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Die Reise des Kapitäns Bontekoe

Logbücher holländischer Seefahrer im 17. Jahrhundert

AutorWillem Ysbrandszoon Bontekoe van Hoorn
VerlagEdition Erdmann in der marixverlag GmbH
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl384 Seiten
ISBN9783843803915
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Im späten 16. Und 17. Jahrhundert beherrschen die holländischen Seefahrer die Meere. Im Mittelpunkt dieses Bandes steht der legendäre Bericht des Kapitän Bontekoe van Hoorn. Bontekoe umschifft das Kap der Guten Hoffnung; See und Mannschaft werden unruhig. Eine Seuche bricht aus und zwingt zu einem Zwischenaufenthalt auf den Maskarenen. Wegen Auseinandersetzungen innerhalb der Mannschaftmuss man weiter. Im Indischen Ozean explodiert die Pulverladung -rund 300 Fass. Fast die ganze Mannschaft kommt ums Leben. Bontekoe rettet sich auf abenteuerliche Weise auf einen Balken - seine Reiseaufzeichnungen in der Brusttasche. Diese liefern bis dahin ungeahnte Eindrücke aus Ostasien und werden im 17. Und 18. Jahrhundert zum Bestseller.

Willem Ysbrandszoon Bontekoe van Hoorn (1587-1657). Er war Kaufmann und Seefahrer im Auftrag der Niederländischen Ostindien Kompanie. 1618 begann er sein Reisetagebuch zu schreiben. Der abenteuerliche und später mehrfach literarischen Vorlagen dienende Teil seines Reiseberichts begann mit der Explosion der Pulverkammer seines neuen Schiffes Nieuw Hoorn. Die Überlebenden des Unglücks retteten sich nach Java. Im Jahr 1625 kehrte Bontekoe in die Heimat zurück, wo er heiratete und während seiner letzten Jahre wahrscheinlich als Holzhändler arbeitete.

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Leseprobe

DRITTES KAPITEL


Krankheit an Bord der »Neu-Hoorn«

Nachdem wir, seit wir auseinandergegangen, eine geraume Zeit gesegelt waren, bekamen wir auf der Höhe von 23 Grad südlich vom Äquator alle Tage viele Kranke, was die Offiziere im Auftrag des gemeinen Schiffsvolks veranlasste, in die Kajüte zu kommen. Sie ersuchten, dass wir die Insel Madagaskar anlaufen möchten, um frische Vorräte an Bord zu nehmen. Sie befürchteten, dass alles Volk noch krank würde, denn es lagen schon etwa vierzig in der Koje, und viele andere unter ihnen klagten über Unwohlsein. Wir beschlossen darum mit dem ganzen Schiffsrat, unmittelbar auf die Insel Madagaskar, auf eine Bucht mit Namen Sancta Lucia, Kurs zu nehmen.

Als wir in Landnähe kamen, konnten wir keine Stelle ausfindig machen, an der wir das Schiff hätten bergen können. Wir setzten unser Boot wohlbemannt aus, und ich fuhr mit ihm zum Land. Das Schiff fuhr längs des Ufers auf und ab. Als wir mit dem Boot der Küste näher kamen, stürzte die See so auf das Land zu, dass wir keinerlei Möglichkeit sahen zu landen. Wir sahen etliche Personen auf den Strand kommen, und einer unserer Maats sprang über Bord und schwamm zu den Leuten aufs Land, konnte die Leute aber nicht verstehen. Sie deuteten mit den Händen abwärts, als wollten sie sagen, dort würde wohl ein Platz zum Landen sein. Soviel wir sehen konnten, hatten sie keinerlei frische Lebensmittel bei sich; wir mussten daher mit leeren Händen an Bord zurückkehren.

Da wir nun ohne Vorräte an Bord kamen (weshalb uns allen miteinander sehr traurig zumute war), waren die Kranken im Schiff über alle Maßen betrübt. Wir beschlossen, wieder in See zu stechen, und fuhren um Süd bis auf die Höhe von 29 Grad, wendeten dann wieder und fuhren Ost zu Süd, bis wir uns auf 17 Grad südlicher Breite vom Äquator befanden. Da baten uns die Leute von Neuem, Land anzulaufen, um zu sehen, ob wir keine frische Nahrung bekommen könnten. Das hießen wir gut, denn wir sahen, dass täglich weitere von unseren Leuten zum Liegen kamen und etliche starben.

