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Die Markensoziologie am Beispiel des englischen Königshauses. Warum eine Königin auf einem Schloss wohnen und eine Krone tragen muss

Die Markensoziologie am Beispiel des englischen Königshauses

AutorCharlotte Balzer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl74 Seiten
ISBN9783668041394
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Public Relations, Werbung, Marketing, Social Media, Note: 5 (Schweiz. 5=gut), Hochschule Luzern (Institut für Kommunikation und Marketing), Veranstaltung: Master of Advanced Studies in Communication, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Markensoziologie ist ein Markenmodell, das hier beispielhaft auf die englische Königsfamilie angewendet wird. Das englische Königshaus blickt auf eine tausendjährige Geschichte zurück und gehört damit zu den ältesten Marken und mit einem Wert von 44 Milliarden Pounds zu den wertvollsten britischen Brands. Die Arbeit gibt zuerst einen theoretischen Überblick über die Markensoziologie. Anschliessend wird anhand von Beispielen aufgezeigt, dass die Monarchie als Marke verstanden werden kann und dargelegt, wie diese gemanagt wird. Dabei wird das Modell der Markensoziologie den Erkenntnissen von Balmer gegenübergestellt.

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Leseprobe

2 Grundlagen der Markensoziologie


 

Im Mittelpunkt dieses Abschnittes steht die Marke aus soziologischer Sicht. Die Soziologie thematisiert alle Arten innerer Verbundenheit zwischen Menschen. Eine soziale Beziehung bildet sich durch das gemeinsame Wollen zwischen Menschen heraus (Deichsel, 2004, S. 12).

 

2.1 Sozialer Wille


 

2.1.1 Die Marke als Bündnis


 

Der Markensoziologe stellt dann eine Marke fest, wenn sich ein soziales Bündnissystem um eine Produktidee bildet. Eine Marke entsteht nicht durch eine Eintragung im Markenregister, eine Anweisung des Managements oder eine Werbekampagne. Sie wird als soziales Beziehungssystem verstanden, denn die ihr zugrunde liegenden Triebkräfte werden von soziologischen Gesetzmässigkeiten bestimmt (Errichiello, 2013, S. 13). Dieses Bündnissystem ist ein Phänomen der Massenproduktion, welche Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte. Charakteristisch für die Massenproduktion ist, dass sich Produzent und Konsument nicht mehr persönlich kennen. Die personenorientierte Kundenproduktion wird durch profitorientierte Marktproduktion ersetzt. Die Marke übernimmt dabei die Aufgabe einer Vertrauensfunktion. Sie gibt dem Verbraucher jenes Vertrauen zurück, welches ihm durch den Verlust der Kenntnis der Ware und der Anonymität der Marktpartner verloren gegangen ist. Beispielhaft wird hier auf die klassischen Markenartikel, wie Odol (1883), Dr. Oetker (1899), Kaffee Hag (1906), Persil (1907) und Nivea Crème (1912) verwiesen (Hellmann, 2003, S. 49 ff.). Die in Marken zirkulierende Kraft besteht aus menschlichem Willen, welche sich in Wünschen, Plänen und Urteilen äussert. Zwischen Herstellern und Kunden besteht ein rückkoppelndes System aus positiven Willensbeziehungen. Die Hersteller erbringen Leistungen, welche von den Kunden begehrt werden. Die Kunden bezahlen dafür und erzählen von den guten Erfahrungen ihren Freunden und Bekannten weiter. Die vielen einzelnen Willen verbinden sich dabei zu einer Einheit. Sozialer Wille entsteht. In der Soziologie wird ein solcher lebender Sozialkörper „Gestalt“ oder „Gestaltsystem“ genannt (Zschiesche & Errichiello, 2013, S. 133).

 

„… Der individuelle Wille der einzelnen Personen unterstellt sich dabei einer überpersonalen Geltung, eben einem sozialen Willen, der alle auf eine bestimmte Gestalt hin verpflichtet. Diese Binnenstruktur des sozialen Systems Marke ist Gegenstand der Markensoziologie. Ihre Kräftigung ist das Ziel aller Marktteilnehmer, insbesondere derjenigen, die die Marke verantwortlich führen. Das Metier des Markensoziologen ist es, Marken zu sozialen Wirtschaftskörpern zu formen. Dazu verhilft die soziologische Betrachtungsweise des gesamten Wirtschaftssystems …“ (Deichsel, 2004, S. 16).

