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Einführung in den Vedanta

Ausgewählte Vorträge von Sri Dharma Pravartaka Acharya

AutorLothar-Rüdiger Lütge
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl180 Seiten
ISBN9783744878388
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,49 EUR
Im Vedanta geht es um das philosophische und erfahrungsmäßige Streben nach dem Höchsten Absoluten, das im Sanskrit mit dem Begriff Brahman bezeichnet wird. Brahman ist das Äquivalent für das, was im westlichen theologischen und philosophischen Denken allgemein als Gott oder als das Göttliche bezeichnet wird. Das Ziel von Vedanta ist es, eine persönliche und unmittelbare Kenntnis von Gott zu gewinnen! Die hier erstmals in deutscher Sprache veröffentlichten Vorträge von Sri Dharma Pravartaka Acharya stellen eine exzellente Einführung in die Grundlagen und in die zentralen Aspekte der Vedanta-Philosophie dar, so wie sie im Sanatana Dharma ursprünglich gemeint ist! Um die wahre Philosophie des Vedanta auf der Basis ihrer historischen Wurzeln zu verstehen, bedarf es eines solchen herausragenden Lehrers, dessen Unterweisungen den originären Traditionen der vedischen Quellen entsprechen! Sri Dharma Pravartaka Acharya gehört einer lebendigen vedischen Traditionslinie an. Er ist formal ordinierter Priester in der Vaishnava Tradition des Sanatana Dharma und besitzt zugleich einen akademischen Grad als Doktor der Philosophie, sowie unterschiedliche Titel und Auszeichnungen verschiedener amerikanischer Universitäten. In seiner Heimat, den Vereinigten Staaten von Amerika, ist er ein weithin bekannter und anerkannter, spiritueller Lehrer.

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Leseprobe

Der vedische Weg der Gotterkenntnis


Über das Thema unseres heutigen Vortrags habe ich ein Buch geschrieben, mit eben diesem Titel: Der vedische Weg der Gotterkenntnis. Und bevor ich darüber sprechen möchte, wie dieser vedische Weg aussieht, möchte ich kurz etwas darüber sagen, wie mein Buch über das Thema zustande gekommen ist, denn das ist eine ganz interessante Geschichte.

Als ich mich noch im Grundstudium an der Universität von Chicago befand, hatte ich dort im Hauptfach Philosophie und Theologie. Und das war wirklich eine der interessantesten und spannendsten Zeiten meines Lebens. Weil ich dort die Möglichkeit hatte, Philosophie und christliche Theologie bei ganz herausragenden Köpfen zu studieren. Einer meiner Professoren zum Beispiel war der Jesuit, Father C. Leo Sweeney. Zu der Zeit, als ich bei ihm studierte, wurde er als der kompetenteste Lehrer der Philosophie des Thomas von Aquin in der ganzen westlichen Welt bezeichnet. Und auch sein Lehrer, Étienne Gilson, hatte, zu der Zeit, als er selbst studierte, ebenfalls dieses besondere Attribut. Ich hatte dort also die Möglichkeit, bei einigen wirklich herausragenden Persönlichkeiten zu studieren. Eine davon war eine Professorin mit Namen Tracy Pinchman. Eine sehr interessante, junge Frau, die damals gerade eingestellt worden war, um „den ganzen Rest" zu unterrichten. Die theologische Fakultät war auf das Christentum konzentriert, denn es war eine katholische Universität, die von Jesuiten geführt wurde, und sie hatten Frau Tracy Pinchman eingestellt, damit sie „alles Sonstige" unterrichten konnte. Das heißt also: Hinduismus, Buddhismus, Taoismus etc. Sie selbst war Jüdin, aber ihre Spezialität war der Hinduismus. Eine wirklich wunderbare Person. Heute ist sie eine berühmte Professorin und hat viele Bücher geschrieben, aber damals war sie gerade soeben als Professorin eingestellt. Ich kam mit ihr sehr gut aus. Wir hatten viele philosophische Gespräche über den Hinduismus und in einer dieser Unterredungen, ich glaube, es war ungefähr im Jahr 1994, als wir darüber sprachen, worauf ich mich in meiner Diplomarbeit konzentrieren sollte, schlug sie etwas Interessantes vor: Da ich persönlich am Hinduismus interessiert und in diese Philosophie auch eingetaucht war und der Vaishnava-Tradition, also der theistischen Richtung der Hindu-Tradition folgte, sollte ich mich bei meiner Arbeit genau darauf konzentrieren. Sie war der erste Mensch, der diese Idee in meinen Geist einpflanzte. Und in meinem Buch habe ich ihr dafür gedankt.