Wir beschlossen darum, die Insel Mauritius oder die Insel de Maskarinas anzulaufen, und nahmen Kurs zwischen diese beiden Inseln, denn sie liegen nicht weit auseinander. Also kamen wir an der Ostspitze der Insel de Maskarinas in Landnähe, fuhren nahe an der Spitze vorbei längs des Ufers, fanden nahe am Land 40 Faden Tiefe. Wir wollten vor Anker gehen, die Stelle war aber ungeeignet, weil sie so nahe am Land war.

Als wir anlegten, kamen die Kranken aus ihren Kojen gekrochen und wollten gern an Land; weil jedoch die See immer heftiger wurde, zögerten wir, die Kranken an Land zu bringen. Wir ließen zuerst das Boot zu Wasser, um zu sehen, wie es dort aussah. Alsbald kamen wir an Land und fanden Kot von Landschildkröten. Wir gelangten zum Schiff zurück. Dort warteten die Kranken schon, um an Land gebracht zu werden, denn sie witterten den festen Boden und sagten: »An Land wären wir schon zur Hälfte gesund.«

Der Kaufmann aber, Heyn Rol, wollte dem in keiner Weise zustimmen. Als Grund gab er an, so nahe an der Insel gebe es unerwartete Tiefen, sodass wir im Boot leicht vom Land wegtreiben und von unseren Leuten im Schiff abkommen könnten. Aber das Schiffsvolk bestand darauf und flehte mich mit gefalteten Händen an, ich möchte es doch an Land bringen, sodass ich mich endlich erweichen ließ und zustimmte. Ich ging zum Kaufmann Heyn Rol und bat ihn um seine Zustimmung. Er gab zur Antwort: »Nein, in keiner Weise.« Da sprach ich zu ihm: »So nehme ich’s denn auf mich, ich werde sie an Land bringen.« – Ich lief zu den Leuten hinauf und sagte: »Kommt, Männer, helft euch gegenseitig ins Boot; ich werde euch an Land bringen.« Da halfen die Maats den Kranken hinein ins Boot; ich ließ ihnen ein Segeltuch geben, um ein Zelt aufzuschlagen. Auch Öl und Essig bekamen sie nebst weiterem Essbarem. Dazu hieß ich einige Köche mitgehen, die für die Kranken kochen und sie betreuen sollten, und fuhr dann stracks mit ihnen an Land.

Dort angekommen, krochen sie zueinander ins Gras und sagten: »Wir fühlen uns schon besser.« Und da wir uns umblickten, fanden wir in den Bäumen eine große Menge Tauben, von jenen blauen Feldtauben. Sie ließen sich mit Händen greifen und mit Holzstäbchen und Rohrstöcken totschlagen, ohne dass es ihnen einfiel, davonzufliegen. Wir erschlugen an jenem Tag bald ihrer zweihundert, gingen damit ans Feuer und machten uns ans Kochen und Schmoren für die Kranken wie für die Gesunden. Wir fanden auch eine Unmenge von Landschildkröten und kochten sie mitsamt Trockenpflaumen, von denen wir aus Holland genügend mitgebracht hatten.

Endlich fuhr ich wieder an Bord, die Kranken, etwa vierzig an der Zahl, in der Obhut der Köche an Land zurücklassend.

An Bord vereinbarten wir, da das Schiff an einer arg gefährlichen Stelle lag, dass ich nachts mit dem bemannten Boot von Bord fahren und das Ufer entlangsegeln sollte, um nachzusehen, ob wir keinen besseren Ankerplatz würden finden können. Also segelte ich mit dem Boot die Küste entlang und fand eine schöne Sandbucht, das Schiff darin zu bergen, etwa fünf Meilen von der Stelle entfernt, an der es jetzt lag.

Wir fuhren in die Bucht hinein und gingen an Land. Dort fanden wir ein großes Binnengewässer, aber nicht ganz frisch, und das kam, so meinten wir, daher, weil es nicht weiter als drei Schiffslängen vom Strand entfernt war, weshalb das salzige Meerwasser durch den Sand in das Gewässer einsickerte und Brackwasser daraus machte.

