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Kunst im Kern von Schulkultur

Ästhetische Erfahrung und ästhetische Bildung in der Schule

AutorSaskia Bender
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl381 Seiten
ISBN9783531921068
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,00 EUR
Was bedeutet es für eine Regelschule in einem sozialen Brennpunktgebiet mit einem kunstbetonten Schulprofil zu arbeiten? Kann der programmatische Entwurf einer Integration vor allem der schulbildungsfernen Kinder über intensivierte künstlerische Tätigkeit in der Praxis aufrechterhalten werden?
Diese Studie zeigt, dass es in der Institution Schule nicht unbegrenzt möglich ist, die Räume für ästhetische Erfahrungen auszuweiten. Gleichwohl kann über die Ermöglichung ästhetischer Erfahrungen insbesondere bei krisenbelasteten Biografien eine Entlastung von Handlungsnotwendigkeiten und dem ansonsten in der Schule dominanten Bewährungsdruck erreicht werden. Im gelingenden Fall werden dann auch bei Kindern individuell biografische Bildungsprozesse im Modus ästhetischer Selbstreflexivität in Gang gesetzt, die im Hinblick auf die Erfüllung schulisch-institutioneller Lern- und Bildungsaufgaben mittelbar als positiv auszuweisen sind.

Dr. Saskia Bender ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft, Arbeitsbereich Bildungsforschung der Leibniz Universität Hannover.

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Leseprobe
6. Der Anerkennungsraum der kunstbetonten Schulkultur – vergleichende Zusammenführung der Fallanalysen (S. 323-324)

Erst im Anschluss an die erfolgte Rekonstruktion der Schülerpositionen kann nun die Bedeutung der zuvor rekonstruierten schulkulturellen Ausdrucksgestalt der kunstbetonten Grundschule für die in sie integrierten und in ihr agierenden einzelnen Schüler aufgeschlüsselt werden. Welche Bedingungen für die Artikulation und Anerkennung ihres Selbst bietet dieses auf die Kunst bezogene schulkulturelle Feld für Schüler mit unterschiedlichen Selbstproblematiken, Habitusformationen und Selbstbildern, welche jeweils spezifischen Erfahrungen im familiären Milieu zugeordnet werden können?

Gelingt es der Schule, ihre mit der Kunstbetonung verknüpften Ziele und Anspruchshaltungen in Bezug auf die schulischen Bewährungs- und Bildungsverläufe so umzusetzen, dass tatsächlich eine Nähe zu den Kindern aus bildungsfernen Milieus hergestellt werden kann? Die Darstellung der Fallvergleiche orientiert sich, im Gegensatz zu den Zusammenfassungen der einzelnen Fälle (S. 265ff., 292f., 319f.), die im Wesentlichen als eine synchrone Zusammenführung der Ergebnisse über die drei schulkulturellen Ebenen des Realen, Symbolischen und Imaginären hinweg angelegt wurden, im Folgenden enger an dem von Kramer entwickelten strukturtheoretischen Modell der schulbiografischen Passung (Kramer 2002: 275).

Wenngleich, wie bereits dargestellt (vgl. Kap. 3.4.2, S. 112), in der vorliegenden Studie aufgrund des Alters der Kinder keine sinnhaft strukturierten biografischen Verläufe der einzelnen Schüler eingeholt werden konnten, eignet sich die Strukturierung Kramers an diesem Punkt der Auswertungen sehr gut, um das komplexe Passungsverhältnis zwischen der schulkulturellen Ausdrucksgestalt und den einzelnen Schülerpositionen in einen tragfähigen Vergleich zu überführen.

Zusammenfassend werden dazu zunächst noch einmal die Ergebnisse der Schulkulturanalyse dargestellt. Vor diesem Hintergrund werden dann die Schülerfallstudien bezüglich der einzelnen Sequenzstellen des schulbiografischen Passungsverhältnisses kontrastiert (Kramer 2002: 287f.): Als erste Sequenzstelle werden die (1) Voraussetzungen der sich ausformenden Fallstruktur als Wechselbeziehung zwischen Schüler und Schule abgebildet.

Auf der Seite der Schule findet sich hier die grundlegende Sinnstruktur des Schulischen im Kontext der rahmenden gesellschaftlichen Strukturierungen und der damit einhergehenden Antinomien, insbesondere der spezifischen Rollenerwartungen, sowie gegenüber einem grundlegenden insbesondere in der Grundschule stark ausgeprägten Rationalisierungsdruck und einer unhintergehbaren Leistungsorientierung (ebd.: 239).