 

2.1.2 Produkt und Marke


 

Die Verbindung zu Marken ist nicht kürwillig, sondern wesenwillig (Abbildung 1). Im Mittelpunkt des Kürwillens steht die selbstständig denkende Person, die ziel- und zweckorientiert handelt. Als Mittel dazu dient der Vertrag (Deichsel, 2006, S. 56). Demgegenüber ist der Wesenwille organisch gewachsen und resultiert aus den kulturellen Lebensgewohnheiten, die in Gefallen, Gewohnheit und Gedächtnis gründen (Errichiello, 2013, S. 21). Im Wesenwillen ist die Kraft der Geschichte gespeichert. Der einzelne verbindet sich, indem er Teil von Kulturgestaltungen, wie Sprachen, Sitten und Gewohnheiten, wird (Deichsel, 2006, S. 55). Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Markenführung, weil sie kürwillige Prozesse auslöst, welche in wesenwillige Sozialverhältnisse münden.

 

Im Gegensatz zu Produkten ist die Beziehung zu Marken wesenwillig. Den beiden individualpsychologischen Begriffen Kürwillen und Wesenwillen entsprechen die von Ferdinand Tönnies geschaffenen soziologischen Begriffe Gesellschaft und Gemeinschaft (Abbildung 1; Deichsel, 2004, S. 26). Die Grundlage der Verbindung einer gesellschaftlichen Gruppe ist der Vertrag (Abbildung 1). Dieser dient dem kürwilligen Subjekt als Mittel zum Zweck. In einem vollkommenen Markt nach Adam Smith bewegt sich dieses Wirtschaftssubjekt souverän. Vorurteilslos prüft es ein Produkt und entscheidet sich für oder gegen dieses. Kauft das Subjekt das Produkt, geht es mit diesem eine gesellschaftliche Beziehung ein. Diese Beziehung kann aber jederzeit abgebrochen werden, indem sich das Subjekt für ein anderes Produkt entscheidet. Sein Handeln ist ziel- und zweckorientiert (Errichiello, 2013, S. 41). Im Gegensatz zu gesellschaftlicher Verbundenheit wird unter gemeinschaftlicher das wirkliche Zusammenleben verstanden. Jede Gemeinschaft erschafft sich dabei ihre eigenen Gestaltungen, wie Sprachen, Sitten und Gewohnheiten (Abbildung 1).

 

Ein solcher Gemeinschaftskörper grenzt sich nach aussen trennscharf ab und ist die energiereichste soziale Speichereinheit. Ihre Mitglieder formen eine unauftrennbare Willenseinheit, verbunden durch ihre ureigene Sitte. In dieser Verbundenheit entsteht Markenkraft. Die Kundschaft ist gekennzeichnet durch eine solche Gemeinschaft. Selbst Fremde fühlen sich gleich verbunden (Deichsel, 2004, S. 27).

 

 

Abbildung 1: Begriffliche Gegenüberstellung Produkt-Marke

 

Bei der neuzeitlichen Ware, die charakterisiert ist durch Massenproduktion, handelt es sich gleichzeitig um ein Produkt und eine Marke. Der Kaufvertrag, den wir kürwillentlich eingegangen sind, bezieht sich auf das Produkt. Im Gegensatz zum Produkt ist die Marke nicht mehr verhandelbar. Unser Verhältnis zur Marke gleicht demjenigen zur Sitte. Das, was die Marke der Ware ausmacht, ist das Ergebnis einer durch Jahre hindurch entstandenen sozialen Willensenergie. Immer wieder reproduziert das Unternehmen seine Leistungen und ermöglicht seiner Kundschaft dadurch den Aufbau einer Markengestalt. Das Unternehmen wird zur Referenz. Die Kundschaft vertraut den Leistungen des Unternehmens (Deichsel, 2004, S. 31).

