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E-Book

Lese-Rechtschreibstörungen

AutorAndreas Warnke ua.
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl181 Seiten
ISBN9783840916342
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

Das Buch ist ein praxisorientierter Leitfaden zur Diagnostik, Beratung, Begutachtung und Therapie der umschriebenen Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie). Zunächst werden die Symptomatologie und Klassifikation der Störung dargestellt. Kapitel zu den psychologischen und neurobiologischen Erklärungsansätzen geben anschließend einen praxisrelevanten Überblick über Modelle der Entstehung von Lese- und Rechtschreibstörungen. Psychometrische Verfahren zur Diagnostik des Lesens, Rechtschreibens und der Intelligenzentwicklung werden vorgestellt und kritisch bewertet.

Ausführlich wird auf die psychischen Begleitstörungen und ihre spezifische Diagnostik eingegangen. Die Darstellung der Behandlung ist gemäß der Abfolge der Aufgabenstellungen in Beratung, familienorientierten Maßnahmen, schulischen Hilfen und der Therapie der umschriebenen Lese-Rechtschreibstörung gegliedert. Materialien zur Behandlung, relevante Literatur sowie eine Übersicht zu den Legasthenie-Erlassen der Bundesländer runden den Diagostik- und Therapieleitfaden ab.    

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. 1 Stand der Forschung
  3. 2 Leitlinien
  4. 3 Verfahren zur Diagnostik
  5. 4 Verfahren zur Therapie
  6. 5 Verfahren zur Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten
  7. 6 Materialien
  8. 7 Fallbeispiel
  9. 8 Literatur
Leseprobe

1 Stand der Forschung (S. 1-2)

1.1 Symptomatik

Lese-Rechtschreibstörung ist die Bezeichnung für eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung im Erlernen von Lesen und Rechtschreiben. Die Lese-Rechtschreibstörung ist dabei nicht Folge von unzureichender Beschulung, einer Intelligenzminderung, anderen körperlichen, neurologischen oder psychischen Erkrankungen und auch nicht Folge von unzureichender familiärer Förderung. Beeinträchtigt ist die Fähigkeit, Worte lesen zu lernen oder gelesene Worte wieder zu erkennen und sie vorzulesen. Dadurch sind auch das Leseverständnis und alle Leistungen, für die eine Lesefähigkeit nötig ist, erschwert. Fast immer ist auch das Erlernen der Rechtschreibung beeinträchtigt. Das Lesen wird meistens ausreichend erlernt, bleibt jedoch verlangsamt. Die Rechtschreibung ist bis in das Erwachsenenalter fehlerhaft. Der umschriebenen Entwicklungsstörung des Lesens und Rechtschreibens gehen oft im Vorschulalter Entwicklungsstörungen des Sprechens oder der Sprache voraus. Während der Schulzeit sind begleitende emotionale Störungen und Verhaltensstörungen häufig.

Nach der „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen" (ICD- 10, Dilling et al., 1994) ist die umschriebene Lese-Rechtschreibstörung als „umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten" klassifiziert mit folgender Definition:

Definition

„Das Hauptmerkmal dieser Störung ist eine umschriebene und eindeutige Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht allein durch das Entwicklungsalter, durch Visusprobleme oder unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Leseverständnis, die Fähigkeit, gelesene Worte wiederzugeben, vorzulesen und die Leistungen bei Aufgaben, für welche Lesefähigkeit benötigt werden, können sämtlich betroffen sein. Mit Lesestörungen gehen häufig Rechtschreibstörungen einher. Diese persistieren oft bis in die Adoleszenz, auch wenn im Lesen einige Fortschritte gemacht wurden (…). Die Leseleistungen des Kindes müssen unter dem Niveau liegen, das auf Grund des Alters, der altersgemeinen Intelligenz und der Beschulung zu erwarten ist (…). In der späteren Kindheit und im Erwachsenenalter sind die Rechtschreibprobleme meist größer als Defizite in der Lesefähigkeit" (S. 257–258).

