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E-Book

Erfahrungen mit Value Based Management

Praxislösungen auf dem Prüfstand

AutorBernhard Hirsch, Carsten Heineke, Jürgen Weber, Urs Bramsemann
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl88 Seiten
ISBN9783527666270
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis43,99 EUR

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Leseprobe

3


ANREIZGESTALTUNG


Die Lösung komplexer Entscheidungsprobleme in Unternehmen gestaltet sich in der Regel als arbeitsteiliger Prozess. Infolge der Beschränkung der Informationsverarbeitungskapazität und zur Nutzung von Spezialisierungsvorteilen sind die Eigentümer gezwungen, weitere Personen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen und ihnen die hierfür notwendigen Entscheidungskompetenzen zu übertragen. Dieses Delegationsverhältnis begründet für ein Steuerungskonzept, das – wie die Wertorientierung – die Wahrung der Eigentümerinteressen zum Ausgangspunkt jeglichen unternehmerischen Handelns erklärt, ein besonderes Problem: Von einer vollkommenen Übereinstimmung der Zielsetzungen von Managern und Mitarbeitern auf der einen und der Eigentümer auf der anderen Seite kann im Normalfall nicht ausgegangen werden (vgl. Riegler 2000, S. 146).

Wie soll sich ein wertorientiertes Steuerungssystem darauf einstellen? Eine Möglichkeit besteht in der Durchführung von Kontrollen, an die Sanktionen gekoppelt sind. Kontrollen reichen als alleinige Maßnahmen allerdings nicht aus (vgl. Laux 1989, Sp. 113):

  • Sie vermitteln Managern und Mitarbeitern keinen Anreiz, vorgegebene Normen bestmöglich zu erfüllen. Für sie ist es vielmehr rational, sich auf einen Grad der Zielrealisation zu beschränken, der den Kontrollinstanzen keinen Grund für Beanstandungen liefert. Dienst nach Vorschrift erweist sich stattdessen als zweckmäßig!
  • Die Durchführung von Kontrollen ist insbesondere bei Aufgaben kostspielig, die sich im Zeitablauf häufig verändern sowie inhaltlich heterogen und schlecht strukturiert sind. Diese Aufgaben sind aber gerade für das Top-Management typisch. Die Personengruppe, die aufgrund ihrer Entscheidungsbefugnisse über den größten Einfluss auf die Wert-generierung eines Unternehmens verfügt, lässt sich damit nur schwer kontrollieren.

Zur Durchsetzung der Wertorientierung sind Kontrollen daher durch weitere Maßnahmen zur Verhaltensbeeinflussung zu ergänzen: Eine solche Maßnahme stellt die Implementierung eines entsprechend auszugestaltenden Anreizsystems dar. Die Kernidee eines solchen Anreizsystems beruht darauf, durch eine Verknüpfung von Anreizgewährung und Eigentümerzielsetzung eine Harmonisierung der Interessen von Shareholdern und der in ihrem Auftrag im Unternehmen Handelnden herbeizuführen (vgl. Weinert 1989, Sp. 123). Auf Seiten von Managern und Mitarbeitern entsteht angesichts der gebotenen Anreize jeweils ein Eigeninteresse, zur Unternehmenswert-maximierung beizutragen.

GESTALTUNGSDIMENSIONEN EINER WERTORIENTIERTEN ANREIZGESTALTUNG


Ein Anreizsystem erreicht die zielgerichtete Aktivierung von Unternehmensangehörigen unter der Bedingung, dass sich bei den Mitarbeitern „aus dem Zusammenspiel von Motiven mit korrespondierenden Anreizen Motivation ergibt“ (Rosenstiel 1999, S.49). Die wesentlichen Gestaltungsdimensionen (Anreize, Bemessungsgrundlage, Belohnungsfunktion) zur Beeinflussung dieses „Zusammenspiels“ seien zunächst kurz vorgestellt.

Anreize


Anreize sind Stimuli, die situationsspezifisch auf einen Menschen einwirken und ein bestimmtes Motiv (= Bedürfnis) aktivieren. Motive ihrerseits kennzeichnen zeitlich relativ stabile „positiv bewertete und potenziell angestrebte (Ziel-)Zustände, bezüglich derer entsprechende Verhaltensbereitschaften bestehen“ (Berthel 1997, S. 19).

Dem menschlichen Verhalten liegt eine große Vielfalt unterschiedlicher Bedürfnisse zugrunde (vgl. z.B. Steinmann/Schreyögg 1997, S. 485 ff.). Die Frage, welches Motiv gerade handlungsleitend ist, mithin also durch die gezielte Gewährung eines „passenden“ Anreizes angesprochen werden sollte, lässt sich also nicht allgemeingültig, sondern nur situationsspezifisch und individuell beantworten. „Zum Glück“ kommt finanziellen Größen übereinstimmend eine maßgebliche Rolle zu. Sie sind das Instrument für die Befriedigung ganz unterschiedlicher Bedürfnisse (vgl. Winter 1997, S. 618). Wir werden deshalb die Operationalisierung der Gestaltungsdimension „Anreize“ im Weiteren auf Entgeltzahlungen und die Gewährung von Aktien(-optionen) einschränken.

