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E-Book

Reisemuffel an Bord

Ein Stubenhocker fliegt um die Welt

AutorMaximilian Reich
VerlagBenevento
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783710950629
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Abenteuer? Nein Danke. Urlaubsreisen ins Ausland? Bloß nicht. Daniel Klopfbichler bleibt gerne in seiner Komfortzone, die nicht größer ist als ein IKEA-Bällebad. Doch es gibt da ein Problem: Das Geld für die Miete reicht nicht. Aus purer Not nimmt er das Angebot einer Zeitschrift an, eine Reisekolumne zu schreiben. Mit feinem Humor und einer Menge eigener Reiseerfahrungen erzählt Maximilian Reich von einem Urlaubsmuffel, der wider Erwarten doch noch zum Abenteurer mutiert. Exotisches Essen, von dem man nicht weiß was drin ist und wie es schmeckt! Und warum sollte man sich 14 Stunden in ein Flugzeug quetschen, um sich einen Sonnenbrand zu holen? Dann lieber zu Hause bleiben. Gott lebt in Frankreich? Selbst schuld. Auf witzige Weise und mit der nötigen Portion Selbstironie lässt Daniel Klopfbichler den Leser an seinem Leid teilhaben, wenn er in Brasilien beinahe verheiratet wird, wilde Stiere ihn in Pamplona aufspießen und er in Thailand gegen Kungfu-Kämpfer bestehen muss. Ein Urlaubsalbtraum. Bis er eine junge Fotografin kennenlernt, die ihn auf seinen Reisen begleitet und das Gegenteil von ihm ist: wild, experimentierfreudig, abenteuerlustig ... Ein Abenteuer, das sich sowohl auf der heimischen Couch als auch im Urlaub genießen lässt.

Maximilian Reich ist 33 Jahre alt und hätte vielleicht doch auf das Arbeitsamt hören und Geburtshelfer werden sollen. Dann könnte er das ganze Jahr in seiner bayerischen Heimat bleiben. Aber stattdessen entschied er sich für ein Volontariat und arbeitet mittlerweile seit zehn Jahren für Zeitschriften und Onlinemedien, die ihn blöderweise immer wieder auf Reisen schicken.

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Leseprobe

2


Transsibirische Eisenbahn


In den nächsten Tagen baumelt die erste Reise wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf. Jedes Mal, wenn mein Laptop mit einem lauten »Bing« eine neue E-Mail ankündigt, setzt mein Herz aus. Es ist ein bisschen wie mit dem Sterben: Ich weiß, dass es früher oder später passieren wird. Ich hoffe allerdings, dass es erst später sein wird. Sehr viel später. Beides gerne erst, wenn ich hundert Jahre alt bin. Aber leider erwischt es mich bereits am darauffolgenden Freitag. Ich meine den Auftrag für meine erste Reise. Nicht den Tod. Falls es da einen Unterschied gibt. Ich habe mich gerade im Bademantel auf einen Stuhl in unserer WG-Küche plumpsen lassen, um meine E-Mails zu checken. Zwei neue Nachrichten blinken auf. Die erste Nachricht ist eine Spam-Mail von einer Ägypterin, die ein Darlehen von 10 000 Euro benötigt, um an ihr Millionen-Erbe zu kommen. Die zweite Nachricht kommt von Arthur und hat den Betreff: »Auftrag«. Mit nervösen Fingern greife ich nach meiner Packung Gauloises auf der Küchenspüle und zünde mir eine Zigarette an. Ich gucke mich in der Küche um, finde aber keinen Aschenbecher. Bestimmt hat Thorben ihn in die Spülmaschine gesteckt, die gerade eifrig rattert.

Mein Blick fällt auf den Zen-Garten auf dem Fensterbrett. Ein Mitbringsel aus Japan, das Thorben und seine Freundin Maike von ihrer Rucksack-Tour durch Südostasien im letzten Sommer mitgebracht haben. Im Gegensatz zu mir verreisen die beiden nämlich für ihr Leben gern. In Thorbens Zimmer hängt eine Weltkarte aus Kork. Über jedem Land, wo die beiden schon waren, haftet ein Polaroid-Selfie. Sowohl Asien als auch Mittel- und Südamerika sind bereits übersät von grinsenden Thorben-und-Mareike-Grimassen. Es sieht aus wie eine Informationskarte der Weltgesundheitsorganisation, in welchen Teilen der Erde das Thorben-und-Maike-Virus vorkommt.

