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Der Übergang von Kindern aus der Familie in die Schule

Ein sozialpädagogisch begründetes Ganztagsbetreuungskonzept im Kontext der Transitionsforschung

AutorKatrin Sill
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783531925707
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,26 EUR
Mit einem Geleitwort von Hans-Ludwig Schmidt und Bernd Birgmeier

Katrin Sill promovierte am Lehrstuhl für Sozialpädagogik und Gesundheitspädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und ist derzeit als Studienrätin am Staatlichen beruflichen Schulzentrum in Neuburg an der Donau tätig.

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Leseprobe
3 Der Übergang von Kindern aus der Familie in die Schule (S. 76-77)

Unsere gesellschaftliche Struktur macht es erforderlich, dass sich Kinder neben der Familie in Institutionen aufhalten, die die Bildung und Erziehung übernehmen bzw. weiterführen. Die Übergänge zwischen den unterschiedlichen Systemen stellen an den Akteur bestimmte Entwicklungsaufgaben, die es zu meistern gilt, um von einer gelungenen Transitionsbewältigung sprechen zu können. Dabei werden diese von speziellen Ritualen begleitet, die für den Transitionsbewältiger das „Überwechseln“ markieren.

„In jeder Gesellschaft besteht das Leben eines Individuums darin, nacheinander von einer Altersstufe zur nächsten und von einer Tätigkeit zur anderen überzuwechseln. Wo immer zwischen Alters- und Tätigkeitsgruppen unterschieden wird, ist der Übergang von einer Gruppe zur anderen von speziellen Handlungen begleitet. […] Zu jedem dieser Ereignisse gehören Zeremonien, deren Ziel identisch ist: Das Individuum aus einer genau definierten Situation in eine andere, ebenso genau definierte hinüberzuführen. […] Jedenfalls hat sich das Individuum verändert, wenn es mehrere Etappen hinter sich gebracht und mehrere Grenzen überschritten hat” (VAN GENNEP 1986, S. 15).

Wie dieses „Hinüberführen“ des Individuums von einer Lebenssituation in eine andere konkret stattfindet und welche Veränderungen dies mit sich bringt, dem wird im Folgenden nachgegangen.

3.1 Der Begriff Transition


Die Transitionsforschung haben im deutschsprachigen Raum neben FTHENAKIS vor allem GRIEBEL und NIESEL vorangetrieben und mit ihren Erkenntnissen einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass Transitionen als „Phasen beschleunigter Veränderung und als besonders lernintensive Zeit“ (WELZER 1993, S. 37) verstanden werden.

„Die Grundannahme des Übergangskonzepts ist, daß durch situative, biologische oder psychische Veränderungen ein bedeutsamer Wechsel der Entwicklungsdynamik und/oder der Entwicklungsrichtung auf der Ebene des manifesten Verhaltens zu verzeichnen ist“ (BEELMANN 2006, S. 16). Im Vergleich zu Begrifflichkeiten wie Übergänge, Entwicklungsschritte oder Passagen greift die Bezeichnung Transition umfassender die Kontextbezogenheit auf, da neben den intrapsychischen Prozessen auch die Beziehungen zu anderen Personen umgestaltet werden müssen (vgl. COWAN 1991). Zusammenfassend wird der Begriff Transition

„auf Lebensereignisse bezogen, die eine Bewältigung von Veränderungen auf mehreren definierten Ebenen erfordern – der individuellen, interaktionalen und kontextuellen – und in der Auseinandersetzung des Einzelnen und seines sozialen Systems mit gesellschaftlichen Anforderungen Entwicklungen stimulieren und als bedeutsame biographische Erfahrungen in der Identitätsentwicklung ihren Niederschlag finden“ (GRIEBEL & NIESEL 2004, S. 36).

Als Transitionen werden somit komplexe, ineinander übergehende und sich überblendende Wandlungsprozesse bezeichnet, die „sozial prozessierte, verdichtete und akzelerierte Phasen in einem in permanentem Wandel befindlichen Lebenslauf“ (WELZER 1993, S. 37; Hervorh. d. Verf.) darstellen. Sie können als „langandauernde Prozesse verstanden werden, die es mit sich bringen, daß es zu einer qualitativen Neugestaltung innerpsychologischer wie interpersonaler Prozesse kommt, welche interdependent aufeinander Einfluß nehmen können“ (FTHENAKIS 1999, S. 48).