Bemessungsgrundlage


Die Bemessungsgrundlage legt fest, anhand welcher Indikatoren die Leistung eines Anreizempfängers gemessen und über das Ausmaß der Anreizgewährung entschieden wird. Sie ist der Hebel, um die angestrebte Harmonisierung der Zielsetzungen des Prinzipals (= Person, in deren Auftrag ein incentivierter Mitarbeiter (= Agent) handelt) und des Anreizempfängers herbeizuführen: Ein an der Maximierung seiner Bezüge orientierter Mitarbeiter wird durch sein Handeln die Bemessungsgrundlagen seiner Incentivierung derart zu beeinflussen suchen, dass sein Einkommen maximiert wird. Geht eine derartige Beeinflussung der Bemessungsgrundlagen mit einer zunehmenden Erreichung der Ziele des Prinzipals einher, ist die angestrebte Interessenkonformität erreicht.

Art der Bemessungsgrundlage


Angesichts des aufgezeigten Zusammenhangs zwischen der Wahl der Bemessungsgrundlage und der Durchsetzung des Ziels eines Prinzipals können als spezifisch wertorientiert zunächst zweierlei Bemessungsgrundlagen gelten:

  • Aktienkursorientierte Bemessungsgrundlagen: Bemessungsgrundlagen, die sich am Aktienkurs orientieren, sind direkt an der Entwicklung des Shareholder Value als dem wesentlichen Ziel der wertorientierten Steuerung ausgerichtet. Es lassen sich unterschiedliche Arten aktienkursorientierter Bemessungsgrundlagen unterscheiden: (1) Als Bezugsgröße können der Aktienkurs allein, oder aber die Summe aus Aktienkurs und Dividendenzahlung (Total Shareholder Return) verwendet werden. (2) Diese beiden Bemessungsgrundlagen können als absolute oder relative Kennzahlen ausgestaltet sein. Die relative Entwicklung der Marktkapitalisierung und Dividendenausschüttung bezieht sich hierbei auf die Kapitalmarktperformance eines Unternehmens im Vergleich zu einem Index.
  • Kennzahlenorientierte Bemessungsgrundlage: Kennzahlenorientierte Bemessungsgrundlagen, die auf wertorientierte Kennzahlen oder wesentliche Treibergrößen der Wertgenerierung abstellen, sind indirekt mit dem Ziel der Maximierung des Shareholder Values verbunden (eine ausführlichere Erläuterung dieses indirekten Zusammenhangs findet sich bei Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch 2002, S.12f. u. S. 32f.). Die Treibergrößen können sowohl finanzieller als auch operativer Natur sein: Bei den finanziellen Werttreibern handelt es sich um den wertorientierten Spitzenkennzahlen direkt nachgelagerte Ergebnisgrößen, die aus den Aktivitäten und Entscheidungen im Unternehmen resultieren. Die operativen Werttreiber repräsentieren dagegen die (nicht-monetären) Hebel des Unternehmenserfolgs, die den finanziellen Größen vorgelagert sind. Wesentlich für die Adäquanz der Verwendung der beiden Werttreiberarten als wertorientierte Bemessungsgrundlage ist der Nachweis ihrer Wertrelevanz.

Die folgende Abbildung (in Anlehnung an Pellens / Crasselt / Rockholtz 1998, S. 12) vermittelt einen Überblick über die unterschiedlichen Arten wertorientierter Bezugsgrößen und korrespondierender (gängiger) Entlohnungsmodelle.

Alternative Bemessungsgrundlagen und Entlohnungsformen wertorientierter Anreizsysteme

Bedeutung der Bemessungsgrundlage


Die variable Vergütung stellt immer nur einen Teil der gesamten Entgeltzahlungen dar, die ein Anreizempfänger erhält. Das im Folgenden durch die Teildimension „Variabler Anteil an der Jahresvergütung“ erfasste Verhältnis variabler und fixer Entgeltbestandteile beeinflusst daher das Ausmaß der Verhaltenswirkung, welche die Incentivierung wertorientierter Bemessungsgrundlagen im Rahmen der variablen Vergütung grundsätzlich zu erzielen vermag.

Ein weiteres Kriterium ergibt sich aus der Tatsache, dass Managern in der Regel ein breites Spektrum unterschiedlicher (Teil-) Aufgaben übertragen ist. Unterschiedliche Facetten bedürfen unterschiedlicher Bemessungsgrundlagen. Damit ist auch zu untersuchen, welches Gewicht wertorientierten Bemessungsgrundlagen im Vergleich zu anderen Bemessungsgrößen für die Anreizgewährung zukommt. Diesen Sachverhalt werden wir als „Gewicht einer Bemessungsgrundlage“ berücksichtigen.

Belohnungsfunktion


Die Belohnungsfunktion bringt den Zusammenhang zwischen dem Umfang der gewährten Anreize und dem Ausmaß der Zielerreichung zum Ausdruck (vgl. Becker 1987, S. 94; Kossbiel 1994, S. 78). Die Definition einer Belohnungsfunktion bedingt die Festlegung folgender Parameter:

  • Verlauf: Der Verlauf der Belohnungsfunktion entscheidet darüber, ob zwischen der Entwicklung der Bemessungsgrundlage und der Anreizgewährung ein (durchgängig) proportionaler Zusammenhang besteht (lineare...
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