Die für den folgenden Verlauf gültigen Definitionen und Grundauffassungen des Guerilla Marketings sind nun festgelegt und es wurde eine Einordnung in den allgemein gültigen Marketing-Mix vorgenommen. Im Folgenden werden die verschiedenen Guerilla Marketing-Instrumente aufgeführt und mit Praxisbeispielen belegt. Außerdem wird auf die Guerilla-PR Bezug genommen.
Laut Hutter und Hoffmann lassen sich die verschiedenen Instrumente in drei zentrale Wirkprinzipien einteilen. Die so genannten Moskito- und Ambush-Marketingansätze bedienen sich der Methode des Trittbrettfahrers, wohingegen Ambient- und Sensation Marketing das Lebensumfeldprinzip nutzen.
Zuletzt wird noch das Empfehlungsprinzip aufgeführt, worunter das Virale- und Buzz Marketing fallen.[30] Die nachfolgende Grafik veranschaulicht zusammenfassend noch einmal die drei Wirkprinzipien und die daraus resultierenden Instrumente.
Abbildung 3: Guerilla Marketing-Instrumente in Anlehnung an Hutter/Hoffmann, 2013: 24.
Einige dieser Instrumente werden in der Literatur auch als eigenständige Marketingform angesehen, wie z.B. das Virale Marketing. In dieser Arbeit sollen jedoch alle aufgeführten Instrumente unter die Kategorie und Philosophie des Guerilla Marketings fallen.
Das Prinzip des Trittbrettfahrers basiert darauf, dass die Schwächen der konkurrierenden Wettbewerber ausgenutzt werden, um Aufmerksamkeit auf deren Kosten zu erzielen. Diese Methode bedient sich eines verhältnismäßig geringen Budgets und wird von dem Moskito- und Ambush Marketing ausgeübt, welche im Folgenden näher erläutert werden.[31]
Kleine- und mittelständische Unternehmen versuchen oftmals vom Moskito Marketing Gebrauch zu machen, um stärkere, sowie größere Marktteilnehmer auszunutzen. Durch eine flexible Unternehmensstruktur probieren sie, direkt die Schwachstellen der Mitbewerber anzugreifen und die entsprechende Nische zu besetzen.[32]
Abbildung 4: Abgepackte Wurst ist für'n Arsch - Guerilla Marketing-Kampagne (Pinterest, 2016).
Ein Bio-Schlachter aus Hamburg versuchte z.B. mit seinen frischen, handgemachten Qualitätsprodukten die industriell hergestellten Wurstwaren vom Discounter bloßzustellen, indem er ein provokantes Plakat designte. (vgl. Abb. 4) Durch diese Aktion konnte der Kleinunternehmer nicht nur für Unterhaltung sorgen, sondern auch Kunden für sich gewinnen.[33]
Das nächste Beispiel zeigt, dass Guerilla Marketing sich oftmals auch in der sogenannten Grauzone befinden kann und durch teilweise illegale Aktivitäten mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Die Drogeriekette Müller nahm z.B. 2014 nicht nur die eigenen Rabatt-Coupons an, sondern auch die der Konkurrenten wie Rossmann, Douglas und DM, um den eigenen Profit zu steigern. Diese Aktion stieß auf negative Resonanz seitens der Konkurrenz und es wurden rechtliche Schritte eingeleitet, jedoch ohne Erfolg. Der vorsitzende Handelsrichter bezeichnete diese Werbemaßnahme als ‚extrem ungern’ gesehen, stellte jedoch fest, dass er keine Irreführung der Kunden wahrnehmen konnte oder eine beabsichtigte Behinderung der konkurrierenden Unternehmen feststellen konnte.[34]
Zum Trittbrettfahrerprinzip gehört ebenfalls das Ambush Marketing. „Ambush“ kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „der Hinterhalt“ oder aber auch „Angriff aus dem Hinterhalt“.[35] Hierbei nutzen Unternehmen öffentlichkeitswirksame Events und Großveranstaltungen für die eigenen Werbezwecke, ohne dabei finanzieller oder offizieller Sponsor zu sein.[36] Aus diesen Gründen wird das Ambush Marketing auch gern als Schmarotzermarketing betitelt.[37]
Besonders gut eignen sich z.B. internationale Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele oder Welt- und Europameisterschaften, da diese großen Ereignisse eine optimale Möglichkeit bieten, das eigene Unternehmen durch mediale Aufmerksamkeit zu vermarkten und teure Lizenzen zu umgehen.[38]
Abbildung 5: These Are Not Tennis Balls! - Guerilla Marketing-Kampagne (Pinterest, 2016).
