Die Aufgabe des Religionsunterrichtes (früher auf Zeugnissen auch als Religionslehre bezeichnet) ist es, in die Glaubensinhalte, Geschichte und Wertesysteme einer oder auch verschiedener Religionen einzuführen. Man unterscheidet dabei den schulischen Religionsunterricht (schRU) vom außer –schulischen Religionsunterricht (aRU).
Der Religionsunterricht in Deutschland ist im Sinne des Grundgesetzes schulischer Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen. Daneben steht es den Religionsgemeinschaften frei, daneben eine religiöse Unterweisung auch als einen außerschulischen Religionsunterricht anzubieten.
Erteilt wird der Religionsunterricht entweder von staatlichen Lehrkräften (be –auftragt von den konfessionellen Institutionen und unter deren Fachaufsicht) oder direkt von der jeweiligen Glaubensgemeinschaft ausgebildeten und be –auftragten Lehrkräften. In Deutschland erfolgt die Ausbildung der Religions –lehrer/innen an Religionspädagogischen Instituten, sowie an den entsprech –enden theologischen Fakultäten der staatlichen Universitäten.
Hauptanbieter an deutschen Schulen sind die dem Christentum angehörenden Konfessionen, beziehungsweise die Bekenntnisse der evangelischen und römisch – katholischen Kirchen, an deren Religionsunterricht unter andrem auch freikirchliche und orthodoxe Schüler teilnehmen, sofern kein eigener Religionsunterricht angeboten wird. Insbesondere die Einladung zur Teilnahme am evangelischen Religionsunterricht richtet sich seit jeher an alle Schüler, unabhängig davon, ob sie einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehören oder nicht. Jüdischer Religionsunterricht wird in den Ländern Baden – Württemberg, Bayern, Berlin, Niedersachsen und Nordrhein – Westfalen an –geboten. Seit 2003 wird in Berlin an drei öffentlichen Schulen auch jahrgangs – und schulübergreifend buddhistischer Religionsunterricht angeboten. In den Bundesländern Nordrhein – Westfalen und Niedersachsen gibt es seit 2012 beziehungsweise 2013 den „Islamischen Religionsunterricht“; in zahlreichen anderen Bundesländern wird das Fach im Rahmen von Modellversuchen noch erprobt.
Der Religionsunterricht ist als eine „gemeinsame Angelegenheit“ zu sehen und zu verstehen, denn im Grundgesetz ist dokumentiert, dass der Religionsunter – richt unter der staatlichen Aufsicht steht. Er ist somit, wie jeder andere Unterricht auch, demokratischen Grundsätzen absolut verpflichtet. Die im Religionsunterricht von den Schülern erbrachten Leistungen werden benotet. Diese Benotung ist in jedem Fall auch versetzungsrelevant. Melden sich Schüler im Laufe des Schuljahres ab, kann trotzdem unter Angabe der Teilnahmedauer eine Note erteilt werden. Wie jeder als „ordentliches Unterrichtsfach“ eingestufter Unterricht, so ist auch der Religionsunterricht ganz grundsätzlich vom Schulträger mit eigenen Lehrkräften zu unterrichten und zu finanzieren.
Der Staat ist zu einer weltanschaulichen Neutralität verpflichtet, denn er garantiert die Freiheit jeder Religionsausübung. Daher kann er nicht ent –scheiden, welchen Inhalt der Religionsunterricht haben soll und welche der Glaubenslehren „richtig“ sind. Der Staat ist daher auf die Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften angewiesen. Der Religionsunterricht ist somit eine „gemeinsame Angelegenheit“ (res mixta) von Staat und Religionsgemein –schaften.
Die Artikel 56, 57 und 58 des Grundgesetzes im Wortlaut
1. Es besteht allgemeine Schulpflicht. Das Schulwesen ist Sache des Staates. Die Schulaufsicht wird hauptamtlich durch Fachkräfte ausgeübt.
2. An allen hessischen Schulen werden die Kinder aller religiösen Bekenntnisse und Weltanschauungen in der Regel gemeinsam erzogen (Gemeinschaftsschule).
3. Grundsatz eines jeden Unterrichts muss die Duldsamkeit sein. Der Lehrer hat in jedem Fach auf die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen aller Schüler Rücksicht zu nehmen und die religiösen und weltanschaulichen Auffassungen sachlich darzulegen.
4. Ziel der Erziehung ist, den jungen Menschen zur sittlichen Per –sönlichkeit zu bilden, seine berufliche Tüchtigkeit und die politische Verantwortung vorzubereiten zum selbständigen und verantwortlichen Dienst am Volk und der Menschheit durch Ehrfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit.
Artikel 57
1. Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach. Der Lehrer ist im Religionsunterricht unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts an die Lehren und Ordnungen seiner Kirche oder Religionsgemeinschaft gebunden.
