Leute, sechs Erwachsene und ein paar Kleinkinder, aber nachdem ich an mehreren Abenden in der Kolonie, ihrer Wohngemeinschaft, gewesen war und wir miteinander gegessen, gesungen und erzählt hatten, wusste ich plötzlich, dass ich von nun an dazugehören wollte. Julia trat den Kindern Gottes einige Tage später ebenfalls bei, wohl auch, um mich nicht zu verlieren. Wir kündigten unsere Wohnung, brachen unsere Ausbildung ab und zogen in die Kolonie!

In den nächsten Monaten lernten wir täglich einen Bibelvers auswendig, lasen die Schriften des Gründers der Gruppe, eines gewissen Mose David, den alle nur Mo nannten und waren von morgens bis abends auf den Straßen unterwegs, um Menschen für die Bewegung zu gewinnen. Schließlich stand das Ende der Welt bevor, wenn wir auch nicht genau wussten, wann Jesus wiederkommen würde. Wahrscheinlich würde es Anfang der 90er Jahre geschehen, wie Mo errechnet hatte.

Wir, die Kinder Gottes, waren seine Revolutionäre, und revolutionär waren auch die Methoden, die Mo sich einfallen ließ, um Menschen in die Familie der Liebe, wie wir uns auch nannten, hinein zu bekommen. Eine dieser Methoden hieß „Flirty Fishing“ und bedeutete Menschenfischen durch Flirten und Sex! „Ihr müsst bereit sein, alles hinzugeben für Gott“, hieß es in Mo-Briefen mit Titeln wie „Gottes Liebessklaven“ und „Du bist die Liebe Gottes“ – was für die Männer bedeutete, ihre Frauen potenziellen Interessenten zu überlassen, damit diese glauben konnten, dass die Kinder Gottes sie tatsächlich so sehr liebten wie Christus es getan hatte. „Jesus ließ sich für dich kreuzigen“, schrieb Mo in einem Brief an die weiblichen Mitglieder. „Bist du bereit, dich nageln zu lassen? Kann eine Couch dein Kreuz sein?“

Es erscheint unglaublich, aber tausende befolgten damals Mo´s Anweisung, denn schließlich war er Gottes Endzeitprophet! In seinen Briefen berichtete er detailliert von seinen Reisen mit Maria, seiner Sekretärin und Freundin, von seinen Visionen und Träumen und von seinen Ansichten zu allen möglichen Bereichen des Lebens. Diese Schriften waren für uns absolut bindend. Gottes Revolutionäre hatten zu gehorchen, „ohne murren und daran denkend, dass niemand größere Liebe hat als dass er sein Leben lässt für seine Freunde“, wie Mose David damals schrieb. Was blieb uns auch anderes übrig? Unsere Ausbildung hatten wir abgebrochen, die Wohnung gekündigt, der Kontakt zu Freunden, Eltern und Geschwistern bestand nicht mehr, hatte doch Jesus selber gesagt, dass ein Jünger „allem absagen müsse, was er hat“ und dass, „wer Vater und Mutter mehr liebe als ihn, seiner nicht wert sei“! So hatte es Mo in einem seiner frühen Briefe geschrieben, von denen es inzwischen mehrere hundert gab.

Unsere neue Familie war jetzt die Family of Love, wie sich die Gruppe auch nannte. Ihr hatten wir unser Eigentum übergeben, für sie und Mo waren Julia und ich in verschiedenen deutschen Städten tätig. Doch schon bald hegte ich erste Zweifel an meiner Entscheidung. Hauptsächlich wegen der „Flirty Fishing“-Briefe, deren Titelbilder oft reinste Pornografie waren, aber auch, weil Mo´s Prophezeiungen wie der Untergang Kaliforniens im Jahre 1973 nicht eingetroffen war. Aber nun war es zu spät. Die Familie zu verlassen war schließlich nicht so einfach. Zweimal versuchte ich es in den nächsten Monaten. Zwar kehrte ich beide Mal mehr oder weniger reumütig zurück, doch beobachten die Koloniehirten mich von nun an genauer, und als ich Anfang 1977 Kritik an einigen Dingen übte, warf man mich schließlich hinaus.

Erste Hilfe wurde mir durch einige Leute vom Jesustreff zuteil, die mich aufnahmen und mir mit dem Nötigsten weiter halfen. Mit meinem Wissen über die Sekte wandte ich mich an die Neue Hannoversche Presse, worauf eine mehrtägige Artikelserie erschien, außerdem Berichte in der Jugendzeitschrift BRAVO und im STERN. Bei der Kriminalpolizei musste ich meine Erfahrungen bei den Kindern Gottes drei Stunden lang zu Protokoll geben. Daraufhin wurden in mehreren Kolonien in ganz Deutschland Durchsuchungen durchgeführt, bei denen zahlreiches Material beschlagnahmt wurde. Eine Anzahl illegal in Deutschland lebender Mitglieder der Sekte wurde ausgewiesen.

Von meiner Freundin, die die Sekte ebenfalls verlassen konnte, trennte ich mich schon bald.

Auch nach dem Tod Mose Davids im Jahr 1994 ist die Family aktiv. Inzwischen wird sie von Maria und ihrem zweiten Ehemann Peter Amsterdam geleitet. Maria fungiert seit einigen Jahren als Medium, durch das angeblich Jesus Christus zu ihren tausenden Anhängern spricht, ebenso aber auch bekannte Persönlichkeiten der Geschichte wie Jeanne d`Arc, Katharina die Große, Winston Churchill und Lady Diana, Schauspieler wie Marylin Monroe und River Phönix, dessen Eltern und Geschwister jahrelang zu den Children of God gehörten, sowie andere bereits verstorbene Mitglieder, allen voran Mo selber. Sie alle werden „Spirit Helpers“ genannt, weil sie – so die Lehre der Familie – den Mitgliedern helfen und in der geistigen Welt für die Family kämpfen. Ihre Zahl geht in die Hunderte, die entsprechenden Kontaktberichte wurden jahrelang in internen Publikationen der Family veröffentlicht.

„Flirty Fishing“ wird zwar schon seit langem nicht mehr praktiziert, man hat auch einige Fehler eingestanden, die in der Vergangenheit gemacht worden seien, und die Mitglieder der Familie sind in vielen Katastrophengebieten auf der Welt humanitär tätig, doch hat sich die Sekte leider nie von den falschen Lehren ihres Gründers distanziert. Dieser wird immer noch als Prophet verehrt, obwohl ihm von ehemaligen Mitgliedern Inzesthandlungen vorgeworfen werden. So schreibt seine Tochter Deborah in ihrer Biografie Die ungeschminkte Wahrheit, dass ihr Vater einige Zeit lang ein sexuelles Verhältnis zu ihrer jüngeren Schwester Faithy unterhalten habe!

Meine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mit den Children of God wurden mehrere Jahre später in einem Buch mit dem Titel So tappte ich in die Sektenfalle veröffentlicht.

Nachdem ich bei den Jesus People authentisches Christsein, nämlich Glaube verbunden mit sozialem Engagement – zum Beispiel in der Arbeit mit Obdachlosen und anderen Randgruppen der Gesellschaft – kennengelernt hatte, war ich bereit, einen Neuanfang zu wagen. Ich entschied mich noch einmal ganz bewusst für ein Leben als Christ und bekehrte mich zu Jesus, wie dieser Schritt in...

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