Mit dieser Definition einer „umschriebenen Lese-Rechtschreibstörung" ist zugleich ausgesagt, dass es noch andere Begründungen für Leistungsstörungen im Lesen und Rechtschreiben gibt (siehe Kapitel 1.1.2). Bei der umschriebenen Lese-Rechtschreibstörung wird angenommen, dass sie im engen Zusammenhang mit Besonderheiten der biologischen Reifung des zentralen Nervensystems steht (siehe Kapitel 1.3). Die diagnostische Besonderheit der umschriebenen Lese-Rechtschreibstörung liegt in dem doppelten Diskrepanzkriterium: 1. Diskrepanz: das Niveau im Lesen und in der Rechtschreibung ist mangelhaft oder ungenügend im Vergleich altersgleicher Schulpopulation; 2. Diskrepanz: das Niveau im Lesen und in der Rechtschreibung ist wesentlich niedriger als das gemessene Intelligenzniveau.

Für die Diagnose ist schließlich ausschlaggebend, dass die Lese-Rechtschreibstörung die Bewältigung von schriftsprachlichen Anforderungen, wie etwa in Schule und Beruf, deutlich behindert (z.B. auf Grund von Rechtschreibfehlern und somit schlechter Deutschnote, wird dem grundsätzlich gymnasial begabten Schüler der Übertritt auf das Gymnasium verwehrt). Klassifikatorisch ist die umschriebene Lese-Rechtschreibstörung im Multiaxialen Klassifikationsschema nach ICD-10 (MAS, Remschmidt et al., 2001) den „umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten" zugehörig (Achse 2; siehe Kapitel 1.1.2 und 2.1). In dem „Statistischen Manual psychischer Störungen" der Psychiatrischen Gesellschaft der USA DSM-IV (Saß et al., 1996) ist die Lese-Rechtschreibstörung als „Lernstörung" den klinischen Störungen (Achse 1 von DSM-IV) zugeordnet. Eine „isolierte Rechtschreibstörung" (ICD-10 F81.1), die in der ICD- 10 von der „umschriebenen Lese-Rechtschreibstörung" (ICD-10 F81.0) abgegrenzt wird, ist durch eine umschriebene und eindeutige Beeinträchtigung in der Entwicklung von Rechtschreibfertigkeiten ohne Vorgeschichte einer umschriebenen Lesestörung definiert. Diese gesonderte Gruppe von Personen mit ausschließlich Rechtschreibschwierigkeiten wird im DSM-IV nicht eigenständig klassifiziert. Die „Störung des schriftlichen Ausdrucks" ist nur im DSM-IV als diagnostische Einheit eingeführt. Sie könnte nach ICD-10 als „andere umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeit" (F81.8) verschlüsselt werden. Bei der Störung des schriftlichen Ausdrucks bestehen Schwächen beim Abfassen schriftlicher Texte. Zusätzlich zu den Rechtschreibfehlern ist der Satzbau dysgrammatisch, die Strukturierung des Textes ist ungenügend und die Handschrift unleserlich. Entscheidend ist die Feststellung, dass die Person sich schriftsprachlich nicht alters- und begabungsadäquat auszudrücken vermag.