Ich asche in den Zen-Garten und öffne die E-Mail. Der Text ist denkbar knapp: »Machen! (s.u.)« steht da lediglich. Ich scrolle nach unten und finde die weitergeleitete Presseeinladung eines Reiseveranstalters:

Sehr geehrter Herr Arthur von Düben,

wir laden Sie – oder eine Ihrer Kolleginnen oder Kollegen – herzlich zu einer unvergesslichen sechzehntägigen Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn ein. Reisen Sie mit uns 8000 Kilometer von der verbotenen Stadt in China über die Wüste Gobi und weiter durch die atemberaubenden Landschaften der Mongolei bis nach Sibirien, und bestaunen Sie die goldenen Dächer Moskaus.

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns auf eine Bestätigung Ihrer Teilnahme.

Mit abenteuerlichen Grüßen

Ihr Reiseunternehmen Seeberger Adventures

Mein Magen fühlt sich an, als wäre ein schwerer Koffer daraufgeplumpst. Ich ziehe nervös an meiner Zigarette und lese die Einladung ein zweites Mal. Bei jedem Satz habe ich das Gefühl, jemand packt noch mehr in den Koffer, der auf meinen Magen drückt. Es war noch nie eine gute Idee, wenn Deutsche nach Russland gegangen sind. Steht in Sibirien nicht ein Straflager? Bestimmt nicht weil’s dort so schön ist. Unweigerlich flimmern Bilder des schroffen Star-Wars-Planeten Tatooine vor meinen Augen auf. Bloß ohne den fetten Jabba, dafür mit den Pussy-Riot-Aktivistinnen, die dort ihre Strafe verbüßen.

Und wo fängt die Reise an? Natürlich ausgerechnet in Peking. Von allen Ländern auf der Welt gibt es wohl keins, das sich von meiner Wohlfühlzone stärker unterscheidet als China. Sind die Schnitzel dort nicht aus Hundefleisch? Ich brauche unbedingt mehr Informationen über meine anstehenden Reiseziele. Ich drücke meinen Zigarettenstummel in die Harmoniewüste auf dem Tisch und tippe als Erstes »Sibirien« in meiner Google-Suchleiste ein. Auf Wikipedia lese ich, dass die Gegend neun Monate im Jahr von einer Schneedecke überzogen ist und die Winter bis zu minus 72 Grad kalt werden können. Kein Wunder, dass die Gegend dringend Werbung braucht und deshalb Journalisten einlädt. Ich zünde mir eine neue Zigarette an und studiere als Nächstes die Webseite des Auswärtigen Amts. Über China lese ich folgenden Warnhinweis: »Die Einfuhr oder der Besitz schon relativ geringer Mengen von Drogen kann zu hohen Freiheitsstrafen oder sogar zur Todesstrafe führen.«

Ich habe nur einmal in meinem Leben an einem Joint gezogen. Das war auf der Schulabschlussfahrt in der Toskana, und anschließend habe ich meiner Sozialkundelehrerin Frau Helmhein-Buschhuber auf den Rock gekotzt. Seitdem lasse ich die Finger von Drogen. Aber was ist, wenn mir ein Schmuggler das Zeug unterschiebt? Im Fernsehen habe ich mal einen Beitrag gesehen über einen Engländer, der am Flughafen in China mit 400 Gramm Heroin erwischt wurde. Der Mann war Familienvater und hatte stets beteuert, er wüsste nicht, wie die Drogen in sein Gepäck gekommen waren. Aber die chinesische Regierung hat ihm nicht geglaubt und ihn vor den Augen einer Schulklasse erschossen. Als abschreckendes Beispiel für die Kinder. Das ist schon was anderes als bei uns in Deutschland, wo Polizeimeister Habelmann und Polizeiobermeisterin Waldfercher damals zu mir in die 3b kamen und ein pädagogisches Puppentheater zu dem Thema aufgeführt haben. Und am Ende gab’s Schokoladentaler für alle, was ich persönlich ja besser finde.

