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Besteuerung grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen im Wandel

Unter Berücksichtigung der Neuregelungen und Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, dem Entwurf einer Funktionsverlagerungsverordnung und des SEStEG

AutorMarc Dieck
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl191 Seiten
ISBN9783638060226
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,7, Universität Lüneburg (Wirtschaftsrecht), 152 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die wirtschaftliche Verflechtung deutscher Unternehmen mit ausländischen nimmt im Zuge der Globalisierung seit Jahren zu. Dies ist zum großen Teil auf betriebswirtschaftliche Erfordernisse (z. B. Personalrationalisierung, Marktnähe, Zentralisierung der Logistik) zurückzuführen, die der globale Wettbewerb mit sich bringt. Immer häufiger werden Aufgaben unternehmensintern über Ländergrenzen hinweg aufgeteilt und so internationalisiert. Mit der Unternehmensteuerreform 2008 versuchen Gesetzgeber und Finanzverwaltung das deutsche Steuerrecht dieser Dynamik anzupassen, denn aus Sicht der Finanzverwaltung birgt jede grenzüberschreitende Verlagerung betrieblicher Funktionen in das Ausland die Gefahr, Steuersubstrat zu verlieren. Hierbei kodifiziert der Gesetzgeber nicht alle spezifischen Regelungen, sondern setzt auf eine für ihn bewährte - jedoch aufgrund der Normenhierarchie kritisch zu beurteilende - 'Triade' aus Gesetz (§ 1 AStG), Rechtsverordnung 'Funktionsverlagerungsverordnung; FVerlagV ' und einer Richtlinie 'Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung '. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 bringen Gesetzgeber und Finanzverwaltung mit der Funktionsverlagerung eine neue Art von Geschäftsvorfall in das Außensteuerrecht. Die Regelungen zu Funktionsverlagerungen sollen dazu beitragen, die Besteuerung in Deutschland geschaffener Werte sicherzustellen, wenn Geschäftschancen ins Ausland verlagert werden. Technisch setzt der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1 Abs. 1 und 3 AStG auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung an, also dem Fremdvergleich. Neben dem bewährten Grundsatz des Fremdvergleichs (konkreter Fremdvergleich) wird der hypothetische Fremdvergleich in das Gesetz aufgenommen.Der Gesetzgeber orientiert sich dabei nicht an bewährten Grundsätzen des Steuerrechts wie die Einzelbewertung, sondern impliziert die Grundsätze der Unternehmensbewertung in das deutsche Steuerrecht, welches in der Einführung eines sog. Transferpakets mündet. Ferner wird das streitig diskutierte Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 AStG sowie anderen Einkünftekorrekturvorschriften geregelt. Darüber hinaus sollen nachträgliche Preisanpassungen der Verrechnungspreise in einem Zeitraum von zehn Jahren bei 'erheblicher' Abweichung der Gewinnentwicklung möglich sein. Ausgehend von diesen Neuentwicklungen und Änderungen ist es das Ziel dieser Arbeit die Neuregelungen des UntStRefG 2008 und der FVerlagV-E zu analsyieren sowie ihre Auswirkungen aufzuzeigen.

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Leseprobe

2. Begriff und Motive für Funktionsverlagerungen


 

2.1. Dispositionsfreiheit der Unternehmen


 

Die Dispositionsfreiheit der Unternehmen gehört zur Unternehmerfreiheit, welche durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet wird. Sie ist die Freiheit für unternehmerische Planungs- und Grundsatzentscheidungen.[6] Diese Gestaltungsfreiheit kann und darf durch das Steuerrecht nicht eingeschränkt werden. Dementsprechend ist der Unternehmer frei in seiner Entscheidung, die Funktionen und Risiken in Art und Umfang in seinem Unternehmen dort anzusiedeln, wo er dies für sinnvoll erachtet.[7]

 

2.2. Begriff der Funktionsverlagerung


 

Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Funktionsverlagerung existiert derzeit nicht.[8] Der Begriff der Funktionsverlagerung ist kein Standardausdruck, der schon in Kommentaren definiert worden wäre.[9] Von einer Funktionsverlagerung ist jedoch auszugehen, wenn bestimmte betriebliche Funktionen von einem Unternehmen auf ein anderes nahe stehendes Unternehmen übertragen werden.[10] Zur genaueren Definition kann der Begriff „Funktionsverlagerung“ in seine Bestandteile „Funktion“ und „Verlagerung“ zerlegt werden.[11]