 

„ ... Jedes Produkt, das „Ihr“ Markensymbol trägt, muss zur Marke passen - in Stil, Qualität und Anmutung. Jedes Produkt sollte nachweislich zur Wertschöpfung beitragen und die Wahrnehmung ihrer Leistung stärken: Eine Marke lebt von Substanz, nicht von Größe. ...“ (Zschiesche & Errichiello, 2012, S. 43).

 

Für die Markenführung entscheidend ist der Unterschied von Prüfen und Vertrauen (Abbildung 1). Das Prüfen ist kürwillig, das Vertrauen wesenwillig. Das Produkt unterliegt der ständigen Prüfung. Der Marke wird vertraut. Ohne Vertrauen bräuchten wir immer einen Vorkoster. Deshalb ist das Vertrauen der Kundschaft, unter der Bedingung gleichbleibender Leistungen, für das Unternehmen zukunftssichernd. Das Vertrauen verfestigt sich über die Zeit in ein Vorurteil. Ein Vorurteil ist ein über Jahre – wenn nicht sogar Jahrzehnte – hinweg aufgebautes Urteil, welches im Kollektiv verankert ist. Obwohl sich Vorurteile argumentativ entkräften lassen, sind sie nur schwer veränderbar. Weil sie sozial verankert sind, sind sie dauerhaft und verbinden Zielgruppen klassen- und gesellschaftsübergreifend. Durch innovative Produkte, die an der Geschichte der Marke anknüpfen, hält die Markenführung das Vorurteil am Leben. Die Geschichte ihrerseits bedeutet Sicherheit im eigenen System und schafft die Basis für Sitte, Vertrauen und Positives Vorurteil. Das Positive Vorurteil wird in der markensoziologischen Fachsprache als eigenständiger Begriff verwendet (Deichsel, 2004, S. 34; Zschiesche & Errichiello, 2012, S. 10). Positive Vorurteile sind auch Voraussetzung für die Bildung einer hohen Kundschaftsmasse, die für die dauerhafte Stabilität der Marke sorgt.

 

Das Individuum zeichnet sich durch selbstständiges Denken und kritisches Hinterfragen aus, wohingegen die Masse besonders stilsensibel ist, was die Wichtigkeit der Gestalt als eine von aussen wahrgenommene abgeschlossene Einheit für die Markenführung unterstreicht (Abbildung 1; Zschiesche & Errichiello, 2013, S. 133). Die Massenpsyche ist sehr zugänglich für Stilmerkmale, wie beispielsweise Form, Farbe, Rhythmus und Pathos. Stil gilt als wichtiges Instrument, um massenseelischen Widerhall zu erzeugen. Das Individuum ist mit Argumenten zu überzeugen. Erst als Teil der Masse erkennt der Einzelne die stilistische Seite von Vorgängen und erkennt Gestaltgeschlossenheit (Deichsel, 2004, S. 42).

 

„… Die Masse beweist durch Bevorzugung bestimmter Worte, Formen und Farben noch nach Jahrzehnten und gelegentlich sogar nach Jahrhunderten ganz deutlich das Fortbestehen von Erinnerungsbildern, die vor Generationen erworben sein können …“ (Domizlaff, 2005, S. 149).

 

2.1.3 Die Bildung von Kundschaft


 

Kristallisationskeime können Ideen oder Dinge, wie Sprache, Religion oder eine Ware sein (Deichsel, 2004, S. 43). Um diese Keime herum bildet sich eine selbstkontrollierte Masse im Sinne einer sozialen Verbundenheit, die über Jahre und Jahrhunderte bestimmte Muster kultiviert und vererbt. Ein solches Bündnis entwickelt über die Zeit eine Eigendynamik, welche sich auf Aussenstehende überträgt (Deichsel, 2004, S. 45). Bei einer Marke ist die Kundschaft eine bestimmte Form von Masse. Ihre Bildung ist eine Funktion von Zeit, Bestätigung und Dichte. Kundschaft ist diejenige Aggregatsstufe, die gegenüber der Marke ein Positives Vorurteil hat (Deichsel, 2004, S. 46; Abbildung 2).

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