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E-Book

Jedes Pferd verdient eine Chance

Wie aus schwierigen Pferden gute Reitpferde werden

AutorMark Rashid
VerlagFranckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783440161227
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Nicht jedes Pferd hat das Glück, mit Geduld und sanfter Hand an ein Leben als Reittier gewöhnt zu werden. Viele Pferde erfahren schon in den ersten Lebensjahren Gewalt und werden dem Menschen gegenüber misstrauisch, manche sind sogar nahezu unreitbar. Mark Rashid zeigt einen Weg, mit diesen Pferden umzugehen, ihre Sichtweise zu verstehen und für jedes Tier ein individuell passendes Training zu entwickeln. Das neue Buch vom sympathischen Horseman aus Colorado ist praktischer Ratgeber und zugleich unterhaltsamer Lesestoff für Pferdefreunde.

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Leseprobe

KAPITEL 2

Der Grund

Es gab eine Zeit in der nicht allzu fernen Vergangenheit, wo wir unsere eigenen Pferde züchteten und aufzogen. Wir hatten eine kleine Herde wirklich schöner Zuchtstuten mit AQHA (Anm.: American Quarter Horse Association) Grundlagen-Abstammung und einen Hengst, der väterlicherseits ein Enkel von Three Bars war und mütterlicherseits von Blackburn 31 abstammte. Dies war noch in jener Zeit, bevor ich Kurse gab, als ich Vorarbeiter auf einer Ranch in der Nähe unseres jetzigen Wohnortes war. In dieser Zeit zogen wir die Pferde auf, trainierten sie und verkauften sie auch manchmal aus unserer Zucht.

Nachdem ich die Arbeit auf der Ranch aufgegeben hatte, verfolgten wir unsere kleine Zucht noch eine Weile weiter, während ich begann, Kurse in Horsemanship zu geben. Dann jedoch dauerte es nicht lange, dass wir einsehen mussten, dass eine Weiterführung der Zucht in gleichbleibend hoher Qualität nicht mit einem Vollzeit-Reisepensum zu vereinbaren war. Also fanden wir schließlich ein gutes neues Zuhause für die Zuchtstuten und den Hengst sowie die letzte Fohlen-Generation und gaben das Züchterdasein auf.

Ich bringe dies zur Sprache, weil wir nach der Aufgabe der Zucht vor vielen Jahren nun einfach ein Pferd suchen und kaufen, sofern wir eines benötigen. Wir schauen gern nach Pferden, die zwischen vier und vierzehn Jahre alt und etwa ein Stockmaß von 150 bis 160 cm haben (wobei wir nicht generell Pferde ablehnen, die etwas größer oder kleiner sind) und wir möchten auch, dass die Pferde eine grundsätzliche Ranch-Erfahrung mitbringen: an den Umgang mit Rindern gewöhnt sind, ein bisschen Lassoarbeit kennen, relativ sicher alle drei Gangarten gehen sowie anhalten und Wendungen ausführen können, sofern wir dies abfragen.

Wir kaufen meistens Quarter Horses, hauptsächlich weil dies die Rasse ist, mit der ich aufgewachsen bin und zu der ich mich hingezogen fühle, besonders aufgrund der Art von Arbeit, die ich mit den Pferden mache. Dennoch schließen wir andere Rassen nicht von vornherein aus. Unsere Pferde müssen vielseitig genug sein, um eine Vielzahl von Aufgaben und Anforderungen zu erledigen, angefangen bei Ranch-Arbeit bis hin zu gutem Benehmen im Gelände oder auf Kursen, als Führpferd von Jungpferden – dies ist nur der Anfang einer langen Liste. Aus diesem Grund neigen wir auch dazu, nach Pferden mit gutem Charakter zu suchen. Besser ausgedrückt: Wonach wir wirklich suchen, sind Pferde, die einen guten Charakter zeigen wollen.