 

Die Begriffsbildung der betrieblichen Funktion tauchte in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur erstmals im Jahr 1911 bei TAYLOR[12] auf, der ihn bei der Entwicklung eines Systems der Arbeitsteilung (Funktionsmeistersystem) verwendete, jedoch auf eine Definition verzichtete.[13] Betriebswirtschaftlich ist unter einer Funktion die Tätigkeit und Verantwortlichkeit zu verstehen, die ein Unternehmen im Rahmen aller für eine Leistungserbringung erforderlichen Schritte unternimmt.[14] Weiterhin versteht man unter Funktionen einzeln abgrenzbare Ausschnitte aus dem Gesamt-Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens.[15] Gem. OECD-Richtlinie 1995, Tz. 1.21, werden folgende Beispiele für Funktionen angeführt: Design, Herstellung, Montage, Forschung- und Entwicklung, Service, Einkauf, Vertrieb, Marketing, Werbung, Transport, Finanzierung und Management. Es handelt sich demnach um Unternehmensbereiche, die funktionsbezogen Aufgaben unternehmensintern durchführen und so einen „lebensfähigen Unternehmensorganismus“ gewährleisten. Der Begriff der „Verlagerung“ bezeichnet einen Vorgang, der dazu führt, dass eine bislang von einer Konzerngesellschaft („übertragende Gesellschaft“) ausgeübte betriebliche Funktion künftig an einem anderen Standort und von einer anderen Konzerngesellschaft“ oder Betriebsstätte „(„übernehmende Gesellschaft“) ausgeübt wird[16], so dass nach betriebswirtschaftlichem Verständnis eine Funktionsverlagerung vorliegt, wenn eine Funktion, die bisher an einem bestimmten Ort ausgeübt wurde, künftig an einem anderen Ort ausgeübt wird.[17] Liegt der neue Standort nicht in Deutschland, spricht man folglich von einer grenzüberschreitenden Funktionsverlagerung. Entscheidend ist jedoch, dass der Ort, an dem die Funktion bisher ausgeübt wurde, wechselt, ohne dass die Gesamtunternehmung die Weisungs- und Kontrollbefugnis über Funktion und Funktionsträger verliert.[18] Eine Funktionsverlagerung kann somit nur auf einen unselbständigen Teil des Unternehmens oder auf eine Konzerngesellschaft erfolgen (internes Outsourcing). Damit ist die Abgrenzung zum externen Outsourcing gegeben, bei dem Funktionen auf unabhängige Unternehmen ausgelagert werden.[19] Grenzüberschreitende Funktionsverlagerungen sind sowohl aus dem Ausland nach Deutschland (Inbound) denkbar, als auch der umgekehrte Fall, der Verlagerung von Deutschland ins Ausland (Outbound). Der Trend der grenzüberschreitenden Funktionsverlagerung ist jedoch der Outbound-Fall.[20] Demnach wird eine „alte“ in Deutschland ausgeführte Funktion im Ausland „neu“ – in jedweder Form - effektuiert. Dies bedeutet aber nicht, dass der bisherige „Funktionsstandort“ in Deutschland komplett stillgelegt werden muss. Möglichkeiten ergeben sich in der Form der Funktionsreduktion bzw. Funktionsabschmelzung in unterschiedlichen Ausgestaltungsformen[21].

 

2.3. Motive für Funktionsverlagerungen


 

In Zeiten der Globalisierung ist ein Rückgang „verschlossener Märkte“ und ein „Defizit an Wettbewerb“ zu verzeichnen. Deutsche Unternehmen sind mittlerweile weltweit tätig und erschließen neue Absatzmärkte. Die fortwährend positive Entwicklung der wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen tragen dazu bei. Die wirtschaftliche Verflechtung der deutschen Unternehmen mit ausländischen ist m. E. eine denklogische Konsequenz. Immer häufiger werden Aufgaben unternehmensintern über Ländergrenzen hinweg aufgeteilt und so internationalisiert.[22]

 

2.3.1. Außersteuerliche Gründe


 

