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Radsport furios: Etappensieger und Wasserträger - Rennrad-Geschichte und Geschichten von den großen Radrennen

AutorManfred Poser
VerlagHallenberger Media Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl333 Seiten
ISBN9783957642028
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR

Es gibt eine Handvoll Anekdoten von Tour de France und Giro d’Italia, die jeder echte Radsport-Fan kennt. Sie sind aber nur ein kleiner Ausschnitt aus den Geschehnissen bei den vielen rasanten Radrennen der vergangenen 120 Jahre, denn jedes Jahr dreht sich das Karussell, und der Tross der Profis fährt durch Europa - Mailand, Gent, Lüttich, Paris -, und dann passiert was!

Dieses Buch will vermitteln, was diesen wundervollen Sport ausmacht und will die Leidenschaft einfangen, die bei den Rennen herrscht. Da gab und gibt es Schurken und Helden, Sieger und Versager, und man muss ihre Geschichten nur erzählen, um dem Geist des Radsports nahezukommen. Eine Gesamtdarstellung der Radsportgeschichte wäre ein sehr dickes Buch, aber mit Schlaglichtern kann man, wie es hier geschehen ist, alle Facetten unseres schönen Sports beleuchten.

Und so erzählt dieses Buch lustige und traurige Episoden sowie Geschichten längst vergangener Tage, vom schwarzen Trikot bei der Tour de France und den Tricks der Fahrer um 1900 bis hin zu den Heroen wie Anquetil und Coppi. Die vergessenen Helden erhalten ein Denkmal, und die gefallenen Helden von soeben - Armstrong, Ullrich und Zülle - spielen auch mit.

Und wie auch immer der Radsport sich in Zukunft entwickeln wird: Die Geschichte bleibt. Die heroischen Kapitel des Radsports sind geschrieben worden und sind ein Zeugnis für die Zähigkeit und die Willenskraft des Menschen. Wir lesen sie, und danach steigen wir selber aufs Rad und kämpfen gegen den Wind oder den Berg. Und plötzlich sind wir unsere eigenen Helden, weit vor dem Hauptfeld, Engel auf der Abfahrt, Götter in der Ebene.

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Leseprobe

I Eine schwere Geburt


Die Erfindung des Rads liegt sechstausend Jahre zurück, die des Fahr-Rads erst zweihundert. Die allerersten primitiven Räder brachte man unter Karren an. In Mesopotamien und am Schwarzen Meer rollten Holzscheiben-Räder. So brachte der Mensch Lasten und sich selbst voran. Er montierte sie dann auch unter Kutschen und Kanonen, und bei der Fortbewegung musste ihm seit dem Mittelalter das Pferd helfen. Spät bekam dieses Konkurrenz: Das erste Laufrad, Vorläufer des Fahrrads, datiert von 1817, und dann trat eine 50-jährige Entwicklungspause ein, während der schon einmal der Pfiff für die erste Fahrt einer Dampfeisenbahn ertönte: Am 27. September 1825 war das, in Stockton in England.

Es war Carl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, ein exzentrischer, besessener Erfinder, der den fundamentalen Einfall zu einem Zweirad hatte. Man schreibt seinen Vornamen auch manchmal Karl, doch die Inschrift auf der alten Stele, die frei auf einem Wiesenstück des Karlsruher Hauptfriedhofs steht, gibt zu lesen:
R. I. P. / C.Fr.Chr.Lud. Freyherr / DRAIS v. SAUERBRONN / Gr.Kammerherr, Forstmeister / u. Professor d. Mechanik / Geb. 20.April 1785 u. gest. 10. Dez. 1851 / zu Karlsruhe.

Zunächst arbeitete er an einem vierrädrigen „Wagen ohne Pferde“, den er 1813 Zar Alexander von Russland vorführte. Der damals knapp 30-jährige badische Freiherr, der sich glücklos als Forstbeamter versucht hatte, schaltete dann um und verlegte sich auf zwei Räder hintereinander. Das war genial; es gab kein Vorbild dafür in der Natur. Man kam voran, war aber auch gezwungen, zum Äquilibristen zu werden: Wir alle müssen auf dem Rad stets unser Gleichgewicht halten, und das ist eine dynamische, komplexe Angelegenheit, die den ganzen Körper beansprucht.