Als wir tiefer in das Land eindrangen, fanden wir eine Fülle von Gänsen, Tauben, grauen Papageien und sonstigem Geflügel, auch eine Menge Landschildkröten. Wir sahen wohl 20 bis 25 auf einem Haufen im Schatten eines Baumes sitzen und konnten so viele von ihnen fangen, wie wir begehrten. Die Gänse waren nicht klug genug aufzufliegen, wenn wir ihnen nachliefen; wir erschlugen sie mit Knüppeln, ohne dass sie davonflogen. Da waren auch einige Zwergsteißfüße, die kleine Flügel hatten und nicht fliegen konnten. Sie waren so fett, dass sie kaum gehen konnten, denn beim Laufen schleifte ihr Steiß über die Erde.

Was aber am erstaunlichsten war: Wenn wir einen von den Papageien oder von anderem Geflügel gefangen hatten und ihn etwas kniffen, dass er kreischte, kamen alle die anderen, die in der Nähe waren, dorthin, wie wenn sie ihn befreien wollten, und ließen sich ebenfalls greifen. Wir bekamen deshalb reichlich von dem Federvieh zu essen. Nachdem wir dies gesehen hatten, kehrten wir wiederum mit dem Boot zum Schiff zurück, das, wie gesagt, etwa fünf Meilen vom Land entfernt lag. An Bord erzählten wir, wie es uns ergangen war und wie wir da in einer Sandbucht eine gute Reede und guten Ankergrund gefunden hatten, um das Schiff in Sicherheit zu bringen. Hierüber waren sie allesamt hoch erfreut; wir fuhren von Neuem aus mit dem Boot und berichteten unseren Leuten, die wir dem Schiff gegenüber an Land gesetzt hatten, dass wir mit dem Schiff fünf Meilen weit fortsegeln und uns später wieder zu ihnen gesellen würden. Sie waren damit wohl zufrieden.

An Bord zurückgekehrt, lichteten wir unsere Anker, segelten los, setzten unser Schiff in der vorerwähnten Sandbucht auf 35 Faden und vertäuten es fest, indem wir es mit je einem Anker vorn und achtern sicherten. Wir ließen dann fast die ganze Mannschaft an Land, um zu sammeln, was zu bekommen war. Weiter ordneten wir an, dass acht Mann in dem Binnengewässer, von dem berichtet wurde, fischen sollten, um für das Schiffsvolk eine Mahlzeit zu fangen. Sie machten sich an die Arbeit und fingen schöne Fische, nämlich Meeräschen und noch andere Fische, manche so groß wie Lachse, die delikat und fett waren.

Andere fanden frisches Wasser, und zwar ein Flüsschen, das vom Gebirge dem Strand zu herunterrann, an beiden Ufern gar zierlich mit Bäumchen bestanden, unter denen das Wasser floss, so klar wie Kristall. Wir brachten daher alle unsere Fässer an Land und füllten sie aus diesem Flüsschen und ließen sie stehen bis zu unserer Abreise, da wir sie an Bord bringen wollten.

Hier an diesem Gewässer fanden wir auch eine Tafel, auf der mit geschnitzten Lettern geschrieben stand, dass der Kommandeur Adriaen Maertszoon Block dort gewesen sei mit einer Flotte von dreizehn Segeln. Er hatte an dieser Stelle etliche Schaluppen verloren mitsamt einigen von seinen Maats, dadurch, dass die Schaluppen bei der Landung zerschellt waren, wobei einige Maats ertranken. Während der Zeit, in der wir dort lagen, gab es niemals so hohe See.

Auf dieser vorerwähnten Insel de Maskarinas wohnt keinerlei Volk. Unsere Leute liefen meist kreuz und quer über die ganze Insel und sammelten überall. Sie nährten sich von Geflügel und Fischen. Sie verstanden es gut, die Vögel an hölzernen Spießen zu braten, und nahmen Schmalz aus den Schildkröten. Damit begossen sie die Vögel, während sie sie brieten, wodurch diese so delikat wurden, dass es eine Lust war, davon zu essen. Zudem fanden sie ein fließendes...

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