Durch die gerade genannte Erschließung neuer Absatzmärkte deutscher Unternehmen im Ausland, welches selbstverständlich auch für ausländische Unternehmen für die Erschließung Deutschlands als Absatzmarkt gilt, entsteht mehr Wettbewerb. Dieser (Mehr)-Wettbewerb zwingt die Unternehmen sich sowohl kosten- als auch ertragsmäßig zu reorganisieren. Im Grunde handelt es sich bei den Folgen der Globalisierung nur um die Nutzung der sich neu anbietenden Investitionschancen durch die Realisierung einer Ausgestaltung des „ökonomischen Prinzips“. Eine Funktion wird an den Ort des größten unternehmerischen Nutzens verlagert. Die Vorteile können dabei kosten-, absatz- oder beschaffungsorientiert sowie wettbewerbsstrategisch sein.[23] Für kostenorientierte Vorteile sind beispielhaft Standortvorteile anderer Länder in Form niedriger Energie-, Umwelt- oder Produktionsfaktorkosten zu nennen. Für mittelständische Gesellschaften ist dies ein bedeutender Faktor, da „Funktionsverlagerungen häufig nur in Bereichen erfolgen, die in Deutschland aus Kostengesichtspunkten nicht mehr konkurrenzfähig betrieben werden können“ [24]. Bei Absatzorientierung steht die Erschließung und Sicherung neuer Märkte im Vordergrund. Die Sicherung des Zugangs zu Rohstoffen kennzeichnet die Beschaffungsorientierung, währenddessen wettbewerbsstrategische Ziele Folgen des Verhaltens von Konkurrenten sind.[25]

 

2.3.2. Steuerliche Gründe


 

In erster Linie sind m. E. Funktionsverlagerungen auf die o. g. außersteuerlichen Gründe zurückzuführen.[26] Würden solche Vorteile nicht vorliegen, macht eine Funktionsverlagerung aus rein steuerlichen Motiven kaum einen Sinn, da die positiven steuerlichen Effekte durch außersteuerliche sowie dem gegebenen zusätzlichen Aufwand der Verlagerung neutralisiert werden würden.[27] Demnach werden steuerliche Gründe erst dann ausschlaggebend, wenn die „ursprünglichen“ außersteuerlichen bereits ausgeschöpft wurden und aufgrund dessen sich „neue“ steuerliche Möglichkeiten ergeben. Hiermit ist die Nutzung des internationalen Steuergefälles gemeint.[28] Liegen bei einem Unternehmen bereits ausländische Standorte in „Niedrigsteuerländern“ vor, so ist der Anreiz groß, weitere Funktionen aus rein steuerlicher Veranlassung in diese Länder zu verlagern, da bereits eine unternehmensinterne Infrastruktur vorhanden ist. Positiver Effekt und Ziel einer Funktionsverlagerung aus steuerlichen Gründen kann dann die Optimierung der Konzernsteuerquote sein.[29]

 

2.4. Steuerliche Relevanz von Funktionsverlagerungen


 

Eine Funktionsverlagerung stellt isoliert betrachtet zunächst eine organisatorische Maßnahme dar, mit der Funktionen von einem Funktionsträger auf einen anderen übertragen werden.[30] Organisationsrechtliche Maßnahmen entziehen sich einer steuerlichen Prüfung, da das Steuerrecht die festgelegte Funktions- und Risikoverteilung akzeptieren muss[31] und dies im Einklang mit der unter Abschnitt 2.1. aufgezeigten Dispositionsfreiheit steht. Aus diesen Gründen ist eine Funktionsverlagerung zunächst unbeachtlich. Problematisch ist dieser Sachverhalt für den Gesetzgeber sowie die Finanzverwaltung jedoch zum einen insoweit, dass es sich bei den verlagernden Parteien (Übergeber und Übernehmer) i. d. R. um Unternehmen handelt, die zu einem Konzern gehören oder um Einheitsunternehmen mit Stammhaus und ausländischer Betriebsstätte. Grundsätzlich ist gegen solche Konstellationen und Sachverhalte seitens der Finanzverwaltung nichts einzuwenden. Fraglich bei solchen Vorfällen ist jedoch die vertragliche Objektivität der Parteien, da ein Unternehmen als Einheitsunternehmen quasi mit sich selbst kontrahiert und im Falle des Konzerns zwei verschiedene Rechtsträger (z. B. eine deutsche Tochter- und eine ausländische Tochtergesellschaft) „unternehmensintern“ diese Verlagerung vollziehen. Zum anderen, und das ist die Kernrelevanz bei Funktionsverlagerungen[32], ist problematisch, dass die künftigen Gewinne (Gewinnpotenziale[33]) i. d. R. dem deutschen Besteuerungsrecht entzogen sind.[34] Grundsätzlich...

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