Es ist bekannt, dass der italienische Künstler Leonardo da Vinci (1452–1519), der Schöpfer der Mona Lisa, die Zeichnung eines Fahrrads angefertigt haben soll. Die Abbildung befand sich auf der Rückseite eines Blattes des „Codex Atlanticus“ und wurde 1974 entdeckt. Allerdings spricht alles dafür, dass es sich um eine Fälschung handelt. Bereits in den 1960er Jahren hatte der Kunsthistoriker Carlo Pedretti die Blätter durchgeschaut und die Fahrrad-Zeichnung, die ihm sicher aufgefallen wäre, nicht erwähnt. Außerdem ist der Stil der Zeichnung nicht derjenige da Vincis. Damit ist die Behauptung vom Tisch, der Universalgelehrte habe über 300 Jahre vor Drais das Fahrrad erfunden.

Am 12. Juni 1817 begann die Laufrad-Epoche mit Drais’ Fahrt von Mannheim nach Schwetzingen und zurück: eine Stunde Fahrt für die zwei Mal sieben Kilometer. Ein Wanderer brauchte dafür mehr als doppelt so lang. Der Erfinder zeigte seine lenkbare „Draisine”, wie sie auch die Presse nannte (die auch von Drais erdachte vierrädrige Eisenbahn-Draisine kam 1837 in Gebrauch), 1818 in Nancy und in Paris, nachdem er im Januar das badische Erfinderpatent für sie erhalten hatte. Im April des Jahres fuhr (oder lief) er schon die 70 Kilometer von Mannheim nach Frankfurt. Die Laufmaschine war in der Welt!

Ein rascher Blick in die Jetztzeit: Seit vielen Jahren rast der Tscheche Ivan Křivănek öffentlich und werbewirksam auf einer Replik der Draisine des Carl Drais aus Sauerbronn dahin. Der stämmige Radsportler hat mit dem Laufrad 2008 die 450 Kilometer lange Friedensfahrt in Japan zwischen Hiroshima und Nagasaki in 8 Tagen beendet, neben vielen anderen Großtaten. Für das Publikum trägt er gerne die dekorative Uniform eines „napoleonischen Soldaten“, wie er selbst schreibt, die mit Seitengewehr 25 Kilogramm wiegt. Das sieht schön und edel aus.

 

Kaiser Napoleon Bonaparte befand sich zwar, als die Laufmaschine ins Laufen kam, im Exil auf der Insel St. Helena, wo er auch 1821 starb, es konnte also kein napoleonischer Soldat auf einer Draisine sitzen. Auf einer zeitgenössischen Illustration ist jedoch ein Soldat mit Dreispitz, langem schwarzem Wams ähnlich einem Smoking und weißen, eng anliegenden Beinkleidern abgebildet, der ein Laufrad lenkt. Es mag sich um die Uniform eines badischen Soldaten handeln. Von 1806 bis 1814 zur Völkerschlacht in Leipzig musste das Großherzogtum Baden für Napoleon Truppen abstellen. 6.600 wackere Badener (auch viele wackere Bayern) waren gezwungen, am Russlandfeldzug des Kaisers teilnehmen; nur 400 kehrten heim.

 

Und noch eine Anmerkung: Sieben Jahre vor Carl Drais‘ Tod, 1844, kam in Mühlburg, das 1886 nach Karlsruhe eingemeindet wurde, ein weiterer berühmter Carl zur Welt: Carl Benz. Er schuf 1885 den „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“, der gemeinhin als das erste praxistaugliche Automobil gilt. Es war exakt das Jahr des ersten praxistauglichen Fahrrads, des „Rover Safety“ von Starley. Die beiden Erfinder der wichtigsten Fortbewegungsmittel der Erde stammten also aus Karlsruhe/Nordbaden, und dann gibt es noch einen badischen Erfinder, der wichtig für das Fahrrad wurde: Ernst Sachs, 1867 in Konstanz zur Welt gekommen, der mit Karl Fichtel in Schweinfurt Fichtel & Sachs gründete und die Freilaufnabe mit Rücktrittbremse erfand. Die „Torpedo-Freilaufnabe“, 1903 patentiert, verkaufte sich Jahrzehnte.

Junge Leute begeisterten sich für die neue Fortbewegungsart. Goethe vermerkte in Jena am 29. Januar 1819: „Im ‚Paradies‘ fuhren die Studenten auf den Laufrädern.“ Mit diesen wurden gleich Rennen gefahren: 1829 wurden solche Wettfahrten – sie waren geheim, verboten, gefährlich – in München ausgetragen. Am 20. April dieses Jahres nahmen 26 Fahrer mit ihren Laufgeräten teil. Sie mussten sich mit den Füßen anschieben, und Holzfelgen holperten über staubige Wege.

