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E-Book

Reisen im Sudan

Entdeckungen zwischen Nil und Wüste

AutorAlfred Edmund Brehm
VerlagEdition Erdmann in der marixverlag GmbH
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl448 Seiten
ISBN9783843802901
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Brehms Tierleben ist auch heute noch jedem ein Begriff - dass der Begründer eines der prominentesten zoologischen Nachschlagewerke die Tiere auch in freier Wildbahn studierte, wissen hingegen nur wenige. Die Faszination für die Zoologie gab Brehms Vater, selbst ein bekannter Ornithologe, an seinen Sohn weiter. Im Jahr 1847 bricht Alfred Brehm sein Architekturstudium ab, um den Vogelkundler Baron Johann Wilhelm von Müller auf eine Forschungsreise nach Afrika zu begleiten. Während der fünfjährigen Expedition reist er von Kairo, über Karthum bis nach Kurdufan durch Savanne und Urwälder und teilt mit gefährlichen Leoparden, Elefanten, wilden Löwen und Büffelherden einen Lebensraum. Die Ausbeute dieses Abenteuers ist ein sehr lebendiger, detaillierter und bisweilen äußerst humorvoller Bericht über die faszinierende Tierwelt Afrikas und die Menschen dieser Region.

Alfred Edmund Brehm (1829-1884): Die Forschungsreise in den Sudan machte ihn auf einen Schlag so berühmt, dass er bereits im Alter von 20 Jahren in die Akademie der Naturforscher aufgenommen wurde. Heute ist er der wohl bekannteste Autor populärwissenschaftlicher zoologischer Literatur. Dr. Helmut Arndt gelangen als Kenner und Liebhaber historischer Reiseliteratur schon mehrfach bemerkenswerte Wiederentdeckungen, so u.a. Helmuth Graf von Moltkes Unter dem Halbmond und Vivant Denons Mit Napoleon in Ägypten.

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Leseprobe

I. EINLEITUNG

Am sechsten Juli 1847 lag der große Postdampfer »Mamuhdie« dicht am »Molo grande« Triests zur Abfahrt nach der Levante segelfertig. Es war gegen vier Uhr nachmittags. Schon entstiegen dem Kamin des Schiffes dunkle Rauchwolken, aber noch verband eine leichte Brücke das belebte Verdeck mit dem Festland. Über sie hinweg wogte ein Menschenschwarm, kommend und gehend. Da sah man den nirgends fehlenden Engländer mit seinem unter der Last von großen Koffern keuchenden Lohnbedienten neben der schwarzäugigen Italienerin und der dunkellockigen, dem Neuling auffallenden Griechin, den Deutschen neben dem plaudernden Franzosen. Alle waren fröhlich und guter Dinge, wenn sie auch die Abfahrt sehnlichst herbeiwünschten.

Unter den Reisenden befanden sich der Baron von Müller* aus Württemberg und der Verfasser. Wir beiden waren im Begriff, eine naturwissenschaftliche Jagdreise über Griechenland nach Ägypten und Kleinasien anzutreten, wollten rückwärts die Türkei und Walachei besuchen und durch Ungarn nach Hause zurückkehren. Wie wir glaubten mit allem Nötigen für die Reise wohlversehen, gingen wir sorglos den Beschwerden derselben entgegen und stimmten von ganzem Herzen in die allgemeine Heiterkeit mit ein. Es schien sich alles zu einer glücklichen Seefahrt vereinigen zu wollen. Über uns blaute der Himmel Italiens, von dessen Gestaden ein leichter Wind herüberwehte. Er war gerade kühlend genug, um der großen Hitze des Juli einigermaßen Einhalt zu tun, erfrischte die des warmen Klimas ungewohnten Nordländer und entfaltete dabei die freundlichen, überall gern gesehenen Farben der österreichischen Handelsflagge hinten am Stern des Schiffes. Das beste Wetter stand uns bevor.