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis9
1 Stand der Forschung13
1.1 Symptomatik13
1.1.1 Prävalenz16
1.1.2 Differenzialdiagnose17
1.2 Begleitstörungen – Komorbide Störungen18
1.3 Pathogenese22
1.3.1 Neuroanatomische und neurohistologische Korrelate24
1.3.2 Neurophysiologische Befunde25
1.3.3 Neuropsychologische Befunde und Modelle26
1.3.4 Genetik32
1.3.5 Psychosoziale Zusammenhänge34
1.4 Verlauf35
1.4.1 Der Verlauf in Bezug auf die Fertigkeiten des Lesens und des Rechtschreibens35
1.4.2 Zum Verlauf der allgemeinen psychischen, schulischen und beruflichen Entwicklung und der sozialen Eingliederung35
1.5 Therapie38
1.5.1 Die multimodale Behandlung und Übungsbehandlung der Lese- und Rechtschreibstörung39
1.5.2 Kindzentrierte Therapie: die Übungsbehandlung40
1.5.3 Elternzentrierte Verfahren42
1.5.4 Schulische Förderprogramme42
1.5.5 Die Behandlung psychischer Begleitstörungen44
1.5.6 Die Behandlung zusätzlicher Entwicklungsstörungen (Teilleistungsstörungen)45
1.5.7 Augen- und ohrenärztliche Behandlung45
1.5.8 Pharmakotherapie46
1.6 Prävention46
1.6.1 Vorsorgeuntersuchung: Früherkennung47
1.6.2 Vorschulische Prävention im Kindergarten48
2 Leitlinien50
2.1 Leitlinien zu Diagnostik und Verlaufskontrolle50
2.1.1 Exploration der Eltern und der Lehrer51
2.1.2 Exploration, Verhaltensbeobachtung und psychopathologische Beurteilung des Kindes/Jugendlichen73
2.1.3 Standardisierte Fragebögen78
2.1.4 Testpsychologische Untersuchung80
2.1.5 Körperliche und neurologische Untersuchung83
2.1.6 Diagnose und Differenzialdiagnose – Entscheidungsbaum84
2.1.7 Verlaufskontrolle91
2.2 Leitlinien zu Behandlungsindikation93
2.2.1 Indikationen für eine stationäre oder teilstationäre Therapie94
2.2.2 Indikationen für eine multimodale Behandlung95
2.2.3 Indikationen für schulische Förderung und Nachteilsausgleich (Die „Legasthenie-Erlasse“)100
2.2.4 Indikationen für Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII)102
2.3 Leitlinien zur Therapie103
2.3.1 Beratung der Eltern, der Lehrer und des Kindes/Jugendlichen (Psychoedukation)104
2.3.2 Die Übungsbehandlung des Lesens und Rechtschreibens und die Behandlung von Begleitstörungen109
2.3.3 Interventionen in der Schule112
2.3.4 Eingliederungshilfe (Kinder- und Jugendhilfe)117
2.3.5 Medikamentöse Therapie121
2.3.6 Augen- und ohrenärztliche Behandlung123
2.3.7 Prävention im Vorschulalter124
3 Verfahren zur Diagnostik127
3.1 Verfahren zur Diagnostik der Rechtschreibstörung127
3.1.1 Weingartener Grundwortschatz Rechtschreibtest127
3.1.2 Diagnostischer Rechtschreibtest128
3.1.3 Salzburger Lese- und Rechtschreibtest129
3.1.4 Westermann Rechtschreibtests129
3.1.5 Hamburger Schreibprobe129
3.1.6 Rechtschreibtests für ältere Schüler und Erwachsene130
3.1.7 Zeitschema zum Einsatz der Rechtschreibtests im Schuljahr130
3.2 Verfahren zur Diagnostik der Lesestörung131
3.2.1 Zürcher Lesetest131
3.2.2 Zürcher Leseverständnistest132
3.2.3 Würzburger Leise Leseprobe132
3.2.4 Salzburger Lese- und Rechtschreibtest133
3.2.5 Knuspels Leseaufgaben133
3.3 Verfahren zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten134
3.4 Verfahren zur Diagnostik der Intelligenz135
3.5 Verfahren zur Diagnostik von anderen Entwicklungsstörungen, emotionalen Störungen und Verhaltensstörungen137
3.5.1 Sprachtests137
3.5.2 Rechentests137
3.5.3 Motorische Tests138
3.5.4 Verfahren zur Überprüfung der Aufmerksamkeit138
3.5.5 Verfahren zur Erfassung von emotionalen und Verhaltensproblemen139
4 Verfahren zur Therapie140
4.1 Erwerb der alphabetischen Strategie140
4.1.1 Der Kieler Lese- und Rechtschreibaufbau140
4.1.2 Die Psycholinguistische Lese- und Rechtschreibförderung141
4.1.3 Flüssig lesen lernen141
4.1.4 Das Rechtschreibförderprogramm nach Kossow141
4.1.5 Die lautgetreue Rechtschreibförderung142
4.2 Erwerb der orthographischen Strategie: Das Marburger Rechtschreibtraining143
4.3 Computerlernprogramme145
4.4 Weitere Verfahren145
4.5 Elternratgeber146
5 Verfahren zur Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten147
5.1 „Hören, lauschen, lernen“147
5.2 „Hören, lauschen, lernen 2“148
6 Materialien150
M01 Explorationsschema für Lese- und Rechtschreibstörung (ESLRS)151
M02 Checkliste zur organischen Diagnostik160
M03 Muster für ein „Ärztliches Attest zur Vorlage beim Schulpsychologen“161
M04 Muster für eine „Bescheinigung des Schulpsychologischen Dienstes“162
M05 Gliederung für die „Ärztliche gutachterliche Stellungnahme zur Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII“ zur Vorlage beim Jugendamt163
7 Fallbeispiel165
Literatur172

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