2. Diese Bestimmungen sind sinngemäß auf die Weltanschauungsge – meinschaften anzuwenden.
Artikel 58
Über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht bestimmt der Erzieh –ungsberechtigte. Kein Lehrer kann verpflichtet oder gehindert werden, Religionsunterricht zu erteilen.
Die Traditionen und Gestaltungen des Religionsunterrichtes und gegebenenfalls auch die Einbindung in den allgemeinen Schulunterricht differieren bereits innerhalb Europas erheblich, denn nicht selten wird Religionsunterricht außer –schulisch, also außerhalb des offiziellen Schulbetriebs durch die verschiedenen Glaubensgemeinschaften als Gemeindeunterricht (früher auch „Sonntags –schule“) und Ähnlichem erteilt. Angesprochen sind hier solche Formen wie zum Beispiels die Kinderkirche, der Erstkommunions –, der Firmungs – bezieh – ungsweise Konfirmandenunterricht, Bibelstunden oder auch die Koranschulen. Die Konfessionen erteilen ihren Religionsunterricht in den jeweiligen Gemeindezentren beziehungsweise den Schulen, in ihren Gotteshäusern (in Kirchen, den Moscheen, den Synagogen oder auch Tempeln, um einiger Beispiele anzusprechen) oder bei kleinen Konfessionen auch in den privaten Räumlichkeiten.
Frankreich und der Religionsunterricht
Frankreich ist seitdem laizistisch (streng vom Staat getrennt), was auch in Artikel 1 der Verfassung der Fünften Französischen Republik von 1958 fest – gehalten wird. Im Unterschied etwa zu Deutschland sind Kirchen und Glau – bensgemeinschaften privatrechtliche Vereine, keine Körperschaften des öffent –lichen Rechts, der Staat gestattet keinen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen, er verbietet das Tragen religiöser Symbole in den Schulen, er zieht für die Kirchen die Kirchensteuer nicht ein (die Kirchen finanzieren sich aus anderen Geldquellen) und die Kirchen haben keinen Sitz in Rundfunkräten. Gleichwohl werden in Frankreich zahlreiche private Schulen unterhalten, deren Träger die katholische Kirche ist und die „von der französischen Elite sehr ge –schätzt“ werden.
Grundsätzlich findet in Frankreich aber kein schulischer Religionsunterricht statt. Historisch bedingt besteht hiervon eine Ausnahme in den Départements Haut – Rhin[8], Bas – Rhin[9] und Moselle[10], die bis 1918 als Reichsland Elsaß – Lothringen ein Bestandteil des Deutschen Reiches waren. Dort wird ein schulischer Religionsunterricht mit staatlicher Trägerschaft erteilt.
Vor dem Hintergrund des Laizismus im staatlichen Schulwesen ist beispiels –weise auch der Streit über das Tragen von Kopftüchern an französischen Schulen zu sehen, der 2005 zu der Bestimmung führte, dass Schüler im Unter –richt keine religiös geprägte Kleidung oder deutliche religiöse Symbole tragen dürfen.
Axel von Campenhausen[11] weist darauf hin, dass „Religionsgemeinschaften, insbesondere die römisch – katholische Kirche und der Islam“, auf vielfältige Weise gefördert werden. Die Rechtslage beruhte auf Ministerialerlassen, Dekreten und Gerichtsentscheidungen und sei in den Einzelheiten extrem un –übersichtlich und widersprüchlich. Deshalb bedürften Maßnahmen umständ –licher Rechtfertigung im Einzelfall.
Die Terroranschläge in Paris nehmen jetzt allerdings auch Einfluss auf Frankreichs Bildungssystem: In dem strikt weltlich ausgerichteten Land kommen nun die Weltreligionen auf den Lehrplan.
Die Schockwellen der Pariser Terroranschläge haben Frankreichs Schulen erreicht: In dem strikt weltlich ausgerichteten Land kommen die Weltreligionen auf den Lehrplan. Wie Frankreichs Erziehungsministerin Najat Vallaud –Belkacem[12] in Paris sagte, gibt es vom nächsten Schuljahr „Staatsbürgerkunde“. Ziel des von der ersten Grundschulklasse bis zum letzten Gymnasialjahr ge – lehrten Prüfungsfachs sollen Frankreichs weltliches Staatsverständnis und das gleichberechtigte Nebeneinander der zur Privatsphäre gehörenden Religionen sein.
Staatschef François Hollande hatte am Vortag bereits die Richtung gewiesen: „Dass die Religionen an der weltlich ausgerichteten Schule keinen Platz haben, heißt nicht, dass die Schüler keinen weltlich ausgerichteten Unterricht über religiöse Fakten haben sollen.“ Und weiter: „Es heißt auch nicht, dass man die Religionen und irgendwelche religiösen Konflikte dem Vergessen über – antwortet.“
Erziehung zu...