Für die Seite des Schülers werden die in Bezug auf die familiäre Lagerung ausgeformte Selbstproblematik, die fallspezifische Habitusformation und die, soweit hier in den Einzelfällen eine Differenzierung möglich ist, vor Schuleintritt ausgeformten Bearbeitungsstrategien dieser Selbstproblematik abgebildet. Ferner spielen die in der Familie vorherrschenden Leistungsorientierungen eine gewichtige Rolle. Als vorbereitender Erfahrungsraum einer institutionellen Einbindung werden zusätzlich die Erfahrungen mit vorgängigen Einrichtungen, wie dem Kindergarten relevant.

Es folgt die Sequenzstelle des (2) Einstiegs, in der nun eine erste Konfrontation dieser individuellen Fallstruktur mit der symbolischen Ordnung der Schule stattfindet. In der vorliegenden Studie ist diese Einstiegssequenz das Einschulungserlebnis, dem in jedem Gespräch und auch in der Rekonstruktion ein besonderes Gewicht zukam. Dort beginnt nun das spannungsvolle Zusammenspiel zwischen Schüler und Schule, ausdifferenziert auf den drei Sinnebenen, des Realen des Symbolischen und des Imaginären.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Dank6
Inhalt7
Abbildungsverzeichnis12
Einführung13
1. Schulforschung als Schulkulturforschung23
1.1 Neue Schulreform als Schulentwicklung23
1.2 Schulentwicklung als Schulkulturentwicklung26
1.3 Konsequenzen für die Schulforschung29
1.4 Schulkulturentwicklung als Schulprogrammentwicklung45
1.5 Schulkulturelle Bildungsräume49
1.6 Zusammenfassung: Theoretische und empirische Positionierung53
2. Kunst und Schulkultur55
2.1 Kunst und ästhetische Erfahrung55
2.2 Struktureigenschaften ästhetischer Erfahrung61
2.3 Entfaltung ästhetischer Bildung68
2.4 Ästhetische Erfahrung und Bildung bei Kindern72
Exkurs: Distinktion durch Geschmack78
2.5 Ästhetische Erfahrung und Bildung in der Institution Schule79
Exkurs: Pädagogische Professionalität und Arbeitsbündnisse84
Exkurs: Antinomien schulpädagogischen Handelns89
3. Methodologische Rahmung und methodische Anlage95
3.1 Methodologische Grundbestimmungen der objektiven Hermeneutik96
3.2 Das sequenzanalytische Verfahren der objektiven Hermeneutik100
3.3 Zugang und Erhebung104
3.4 Analytische Perspektiven und Wege der Rekonstruktion106
3.5 Vermittlung von Schulkultur und Schülerpositionen122
4. »unser sonnenlicht hat viele farben weil die kinder unserer sonnenlicht-grundschule auch viele farben haben« – Analyse der Schulkultur125
4.1 Schulbeschreibung125
4.2 Die symbolische Ordnung der kunstbetonten Regelgrundschule – Rekonstruktion der Einschulungsfeier143
4.3 Fallstruktur und Strukturprobleme170
4.4 Das Verhältnis zwischen Schulprogramm und Schulkultur183
4.5 Kunstorientierung als konstruktive Krisenbewältigung?189
4.6 Zusammenfassung: Die schulkulturelle ›Schöpfung des Schülers‹203
5. Rekonstruktion der Schülerpositionen208
5.1 »die wollen dass ich was schaffe«. Majda: Organisierte Imagination und Bildungserfolg208
5.2 »ich bin alles durcheinander gekommen«. Lek: Schulkulturelle Verstrickung und bereichsspezifische Bewältigung267
5.3 »wir trinken keinen alkohol, wir nehmen keine drogen und so«. Claudio: Habituelle Verbürgung der Grenzen des Ästhetischen293
6. Der Anerkennungsraum der kunstbetonten Schulkultur – vergleichende Zusammenführung der Fallanalysen321
6.1 Fallspezifische Voraussetzungen325
6.2 Der Einstieg in die institutionelle Schulbildung als Konfrontation zwischen Schule und Subjekt auf den Ebenen des Realen, Symbolischen und Imaginären329
6.3 Fallspezifische Bearbeitung der schulkulturellen Passung an der kunstbetonten Regelgrundschule333
6.4 Der Kunstunterricht als verbürgender Kern des Schulprofils?335
6.5 Die Platzierung der Schüler in einer schulkulturellen Diffundierung des Schulischen – Typisierung der Passungsverhältnisse341
7. Abschließende Betrachtungen351
7.1 Die Schule als Ort für Krisen durch Muße?351
7.2 Kunstorientierung als Überwindung familiärer Enge-Erfahrungen?355
7.3 Zusammenfassung und Forschungsperspektiven362
Literatur365
Schriften365
Internetadressen378
Anhang379
Transkriptionsregeln379
Transkriptionszeichen379

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