Das änderte sich. In Deutschland wurde 1838 der Hamburger Jungfernstieg als erste Straße asphaltiert. 1851 kam ein 78 Meter langes Stück der Fernstraße von Travers (Neuchâtel) nach Paris dran, 20 Jahre später war Paris fast vollständig asphaltiert, und wenig später waren es auch andere europäische Großstädte und einige große Straßen. Das Terrain war also bereitet, aber noch nicht bereit war das muskelbetriebene Zweirad-Fahrzeug. Als Carl Friedrich Drais am 10. Dezember 1851 in Karlsruhe starb, hatte sich sein Laufrad nicht merklich weiterentwickelt.

Die Fachleute rätseln immer noch, warum es so lange gedauert hat, bis eine sinnvolle Kraftübertragung gefunden wurde. In den fast 50 Jahren bis zu einem echten Fahrrad mit Pedalen gab es nur zerstreute, fruchtlose Versuche, ein „Veloziped“ mit drei oder vier Rädern zu entwickeln. Veloziped hieß das Fahrrad früher, wörtlich: schneller Fuß. Was wie der Name eines Indianerhäuptlings klingt, ist Latein.

Kurbel und Pedale


Der Schmied Pierre Michaux (1813–1883) aus Bar-le-Duc montierte zusammen mit seinem Sohn Ernest zwischen 1862 und 1864 Pedale ans Laufrad. Die Fahrrad-Geschichte ist spärlich belegt. War der Schotte Kirkpatrick Macmillan der erste, der die Kurbeln mit Pedalen an ein Rad montierte? Dafür gibt es kein überzeugendes Zeugnis. Oder hat vielleicht Philip Moritz Fischer aus Oberndorf bei Schweinfurt schon 1853 zwei Tretkurbeln an ein Vorderrad montiert, wie der Schweizer Journalist Sepp Renggli schrieb? Der Fahrradhistoriker David V. Herlihy erwähnt Fischer in seinem Buch „Bicycle – the History“ nicht, sehr wohl aber nennt er Pierre Lallement, der 1863 in Paris ein erstes ursprüngliches Fahrrad baute und sich die Idee im April 1866 in den USA patentieren ließ.

Das echte Fahrrad erblickte öffentlich das Licht der Welt 1867, ein halbes Jahrhundert nach dem ersten Auftritt der Laufmaschine. In jenem Jahr waren erstmals mutige Menschen zu sehen, die wackelnd und dahinholpernd das neue „Bicycle“, das Zwei-Rad, bewegten. Dies geschah auf den Straßen und Plätzen von Paris. Bald erhielten die Gefährte den Beinamen „Boneshaker“ (Knochenschüttler). Erst die Kompagnons von Pierre Michaux, die Gebrüder Marius, Aimé und René Olivier aus Lyon, trieben die Entwicklung voran. Sie machten sich Ende August 1865 auf eine Fahrt von Paris nach Avignon, das sie nach vier Tagen erreichten.

Die Michaux-Firma hatte bald 60 Mitarbeiter und produzierte jährlich 400 dieser „Michaulinen”, die zunächst 50 Kilogramm wogen. Das Vorderrad sorgte für den Antrieb (man muss es selbst versuchen, es ist ein wackeliges Fahren), und darum kam später der logische Gedanke auf, es immer größer zu machen; dann würde jede Pedalumdrehung den Fahrer noch weiter bringen. Bei den ersten Radrennen hatte das Vorderrad einen Durchmesser von 75 Zentimetern, das Hinterrad einen solchen von 50.

1865 fuhren schon die ersten Männer auf Velozipeden (vélocipède hieß das Gefährt auf Französisch) über 500 Meter in Amiens in Nordfrankreich gegeneinander. Das erste Bahnrennen der Geschichte fand am 31. Mai 1868 im Park von St. Cloud in Paris auf einer Erdbahn mit leicht erhöhten Kurven statt. Es gab ein Rennen für Maschinen mit Vorderrädern von weniger als einem Meter Durchmesser und neben einem „Freistil“-Rennen auch ein Rennen für Hochräder. Die 1.200 Meter bewältigte der Engländer James Moore in 3:50 Minuten, der nächste Fahrer lag 20 Meter hinter...

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