Ich beschließe also, lediglich ein Handgepäck zu packen, da ich dies mit an Bord nehmen und besser im Auge behalten kann. Das bedeutet, dass ich mich auf das Notwendigste beschränken muss. Aber wenn ich zwischen dem Leben und ein paar zusätzlichen Unterhosen wählen muss, dann wähle ich das Leben.

Ich nehme einen tiefen Zug aus meiner Zigarette, um mich zu beruhigen. Vielleicht ist es besser, wenn ich nicht allzu viel über die Destinationen nachlese. Damit mache ich mich nur verrückt und absagen kann ich sowieso nicht. Ich brauche das Geld. Also schreibe ich dem Reiseveranstalter:

Sehr geehrtes Presseteam Seeberger,

mein Chefredakteur Arthur von Düben war so freundlich, mir Ihre großzügige Einladung weiterzuleiten. Sehr gerne werde ich die Reise an seiner Stelle antreten. Bitte schicken Sie mir die notwendigen Reiseunterlagen an diese E-Mail-Adresse.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Klopfbichler

Als ich fertig bin, drücke ich meine Zigarette in den Zen-Garten und tippe auf »Senden.« Anschließend gehe ich in den Keller. Irgendwo im Holzverschlag muss noch ein Trolley stehen, den ich mal als Abo-Prämie von der TV Spielfilm bekommen habe. Ich kämpfe mich vorbei an modrigen Umzugskisten und einem alten Lattenrost, den ich schon vor drei Jahren zum Sperrmüll hätte bringen sollen, und finde ihn schließlich hinten im Eck des Abteils, eingegraben unter den Brettern eines alten Billy-Regals. Ich buddle den Koffer aus und bringe ihn nach oben ins Badezimmer, wo ich ihn zunächst mit einem feuchten Lappen von allen Spinnweben befreie. Anschließend inspiziere ich gründlich seine Fächer. Es könnte schließlich sein, dass ein Nachbar sich Zugang zu unserem Abteil verschafft und meinen Koffer als Drogenversteck benutzt hat. Ich finde nichts Verdächtiges.

Knapp vier Wochen später sitzen mein gepackter Koffer und ich neben Thorben in einem silbernen VW Polo vor dem Münchner Flughafen. Missmutig blicke ich auf das gläserne Terminalgebäude. »Ich will da nicht hin«, maule ich wie ein Kind vor dem ersten Schultag nach den Sommerferien.

»Jetzt stell dich nicht so an. Das wird bestimmt super«, antwortet Thorben und klopft mir aufmunternd auf die Schulter. Das Gleiche hat meine Mutter auch immer vor dem ersten Schultag zu mir gesagt. Und es wurde nie super.

»Ich muss zu einer zweitägigen Fortbildung über Craniomandibuläre Dysfunktionen«, sagt Thorben.

»Wäre mir lieber, als sechzehn Tage durch die Arschritze der Welt zu tuckern.«

»Aber bloß, weil du nicht weißt, was Craniomandibuläre Dysfunktionen sind.«

»Hm.«

Eine Weile schweigen wir.

»Also dann …«, seufze ich und öffne die Beifahrertür. »Danke fürs Fahren.«

»Wart noch kurz.« Thorben greift nach hinten und holt ein Nackenkissen von der Rückbank hervor. »Maike und ich haben dir noch ein Geschenk besorgt für deine Reise.«

Das Nackenkissen ist grün und in der Mitte ist der Kopf des Ogers Shrek aufgemalt. »Wow. Das ist … ja lieb«, stammle ich. »Aber ich befürchte, das passt gar nicht mehr in meinen Trolley.«

»Das ist ja auch nicht fürs Gepäck, sondern für den Nacken«, sagt Thorben und legt mir das Ungetüm um den Hals. Ich mustere mich im Rückspiegel. Ich sehe aus, als hätte Shrek mich im...

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