Hier ein Beispiel: Im Herbst 2015 sollte mein erster Roman „Aus der Wildnis“ (Anm. der Übersetzerin: „Out of the Wild“) als Spielfilm in Produktion gehen. Neben der Koproduktion des Films wurde ich auch als Verantwortlicher für Tierszenen und Stunts engagiert. Ein Teil meiner Aufgabe als Tierverantwortlicher war, Pferde, die im Film mitspielen sollten, zu erwerben und zu trainieren. Zum Großteil haben wir schlussendlich unsere eigenen Pferde für die Hauptrollen in diesem Film verwendet. Aber in der frühen Vorbereitungsphase, mehrere Monate vor Drehbeginn, entschieden wir, dass das Drehbuch ein zusätzliches Pferd verlangte gegenüber denen, die wir zur Verfügung hatten, also benötigten wir mindestens ein zusätzliches Reitpferd vor Produktionsbeginn.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir keine Ahnung, wer die Schauspieler sein würden und ob sie Reit- oder Pferde-Erfahrung haben würden und deshalb war es wichtig, dass das gesuchte Pferd ruhig und von jedermann zu reiten war. Ich begann mich umzusehen und zu erkunden, ob es irgendwo ein Pferd gäbe, was den Anforderungen entsprechen würde.

Im Endeffekt fand ich im Internet einen Wallach, der nett aussah. Er war ein Rotschimmel, ein 13 Jahre altes Quarter Horse, der auf einer Ranch in den Bighorn Mountains, Wyoming, geboren und aufgewachsen war. Später wurde er an eine Ranch in Kansas verkauft, dann nach Oklahoma und schließlich nach Texas, wo er in einem Quarter Horse Turnierstall eine Aufgabe als Leitpferd beim Handpferdereiten hatte. Dort bestand seine Aufgabe im Wesentlichen darin, im ganzen Land umherzureisen und die Turnierpferde auf verschiedenen Schauplätzen von einem Punkt zum anderen zu begleiten.

Neben seiner Erfahrung mit Ranch-Arbeit war dieser Wallach einmal quer durch das Land gereist und hatte einige der größten Turniere der Vereinigten Staaten besucht, inklusive der South Point Casino Show in Las Vegas, Nevada. Seine Verkaufsanzeige beschrieb ihn als absolut unerschrocken, brav bei der Bodenarbeit, beim Tierarzt und beim Hufschmied. Er ließ sich angeblich ohne jegliches Problem verladen und war ein sicheres Reitpferd für jedermann.

Er hörte sich perfekt an, also kontaktierte ich den Besitzer, um weitere Informationen sowie ein Video zu erhalten, was alles bestätigte, was in der Anzeige über das Temperament des Pferdes und seine Fähigkeiten unter dem Sattel stand. Nach einigen weiteren Besprechungen mit dem Besitzer kaufte ich ihn schließlich.

Nun habe ich im Laufe der Jahre gelernt, dass die meisten Verkäufer von Pferden wirklich versuchen, so ehrlich wie möglich bei der Beschreibung des zu verkaufenden Pferdes zu sein. Natürlich gibt es immer mal wieder eine skrupellose Person da draußen, die versucht, mit einem gefährlichen, kranken oder schlecht ausgebildeten Pferd einen schnellen Gewinn zu machen. Aber wenn man weiß, wonach man bei einem Pferd sucht und worauf man achten muss, wenn der Verkäufer spricht, ist es relativ leicht zu vermeiden, ein Pferd zu kaufen, was man am Ende gar nicht haben wollte.

In diesem Fall jedoch hatte ich den Eindruck, dass der Verkäufer total ehrlich mit mir umging. Sofern es den Verkäufer betraf, war alles, was er mir über dieses Pferd sagte, ehrlich und wahr. Als er zum Beispiel sagte, das Pferd sei robust, meinte er dies auch wirklich so. Als er sagte, das Pferd sei gesund, fromm beim Tierarzt und leicht zu fangen, brav im Umgang und schmiedefromm, hat er dies gewissermaßen wirklich so gemeint.

