Bevor näher auf die Abgrenzung des Begriffs Pop-Up-Store eingegangen werden kann, müssen zunächst du Begriffe Marketing und Guerilla Marketing näher definiert werden, da diese die Grundlagen zur Definition des Phänomens Pop-Up-Store darstellen.
Der Begriff Marketing umschreibt im Handelsbereich laut Levinson jegliche Form von Kontakt, den ein Unternehmen zur Außenwelt hat.[27] Dabei hat sich „die dominant kundenorientierte Perspektive [in den letzten Jahren] zugunsten weiterer Anspruchsgruppen des Unternehmens (z.B. Mitarbeiter, Anteilseigner, Staat, Umwelt) erweitert.“[28] Die heutzutage gängige Auffassung des Begriffs Marketing stellt die Gestaltung sämtlicher Austauschprozesse des Unternehmens mit den bestehenden Bezugsgruppen in den Mittelpunkt der Betrachtung“[29] und umfasst sowohl das erweiterte Verständnis der Absatzfunktion eines Unternehmens als auch die marktorientierte Unternehmensführung an sich.[30] Zu diesen Zwecken bedienen sich Unternehmen verschiedener Hilfsmittel, welche Teil ihrer Marketing-Strategie sind und auch als Marketing-Mix bezeichnet werden. Der Marketing-Mix kann also als die Kombination und das Zusammenwirken verschiedener absatzpolitischer Instrumente definiert werden.[31] Diese Instrumente können sowohl im klassischen offline Bereich stattfinden, beispielsweise in Form von Plakatwerbung, als auch online. Das Online Marketing, welches vor allem in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat, umfasst verschiedene Kanäle, über welche Konsumenten im World Wide Web erreicht werden können. Zu diesen zählen unter anderem E-Mail Marketing, Search Engine Marketing (SEM)[32], Search Engine Optimization (SEO)[33], Social Media Marketing[34] und Affiliate Marketing[35]. Der Offline Marketing Bereich hingegen beinhaltet neben anderen Formaten Printwerbung, TV- und Radio Werbung, mobile und statische Außenwerbung und Briefwerbung. Jedoch gibt es auch Marketingformen, welche die Bereiche des Offline und Online Marketings miteinander verbinden können. Diese werden auch als Cross-Channel- Marketing[36] bezeichnet. Eine dieser umfassenden Marketingformen ist das Guerilla Marketing.
Der Begriff Guerilla (Spanisch für Kleinkrieg) kommt ursprünglich aus dem Kriegs-Jargon und bezeichnete untypische Praktiken, die im Hinterland des Gegners durchgeführt werden.[37] Das Guerilla Marketing ist eine moderne Unterkategorie des Marketings und beschreibt entsprechend ungewöhnliche Marketing-Aktivitäten, welche mit geringem Ressourceneinsatz eine große Wirkung erzielen sollen.
Geprägt wurde der Begriff durch Jay Conrad Levinson, welcher im Jahre 1982 das Buch „Guerilla Marketing“ veröffentlichte. Darin beschreibt er Guerilla Marketing als „unconventional ways of doing Marketing.“[38] Diese umfassen laut Wagner Martins, dem Head of Planning der brasilianischen Guerilla Marketingagentur Espalhe, zum Großteil die Kommunikations-Ressourcen von Unternehmen, welche durch „Word-of-Mouth“-Effekte[39] und weitere kommunikationspolitische Instrumente einen möglichst großen Guerilla-Effekt erreichen sollen.[40] Dabei bezeichnet der Guerilla-Effekt das Verhältnis zwischen Marketingkosten und -nutzen, wobei geringe Kosten in Kombination mit hohe Nutzen den größten Guerilla-Effekt erzielen. Laut Drees und Jäckel sind alle Kommunikations-Instrumente, welchen sich das Guerilla Marketing bedient, in die drei Kategorien Offline Guerilla, Online Guerilla und Low Budget Marketing[41] einzuteilen. Dabei beschreibt das Offline Guerilla den Prozess, in dem die Werbung direkt auf ihre Zielgruppe zugeht und durch ungewöhnliche Werbeaktionen für überraschungseffekte sorgt. Online Guerilla befasst sich hingegen mit viralen Marketing-Effekten, bei denen sich Botschaften wie ein viraler Virus über Mund zu Mund Propaganda verbreiten. Die dritte und letzte Kategorie, das Low Budget Marketing, ist geeignet, um neue, kreative Ideen mit einem geringen Budget umzusetzen und daher vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen interessant. Demnach ist der Pop-Up-Store ein Teil des Guerilla Marketings, da er die Aspekte der direkten Ansprache der Zielgruppe, der Mund zu Mund Propaganda, des Überraschungsmoments und des geringem Budgets zu seiner Umsetzung vereint.[42]
Aufgrund der Neuheit des Phänomens Pop-Up-Store gibt es trotz seiner zunehmenden Relevanz in der internationalen Marketingpraxis bisher keine einheitliche Begriffsbestimmung.[43] Im Folgenden wird daher ein Überblick über die verschiedenen, aktuell existierenden Definitionsansätze gegeben und diese werden miteinander verglichen, um eine eigene, umfassende Definition zu erarbeiten, welche vorliegender Arbeit als Grundlage dient.