3.2 Theoretische Modelle zur Erklärung des Transitionsprozesses


Aus der Vielzahl der unterschiedlichsten theoretischen Modelle zur Erklärung von Transitionsprozessen wurden die im Hinblick auf die Bedeutsamkeit für Übergänge von der Familie in die Schule fruchtbaren Ansätze analysiert und dahingehend die Auswahl der folgenden Erklärungsmodelle getroffen: zum ersten der Ökopsychologische Systemansatz nach BRONFENBRENNER, zweitens das Schulreifekonstrukt nach NICKEL und drittens das Transitionsmodell nach GRIEBEL und NIESEL.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Zum Geleit9
Literaturhinweise18
Danksagung20
Zur Einführung22
1 Ein Blick in die Historie der Ganztagsschulentwicklung30
1.1 Die Vorläufer der modernen Ganztagsschule30
1.2 Gründe für den Bedarf nach ganztägigen schulischen Konzepten31
1.2.1 (Bildungs-)politische und (schul-)pädagogische Begründungen35
1.2.1.1 Optimierung der Lernkultur35
1.2.1.2 Herstellung von Chancengleichheit37
1.2.1.3 Die Notwendigkeit einer Reformierung der Schule38
1.2.2 (Sozial-)politische und (sozial-)pädagogische Begründungen39
1.2.2.1 Neuausrichtung der Erwerbs- und Betreuungsstruktur41
1.2.2.2 Wandel der Familiensituation43
1.2.2.3 Neustrukturiertes Umfeld für Heranwachsende44
1.2.2.4 Verändertes Erziehungsverhalten47
1.2.3 Zusammenschau53
1.3 Ganztagsschule als „frommer Wunsch?!“55
2 Ganztagsschulkonzept versus Ganztagskonzept für die Schule58
2.1 Charakteristika des Ganztagsschulkonzeptes62
2.2 Unterschiedliche Formen der Ganztagsschulkonzepte64
2.2.1 Offene Ganztagsschulen65
2.2.2 Gebundene Ganztagsschulen69
2.3 Die Ganztagsschule als Lern- und Lebensraum74
3 Der Übergang von Kindern aus der Familie in die Schule76
3.1 Der Begriff Transition76
3.2 Theoretische Modelle zur Erklärung des Transitionsprozesses77
3.2.1 Der Ökopsychologische Systemansatz nach BRONFENBRENNER77
3.2.2 Das Schulreifekonstrukt nach NICKEL83
3.2.3 Das Transitionsmodell nach GRIEBEL und NIESEL87
3.3 Entwicklungsaufgaben bei der Bewältigung von Transitionen89
3.3.1 Individuelle Ebene91
3.3.1.1 Veränderung der Identität durch einen neuen sozialen Status91
3.3.1.2 Bewältigung starker (transitionsbedingter) Emotionen91
3.3.1.3 Kompetenzerwerb92
3.3.2 Interaktionale Ebene92
3.3.2.1 Veränderung bzw. Verlust bestehender Beziehungen92
3.3.2.2 Aufnahme neuer Beziehungen92
3.3.2.3 Veränderung der Rollenerwartung93
3.3.3 Kontextuelle Ebene93
3.3.3.1 Integration verschiedener Lebensumwelten93
3.3.3.2 Neue Strukturen und Inhalte95
3.3.3.3 Weitere familiale Übergänge96
3.3.4 Zusammenfassende Darstellung96
3.4 Transition – Risiko oder Chance?97
3.4.1 Transition als Risiko: Unbewältigte Übergänge99
3.4.2 Das Für und Wider eines gleitenden Übergangs101
3.4.3 Transition als Chance: Bewältigung von Übergängen103
3.4.4 Transition – Risiko und Chance!105
3.5 Transitionsbewältigung im Kontext der Schule108
3.5.1 Von der Familie in die Schule – die Unterschiedlichkeit der Systeme108
3.5.1.1 Einzelne Dimensionen des Sozialisationskonfliktes110
3.5.1.2 Ableitungen für den Schuleintritt115
3.5.2 Die Einschulung als Übergang für die ganze Familie119
3.5.3 Das Kindergartenkind wird zum Schulkind120
3.5.4 Der Schulanfang als Problem- und/oder Entwicklungspotenzial123
3.5.5 Die pädagogische Gestaltung des Übergangs im Sinne der Entwicklungsaufgaben125
3.5.6 Schulbereitschaft und Schulfähigkeit des Kindes127
3.5.7 Die Verknüpfung vorschulischer und schulischer Lernprozesse131
3.5.8 Übergangsbewältigung und soziale Selektion – ein Zusammenhang?132
3.6 Ausgewählte Ergebnisse der Resilienzforschung und ihr Beitrag zur Reformierung des schulischen Ganztagsbetreuungskonzeptes137
3.6.1 Resilienz137
3.6.2 Risiko- und Schutzfaktoren139
3.6.3 Erkenntnisse der Resilienzforschung143
3.6.4 Die Schule als Schutzfaktor145
3.6.5 Ansätze aus der Resilienzforschung zur Gestaltung von Ganztagsschulen146
4 Übergangsbewältigung und Ganztagsschulkonzept – Begünstigung oder Hemmung transitionsbedingter Entwicklungsaufgaben?149
4.1 Pro und Contra des Ganztagsschulkonzeptes auf den verschiedenen Ebenen der Entwicklungsaufgaben149
4.1.1 Individuelle Ebene150
4.1.2 Interaktionale Ebene155
4.1.3 Kontextuelle Ebene158
4.2 Die Berücksichtigung der Kontextualität als Indiz eines „ guten“ Ganztagsschulkonzeptes169
4.2.1 Eine „gute“ Schule – Was ist darunter zu verstehen?169
4.2.2 Die Integration der Lebenswelten als Zielsetzung der Co-Konstruktion173
4.2.3 Die Realisierung neuer Strukturen und Inhalte durch eine Öffnung von Schule179
4.3 Die Ganztagsschule auf der Suche nach Verbündeten183
5 Der Beitrag der Sozialpädagogik für ein ganztägiges schulisches Betreuungsprogramm185
5.1 Sozialpädagogik – ein Grundriss185
5.2 Sozialpädagogik und Schule188
5.2.1 Zum Verhältnis von Sozialpädagogik und Schule195
5.2.2 Perspektiven einer intensiveren Kooperation197
5.3 Sozialpädagogisches Handeln im Kontext der Ganztagsschule199
5.4 Ausgewählte Erkenntnisse empirischer Forschung im Zusammenhang mit schulischer Ganztagsbetreuung206
6 Die sozialräumliche Dimension der Schule215
7 „Quo vadis, (Ganztags-)Schule?“ – Conclusio und Ausblick221
Literaturverzeichnis228
Abbildungsverzeichnis252
Tabellenverzeichnis254

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