Da tönten über den Hafen hinweg von den verschiedenen Türmen der Stadt die Glockenschläge der vierten Stunde herab. Die Zeit der ersehnten Abfahrt war gekommen. Unser Kapitän bestieg die Brücke auf dem Radkasten und erteilte durch sein Sprachrohr die nötigen Befehle. Sogleich entfernten sich alle diejenigen, welche nicht mit uns reisen wollten, die Landungsbrücke schwand, die Ankerwinde begann auf ihre eintönige und doch so willkommene Weise zu klappern. Schlammbedeckt hob sich der schwere Anker aus tiefem Grund; Matrosen und Maschinisten waren in voller Tätigkeit; ein neuer Befehl – und der Koloss bekam Leben. Er durchfurchte erst langsam, dann immer schneller und schneller den Hafen, dann rauschte er mit voller Dampfkraft in die offene See hinaus.

Noch hafteten aller Blicke auf dem stolzen Triest. Im hellsten Sonnenschein lag es vor uns, umschlossen von grünenden Bergen. Wir Deutschen nahmen Abschied vom Vaterland, von der letzten Stadt Deutschlands, wenn sie auch die Italiener zu ihrem Land zählen wollen, weil sie sich in ihr eingenistet, Deutschtum und deutsche Sprache dort verdrängt und dafür ihre gleisnerischen Worte und Sitten eingeführt haben. Aber noch hatten uns bis hierher die treuen deutschen Augen entgegengeleuchtet, bis hierher deutsche Laute uns getönt, und darum hatten wir Recht, wenn wir erst hier der Heimat die letzten Grüße sandten.

Mehr und mehr verschwand die »Königin der Adria«; schon lag der blaue Duft der Ferne über dem Panorama, da fesselte ein anderes Bild die Aufmerksamkeit. Es war das freundliche Pirano, an dem wir vorübersegelten. Von den Strahlen der schon tief gesunkenen Sonne rosig beleuchtet, gewährte das Städtchen einen gar lieblichen Anblick. Es vereint noch nordische Frische mit südlicher Kraft. Die südlichen Olivenwäldchen gruppieren sich um die nordischen Ziegeldächer, die hellgrüne Linde steht hier noch neben der dunkelbelaubten Kastanie Italiens.

Uns ist alles neu. Wie fröhliche Kinder gehen wir auf dem Verdeck umher. Bald sehen wir in den Raum der Maschine und beobachten ihre kräftige Arbeit, bald schweifen unsere Blicke der Küste Dalmatiens entlang; immer und immer aber kehrt das Auge zum Meer zurück, wir lehnen uns über die Galerie des Bords und schauen in seine ruhige, tiefe Bläue hinab. Unsere Gefühle sind mächtig erregt. Es ist, als ob wir uns in einem Zauberland befänden. Das ist die erhabene Macht der See. Denn wie des Meeres Fläche jetzt so ruhig daliegt, ein Bild des reinsten, ungetrübten Friedens, so senkt sich auch auf uns ein stiller Frieden hernieder, belebt und kräftigt die Gedanken, herumzuschweifen und uns noch einmal all das Schöne vor die Seele zu führen, was die kurze, so genussreiche Reise durch Deutschlands Gaue uns gebracht. Da haften sie noch einen Augenblick an dem schönen Dresden, durchwandern das romantische Elbtal und gelangen nach dem stolzen königlichen Prag. Das reizende Mähren öffnet uns noch einmal seine waldigen Täler, wir weilen wieder in der erst vor Kurzem verlassenen Kaiserstadt Wien und eilen dann über die Alpen hinweg durch Steiermark und Illyrien nach der schon so fremdartigen Meereskönigin Triest. Noch beschäftigt uns die Macht des ersten Eindrucks des vorher nie gesehenen Meeres. Dieser Eindruck ist unendlich groß, so unendlich groß, wie es die vor dem Beschauer ausgebreitete Wasserfläche zu sein scheint. Da verschmelzen am Horizont Himmel und Wasser in eins, und ebenso verschmelzen auch die Gefühle in der Menschenbrust. Man wird sich ihrer selbst kaum bewusst. Nur zwei Gedanken sind mir klargeworden, das Gefühl der, ich möchte sagen, sichtbaren Unendlichkeit und das der menschlichen Nichtigkeit. Das Letztere ist so niederdrückend, dass der Mensch alles ergreift, um seinen Geist wieder zu kräftigen. Und dieser erhebt sich stolz wieder beim Anblick der königlichen Fregatte und des schätzebringenden Dreimasters. Mit ihnen durcheilt der kühne Seemann das endlos scheinende Meer, mit ihnen trotzt er der Macht des Mächtigen!