Später an der Universität, als ich etwas tiefer über die Sache nachdachte, erkannte ich, worüber ich genau schreiben sollte. Ich hatte zu dem Zeitpunkt die westliche und die östliche Philosophie bereits recht umfangreich studiert, mich dabei jedoch auf das Gebiet des Hinduismus, bzw. des Santana Dharma, konzentriert. Und dabei war mir Folgendes aufgefallen: Wenn es um die Frage geht, wie Gott beschaffen ist, wie seine Natur bzw. sein Wesen aussieht, haben natürlich alle irgendeine Meinung. Alle Weltreligionen basieren auf solchen Meinungen. Die Muslime sagen das eine und die Christen sagen etwas anderes und innerhalb des Christentums sagen die Katholiken etwas anderes als die Protestanten und die Mormonen sagen wieder etwas anderes und so weiter und so weiter. Man kann sich all die verschiedenen Religionen und Philosophien ansehen, sie alle haben ihre eigene Aussage darüber, wie das Göttliche, bzw. wie Gott, beschaffen ist und in diesem Rahmen ist die vedische Position vom Wesen des Göttlichen besonders umfassend und tiefgehend.

Obwohl also alle diese Meinungen durchaus interessant sind, stellte sich für mich die noch viel fundamentalere Frage: Woher kommen eigentlich diese Behauptungen über die Natur und das Wesen Gottes? Jeder behauptet, etwas über Gott zu wissen! Die evangelikalen Christen sagen: Gott ist so und so! Und eine andere Person sagt: Gott ist dieses oder jenes! Aber die fundamentale Frage ist: Woher wissen sie das? Woher nimmst du die Behauptung? Mit anderen Worten, und dies ist die wirkliche Frage: Wie ist es dem Begrenzten überhaupt möglich, das Unbegrenzte zu erkennen? Den inneren Widerspruch sehen wir bereits, wenn wir uns diese Frage ansehen. Wenn wir begrenzte Wesen sind, und das sind wir. Täuschen wir uns darüber nicht selbst. Wir sind tatsächlich begrenzte Wesen! Und woher wissen wir, dass wir begrenzte Wesen sind? Nun, wir sind nicht allmächtig, wir besitzen nicht das gesamte Wissen der Welt. Wir wissen, dass wir in unserer menschlichen Daseinsform sterblich sind. Wir wissen, dass wir uns in einer Illusion befinden. Und das könnte man beliebig fortsetzen. Wir sind Wesen, für die im Sanskrit die Beschreibung: Anu, verwendet wird. Es gibt also einen besonderen Begriff für das Wesen des Atman und der lautet: Anu, d.h.: winzig oder Winzigkeit. Wenn das so ist, wie können wir dann das erfassen, dessen Natur unendlich ist, also Gott? Wenn wir es auf diese Weise, also rein logisch betrachten, ist es schlicht unmöglich! Wenn wir das erkannt und akzeptiert haben, wo stehen wir dann? Heißt das, dass wir Wesen sind, die das Göttliche niemals erkennen können? Natürlich nicht! Denn es ist ja gerade unser Rasion d'etre, unser Daseinszweck, das Göttliche zu erkennen! Das ist der Grund, warum wir existieren! Das Göttliche zu erkennen ist der Grund unseres Seins. Ganz allgemein gesprochen, ist es unsere ureigene Natur, etwas zu wissen und zu erkennen. Als Atman, als ewiger Funke, als ewige, glückselige, weise und in seiner Essenz vollkommen perfekte Bewusstseinseinheit, mit einem Wort, als lebendes Wesen, ist es eines der zentralen Kennzeichen, etwas wissen zu wollen, Erfahrungen machen zu wollen. Patanjali, der Autor der Yoga Sutras, bezeichnet den Atman, also die Seele, auch als den Erfahrenden oder den Erlebenden. Was bedeutet das? Es heißt, wir sind dazu bestimmt, etwas zu erfahren, etwas zu wissen. Wir suchen ständig nach Wissen und eigentlich suchen wir nach dem Göttlichen.