Laut Kim ist ein Pop-Up-Store ein vorläufiger und kurzzeitiger Verkaufsort, der rasch auftaucht und wieder schließt.[44] Surchi zufolge ist Improvisation eine Konsequenz dieser Kurzlebigkeit.[45] Thompson beschreibt den Pop-Up-Store als vorübergehende Niederlassung einer Marke in einem leerstehenden Raum mit zeitlicher Begrenzung durch klare Start- und Endtermine ohne das Ziel der Permanenz, leicht zu demontieren und auf gewisse Weise besonders oder exklusiv.[46] Ergänzt wird diese Definition von Russo-Spena durch die Funktion des Pop-Up-Stores als interaktive Bezugsplattform.[47] Laut diesem ist ein PopUp-Store „a new experiential Marketing format based on surprise and exclusivity; it is intended to engage consumers.“[48] Schließlich stellen Marchetti und Quinz noch die Bedeutung des Pop-Up-Stores als Kunstwerk heraus, während Gentry die „dreidimensionale Markeninszenierung in den Mittelpunkt ihres Definitionsansatzes“[49] stellt.
Die verschiedenen Definitionsansätze des Pop-Up-Stores spiegeln auch verschiedene Wirkungsabsichten und Ziele des Stores wider. Während Duncan den Pop-Up-Store „als operatives Instrument sowohl der Vertriebsstrategie als auch der Public Relations begreift“, welches Besucherfrequenz und mediales Interesse generieren soll und auch darauf abzielt, neue Zielgruppen für die Marke zu erschließen, fungiert der Pop-Up-Store nach Miller „primär als Markteintrittsinstrument, das ermöglicht, neue Marken und Märkte zu testen, ohne dabei das Risiko einer bedeutsamen finanziellen Investition eingehen zu müssen.“[50] Andere Autoren wiederum betonen die langfristigen, strategischen Ziele von Pop-Up-Stores zur Stärkung von PR, Kommunikation und dem Wert der Marke an sich auch über die eigentliche Dauer des Pop-Up-Stores hinaus .[51] „In diesem Zusammenhang spielen die Inszenierung von interaktiven Begegnungen zwischen Marke und Konsument im Raum eine ebenso bedeutsame Rolle wie die Generierung einer maximalen Medienresonanz.“[52] Da diese verschiedenen Definitionsansätze mitunter sehr verschiedene Aspekte beinhalten, soll im Folgenden eine eigene Definition des Pop-Up-Stores entwickelt werden. Diese Definition wird auch als Grundlage für die weiteren Untersuchungen dieser Arbeit dienen:
Ein Pop-Up-Store (engl, to pop up ="<"/span> plötzlich auftauchen) ist die kurzzeitige, temporär begrenzte Darstellung einer Marke an einem bestimmten Standort unter dem Einsatz interaktiver und erlebnisorientierter Marketinginstrumente. Pop-Up-Stores sind Teil des Guerilla Marketings und haben meist das primäre Ziel, den Wert der Marke und ihr Image zu stärken. Dazu nutzen Pop-Up-Stores dreidimensionale Marketingelemente und virale Marketing-Techniken und erzeugen so bei den Besuchern das Gefühl von Exklusivität und Besonderheit.
Neben der Definition des Pop-Up-Stores ist es auch wichtig, eine Begriffsabgrenzung vorzunehmen, um seine Besonderheiten hervorzuheben und Überscheidungen zu anderen Marketingkonzepten darzustellen.
Folgende Tabelle zeigt daher den Pop-Up-Store im Vergleich mit anderen Konzepten des Guerilla- und Erlebnismarketings, welche Ähnlichkeiten zum Konzept des Pop-Up-Stores aufweisen. Diese sind dabei in die Ebenen Produktebene und Handelsebene aufgeteilt, während der Pop-Up-Store Ebenen-Übergreifend betrachtet wird. Durch diesen Vergleich werden neben der Begriffsabgrenzung auch wertvolle Erkenntnisse zur späteren Erstellung des Erfolgsfaktorenmodells geliefert.
Abbildung 1 : Begriffsabgrenzung Pop-Up-Store
Vorliegende Tabelle zeigt die verschiedenen Marketingkonzepte, welche mit dem Pop-Up-Store am nächsten verwandt sind. Dazu sind diese in verschiedene Ebenen unterteilt, welche wiederum einzelne Konzepte beinhalten. Zur Abgrenzung der verschiedenen Formate voneinander wurden acht Definitionsmerkmale herausgearbeitet, anhand welcher die relevantesten Unterscheidungspunkte zu erkennen sind. Die Definitionsmerkmale selbst sind in den drei Kategorien Handel, Beschränkendes Element und Primäre Ziele angeordnet. Dabei umfasst die Kategorie Handel die Merkmale Verkauf im Laden, was bedeutet, dass der Verkauf von Produkten im stationären Handel stattfindet, Online Verkauf und Shop-Design, ein...