Das war es, was uns beschäftigte. Mir war es, als ob ich wachend träumte, und nur das rege Treiben unserer Reisegesellschaft führte mich zur schönen Wirklichkeit zurück. Die Abendländer gingen lachend und plaudernd auf und ab, ganz im Gegensatz zu einigen Türken, die auf dem Vorderdeck auf ihren Teppichen lagerten und mit britischer Gleichgültigkeit die grünen Küstenstriche Istriens vorbeigehen ließen, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Mit der ihnen eigenen Ruhe betrachteten sie uns Abendländer. Nur dann und wann machten sie eine Bemerkung über uns, was wir aus ihrem Mienenspiel erraten konnten, obgleich wir den Sinn der volltönenden, vokalreichen Worte ihrer kräftigen und melodischen Sprache nicht verstanden. Mich zogen die ernsten schönen Männer an, ihre ruhige, würdevolle Haltung imponierte mir. Auch habe ich später gefunden, dass die erste Begegnung der Europäer mit den Türken auf die Ersteren stets einen starken Eindruck macht, sei es nun wegen des ruhigen, von schwarzem Barte beschatteten Gesichts oder wegen der fremdartigen, malerischen Kleidung.

Die Sonne hatte mittlerweile ihre heutige Reise beinahe vollendet. Jetzt stand sie noch als leuchtende Feuerkugel dicht über dem ruhigen Spiegel der See, allmählich tauchte ihr Rand in die Fluten hinab, nach wenigen Minuten vergoldete nur noch ihre obere sichtbare Hälfte die Wogen, unser Schiff, die Gebirge Istriens und den Himmel, bald war sie uns gänzlich verschwunden, und der Abend, der goldene Abend Italiens, brach herein. Langsam erhoben sich die Mohammedaner. Sie begannen ihre gesetzlichen Waschungen und fielen dann bei dem flammenden Himmel auf ihr Angesicht, um zu beten. Auf dem Hinterdeck erschallt lustiges Gelächter, kaum entlockt der hehre Sonnenuntergang den Franken einen Ausruf der Bewunderung, die Matrosen betreiben ihre Geschäfte mit der gewöhnlichen Eile, und nur die abgenommene Schiffsflagge kündet, dass der Tag zu Ende ist; auf dem schlechtesten Platz des Vorderdecks liegen die Türken im ernsten Gebet, drücken die Stirn in den Staub und rufen langsam sich erhebend: »La il laha il Allah! [Es gibt nur einen Gott]« Welch ein Kontrast!

Es war Nacht geworden. Unser Schiff eilte mit Macht durch die Wogen und zerteilte kräftig die zürnenden Wellen, welche unzählige Feuerchen von sich strahlten und den dunklen Koloss märchenhaft beleuchteten. Die Schönheit der Nacht fesselte uns auf dem Verdeck. Es war eine von den Nächten des Südens, die wir in Deutschland nur ahnen können. Der laue Wind, der von Italiens Küsten herüberwehte, gab ihr eine angenehme Wärme, aber gerade ihre Kühle war es wieder, welche nach dem heißen Tag so Wohltat. Mir war, als glänzten die freundlichen, noch bekannten Sterne viel lieblicher und heller zu uns herab, als wäre alles viel milder und schöner als daheim. Spät erst suchte ich den Schlaf in einer der Lagerstätten der Kajüte. Doch bedurfte es langer Zeit, ehe ich bei dem Knacken der Schiffswände, dem Toben der Maschine und dem Zittern des ganzen Baues im Stande war, die Augen zu schließen.

Am dritten Tag unserer Reise sahen wir kein Land. Es ist ein großartiger und erhebender Gedanke, so allein, von jeder menschlichen Hilfe so weit entfernt, über ungemessne Tiefen dahinzusegeln. Unsere Begleiter vom vorigen Tag, die krächzenden Möwen, waren...

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