Der Kartoffelchips-Hersteller Pringles bediente sich z.B. des Ambush Marketings, indem das Unter-nehmen das Wimbledon Tennisturnier 2009 zu eigenen Werbezwecken gebrauchte. Das Unter-nehmen nutzte die Ähnlichkeit der Verpackungsform der Pringels zu der Verpackungsform von Tennis-bällen und bedruckte 24.000 Pringles Dosen mit dem Aufdruck: „These Are Not Tennis Balls!“ (Abb. 5). Verteilt wurden diese dann während des Turniers in den Geschäften und vor dem Turniergelände. Ziel des Ambush Marketings war es hier, Exklusiv-Sponsorings zu boykottieren oder die Werbung der eigentlichen Sponsoren absichtlich zu entkräften.[39]
Abbildung 6: Ich will 0,0 Prozent - Guerilla Marketing-Kampagne (meetinx.de, 28.09.2009)
Ein weiteres Beispiel konzipierte das Unternehmen Warsteiner, welches auf eine außergewöhnliche Art für alkohol-freies Bier Wahlkampfplakate nach-ahmte (vgl. Abb. 6). Vermehrt wird hier die hohe Aufmerksamkeit der Wahl benutzt, anstatt die konkur-rierenden Bierhersteller zu schwächen.
Das Ambush Marketing verfolgt zusammenfassend das Ziel, die Bekanntheit zu steigern oder die Konkurrenz zu schwächen, um letzten Endes einen höheren Gewinn zu erwirtschaften.[40] Startups und KMU, welche lokal bzw. regional aufgestellt sind und eine eingeschränkte Zielgruppe ansprechen, können vom Ambush Marketing sehr gut Gebrauch machen, um Aufmerksamkeit für sich und das eigene Produkt zu generieren.[41]
Wie der Begriff ‚Lebensumfeldprinzip’ schon beschreibt, geht es hier um eine Werbeform, die sich im so genannten ‚Out-of-Home’ Bereich befindet.[42] Durch die räumliche Positionierung soll bestmöglich ein Überraschungseffekt ausgelöst werden, um die heutzutage begrenzte Aufmerksamkeit zu erzielen.[43]
Beim Ambient Marketing wird die Zielgruppe im direkten Umfeld mit der Werbe-maßnahme angesprochen.[44] Da an diesen entsprechenden Orten zumeist nicht damit gerechnet wird wie z.B. in Clubs, Schulen, Bars etc., nehmen die Konsumenten diese Aktionen überwiegend als „[...]Unterhaltung, Spaß und Entertainment wahr, die auffällt, ,in’ ist und als Bestandteil ihres Lebensumfeldes platziert wird.“[45] Die Zielgruppe sind hierfür vorwiegend junge, mobile und unternehmungslustige Menschen, die nur noch schwer für klassische Werbung zu begeistern sind und diese Werbemaßnahme mit Witz und Humor nehmen.[46] Die Besonderheit dieser Außenwerbung ist, dass sie planbar und auch wiederholbar ist.[47]
Abbildung 7: Big Pilot's Watch - Guerilla Marketing-Kampagne (Lum, 23.03.2010).
Ein passendes Beispiel hierfür lieferte der Uhrenhersteller IWC. Durch Handschlaufen in Berliner Bussen mit den bedruckten Bildern der „Big Pilot’s Watch“ hatten die Passanten den Eindruck, das neuste Modell von IWC am Handgelenk zu tragen. Diese originelle und überraschende Kampagne der Armbanduhr erregte weltweit aufsehen.[48]
Das Sensation Marketing und das Ambient Marketing sind sich grundsätzlich sehr ähnlich, unterscheiden sich jedoch in dem Punkt, dass Sensation Marketing-Aktionen selten messbar und auch meistens einmalig sind.[49] Es zeichnet sich durch überraschende Inszenierungen auf öffentlichen Plätzen aus.[50] Diese öffentlichen Plätze können entweder sehr beliebt, für die Zielgruppe von Bedeutung oder für die Medien besonders reizvoll sein.[51] Die ausgefallenen, schockierenden oder überraschenden Werbemaßnahmen sollten einen hohen Unterhaltungsfaktor aufweisen, damit die Passanten einen Wow-Effekt verspüren. [52][53]Die Medien- und Presseunterstützung ist bei dieser Werbemaßnahme unumgänglich, da meistens nur eine überschaubare Anzahl von Rezipienten vor Ort die Guerilla...