Jedoch müssen wir verstehen, dass alles, was uns der ehrliche Verkäufer mitteilt, relativ zu seiner eigenen persönlichen Sichtweise ist und sich darauf bezieht, was für ein Verhalten des Pferdes er für gut oder akzeptabel hält. Wenn also ein Verkäufer sagt, das Pferd sei leicht einzufangen, dann kann das alles bedeuten, angefangen von einem Pferd, das wirklich leicht einzufangen ist bis hin zu einem Pferd, das leicht einzufangen ist, wenn man einen Eimer Hafer dabei hat. Wenn der Verkäufer sagt, das Pferd sei schmiedefromm, dann kann es bedeutet, das Pferd ist wirklich schmiedefromm oder es bedeutet, das Pferd erlaubt das Bearbeiten der Hufe, ist dabei aber die ganze Zeit nervös und angespannt. Wenn der Verkäufer sagt, das Pferd sei brav beim Tierarzt, dann kann es bedeuten, dass das Pferd wirklich brav beim Tierarzt ist oder dass es nur dann brav ist, wenn es eine Nasenbremse trägt. Alles ist relativ.

Dies war ebenso der Fall mit diesem speziellen Pferd, dessen Name Rusty war. Als Rusty bei uns ankam, stellten wir fest, dass er tatsächlich all diese Qualitäten hatte, die der Verkäufer genannt hatte. Aber jede Qualität hatte ebenso auch einen Vorbehalt. Zum Beispiel ging er nicht deutlich lahm, aber er war sehr steif, besonders in seinen Schultern, im Lendenwirbelbereich und in der Hüfte. Er war leicht einzufangen ... aber nur manchmal. An anderen Tagen drehte er sich einfach um und rannte um jeden Preis weg. Wir konnten seine Hufe bearbeiten, aber er schien total verängstigst, sobald wir damit anfingen. Unter dem Sattel war er traumhaft, aber alles, was er machte, schien weder eine weiche Bewegung zu sein noch schien er es wirklich willig auszuführen.

Ehrlich gesagt wäre er genau richtig gewesen für die Aufgabe, die wir für ihn vorgesehen hatten, nämlich unser Ersatzpferd für den Spielfilm zu sein, falls wir ihn benötigen würden. Aber er war so ein nettes Pferd, dass schnell klar war, dass er nicht nur besser arbeiten könnte, als er es aktuell tat, sondern sich auch besser fühlen könnte. Und es ging uns besonders um den Teil des sich besser Fühlens.

Rusty schien bereits eine relativ solide Grundlage zu haben. Das einzige Problem, wenn man es denn so nennen will, war, dass alles, was er tat, ziemlich mechanisch ablief und sich darin keine Geschmeidigkeit fand, die die Bewegung leichter machte. Es war klar, dass ein Großteil dieses mechanischen Gefühls von seinem früheren Training und Umgang stammte, aber ein Teil war auch auf körperliche Probleme zurückzuführen, mit denen er zu kämpfen hatte.

Beinahe jedes Pferd, das mit harter Hand geritten oder geführt wird, entwickelt eine Abwehrhaltung und Festigkeit in seiner Reaktion. Diese Festigkeit in der Reaktion war mit ziemlicher Sicherheit auch in Rusty vorhanden. Aber ein schneller Blick über Rustys Gestalt und Bewegung ohne Reiter hat seiner Geschichte noch etwas hinzugefügt. Er hatte Muskelschwund am Widerrist und hinter dem Schulterblatt und darüber hinaus einen großen weißen Fleck auf seiner linken Seite direkt hinter dem Schulterblatt – beides deutete darauf hin, dass er für lange Zeit mit einem schlecht passenden Sattel geritten worden war. Er hatte ebenfalls Muskelschwund in der Oberlinie und an den Flanken, was normalerweise ein Zeichen für Zahnprobleme darstellt.

Beide Schläfenmuskeln (die Muskeln am Kopf zwischen Auge und Ohr) waren stark ausgeprägt und hart und ein Abtasten seines Kiefergelenks zeigte, dass er deutliches Unbehagen in diesem Gelenk spürte. Beides sind gleichzeitig Hinweise auf ernste Störungen im Dentalbereich. Oft wird diese Unausgeglichenheit, die er in seinen Schultern, Lendenwirbeln und Hüften zeigte,...

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