Vor dem Hintergrund all dessen bemerkte ich, als ich auf der Universität war, dass ich über dieses Thema in meiner Doktorarbeit schreiben wollte. Und genau das habe ich dann auch gemacht. Ich begann damit um das Jahr 1998 und beendete es im Jahr 2001. Die Arbeit wurde akzeptiert, wenn auch mit ein wenig Auseinandersetzung, weil ich die vedische Philosophie mit ihren eigenen Begriffen und in ihrem eigenen Selbstverständnis untersuchen wollte. Das allerdings ist etwas, was man an Universitäten eigentlich nicht macht. Man muss dort üblicherweise eine Perspektive wählen, die sowohl wissenschaftlich als auch an westlichen Werten orientiert ist und die dem materialistischen Weltbild entspricht. Ich weigerte mich jedoch, dies zu tun. Ich weigerte mich, die vedische Literatur in einer neo-marxistischen, freudianischen Perspektive zu betrachten. Stattdessen schuf ich meine eigenen Methoden, um die vedischen Schriften zu untersuchen. Dies verursachte eine Menge Auseinandersetzungen, als ich zu meiner Doktorarbeit Stellung nehmen musste. Aber schließlich wurde es akzeptiert, denn man konnte meine Vorgehensweise nicht widerlegen. Obwohl ich mich zugleich mit fünf Professoren auseinandersetzen musste, die gemeinsam versuchten, meine Methoden infrage zu stellen. Aber sie konnten es nicht.

Warum erzähle ich das? Weil diese kleine Geschichte wunderbar darstellt, welche Probleme wir, die wir in der westlichen Welt leben, damit haben, das vedische Weltbild zu verstehen. Denn, wenn wir das vedische Weltbild tatsächlich verstehen wollen, dann müssen wir dies im Rahmen seiner eigenen Bedingungen tun. Und mehr noch, diejenigen, die sagen, dass sie die Wahrheit erkennen wollen, also Gott erkennen wollen, denn Gott ist nur ein anderer Begriff für die Wahrheit, müssen dies ebenfalls zu Gottes eigenen Bedingungen tun. Und das ist das Problem, dem viele Menschen auf dem religiösen Weg schließlich begegnen. Wenn ich die Wahrheit erkennen will, stellt sich die Frage: Will ich die Wahrheit wirklich sehen, wie sie tatsächlich ist, oder will ich meine eigene, selbstgerechte Version der Wahrheit kreieren und diese dann auf Gott projizieren? Diejenigen, die die Wahrheit sehen sollen, wie sie tatsächlich ist, ohne jede Veränderung, finden heraus, dass die Wahrheit tatsächlich erkannt werden kann. Das Begrenzte kann das Unbegrenzte erkennen! Aber, wie kann die Wahrheit erkannt werden? Indem man versteht, dass es die Gnade des Unbegrenzten ist, die dem Begrenzten das Verständnis des Unbegrenzten ermöglicht. Die Gnade sticht die Logik aus!

Obwohl es also logisch gesehen nicht möglich ist, dass das Begrenzte das Unbegrenzte erkennen kann, ist es dennoch so, dass das Unbegrenzte, wenn es wirklich unbegrenzt ist, die Möglichkeit hat, sich selbst zu erkennen zu geben. Wenn das nicht so wäre, wäre das Unbegrenzte nicht wirklich das Unbegrenzte! Das ist mit Omnipotenz, also mit Allmächtigkeit, gemeint. Dass es nämlich an der Gnade Gottes liegt, ob wir Gott erkennen können, obwohl wir dazu rein logisch gesehen eigentlich nicht in der Lage sein sollten. Das ist das Mysterium, das ist die Natur des Göttlichen.

Lasst mich nun ein wenig präziser darüber sprechen, wie die Wissenschaft des Erkennens im vedischen Weltbild aussieht. Das ist ein ganz faszinierendes Thema. Lasst uns einmal so anfangen: Als menschliche Wesen ist es unsere Bestimmung, zu...

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