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E-Book

Kein Tee mit Mugabe

Mit dem Rucksack durch das südliche Afrika

AutorAntje Waldschmidt
Verlagedition oberkassel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl287 Seiten
ISBN9783958131743
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Was verbindet den rüpelhaften Südafrikaner Jan, die männerfixierte Niederländerin Gimenne, den baggernden Mosambikaner Romeo, den romantischen Johannes aus Simbabwe und den verrückten US-Sambier George? Sie alle sind Teil einer wundervollen Reise durch das südliche Afrika. Die einprägsamen Begegnungen, kleinen Anekdoten und Missgeschicke werden humorvoll erzählt. Dabei bedient sich die Autorin typischer Klischees, mit denen afrikanische Länder südlich der Sahara häufig behaftet sind und bricht sie ironisch. Gleichzeitig gibt sie einen authentischen Bericht ihrer Reise, um den Leser auf unterhaltsame Weise mit den Besonderheiten der einzelnen Regionen vertraut zu machen.

Antje Waldschmidt studierte Sozialwissenschaften in Barcelona, Berlin und Stellenbosch. Sie widmet sich derzeit dem Journalismus. Zwar gebürtige Berlinerin, sieht sie den Fernsehturm jedoch nur selten. Am liebsten bereist sie mit Rucksack und Notizbuch die Welt, stets offen für inspirierende Begegnungen und Geschichten - aber auch dafür neue Perspektiven einzunehmen und Erlebtes kritisch zu hinterfragen. Wenn sie sich nicht gerade auf einer einsamen Insel, den Bergen oder im Dschungel verliert, lebt sie mit ihrem Hund bei ihrer Familie am grünen Rand von Berlin.

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Leseprobe

Die goldene Stadt: Jozi, Joburg - oder einfach nur Johannesburg!


Johannesburg! Ich war angekommen. Angekommen in der größten Stadt Südafrikas, dem Finanz- und Businesscenter des Landes; hier spielte sich das Leben ab! Ob im legendä­ren, sehr vielseitigen Soweto, in den exklusiven teuren Shoppingmalls Sandtons oder im berüchtigten Hilbrow: Ich hatte mein Ziel erreicht. Johannesburg! Der Anfang vom Ende. Es war das Ende meines diesjährigen Südafrika-Aufenthaltes, mit sechs Monaten Studium in Kapstadt; Es war der Anfang meiner dreiwöchigen Reise durch das südliche Afrika. Diese Reise startete nun im goldenen Johannesburg, einer Metropole, die vor vielen Jahren aus dem Nichts entstanden war; an einem Ort, an dem wohl nie eine Stadt dieser Dimension hätte entstehen sollen. Eine Stadt, die sich mittlerweile zu einem Knotenpunkt und einer internationalen Anlaufstelle für Weiterflüge und Großkonferenzen entwickelt hat. Mir persönlich erschien das kommerzielle Herz Südafrikas jedoch deplatziert! Schließlich ist Johannesburg eine der wenigen Millionenstädte unserer Erde ohne direkten Wasserzugang, die in kürzester Zeit zur Metropole mutiert ist – und das für mittlerweile knapp 4,5 Millionen Menschen! Doch wenn Joburg schon kein Wasser zu bieten hat, so bot die Stadt über lange Zeit zumindest eines en masse: Gold!

Jenes edle Metall, das zu früheren Höchst- und Glanzzeiten der afrikanischen Großstadt tonnenweise in den Bergwerken abgebaut wurde, und der Stadt und ihren Bewohnern zu großem Reichtum verhalf. Nun ja, zumindest den wenigen Stadtbewohnern, die sich den Goldrausch zunutze gemacht hatten, während der Großteil der Minenarbeiter, trotz Dreck und erhöhtem Risiko, ein Leben am Existenzminimum ertrugen; und auch weiterhin ertragen müssen. So waren die Massendemos und Streiks der letzten Monate und Jahre in den südafrikanischen Minen auch für mich keine Unbekannten der Tagesschlagzeilen mehr. Ebenso wenig wie die hitzigen Diskussionen der Verstaatlichung des einst lukrativen Business’. Doch mittlerweile war es wieder etwas ruhiger um die Thematik geworden - vorerst zumindest. Jozi oder Joburg, wie es liebevoll von den herzigen Joburgern genannt wurde, hatte jedoch noch nie das Herz meiner Wenigkeit erwärmt. Das Einzige, was mich in dieser Stadt je fasziniert hatte, war das Apartheidmuseum, das ich bis heute als eines der besten und modernsten Museen der Welt betrachte. Zweimal hatte ich es bereits besucht und mich Mandela und all den anderen Anti–Apartheidkämpfern so nah und verbunden, wie nie zuvor gefühlt. Doch diesmal hatte ich keine Zeit für diesen Besuch, denn ich war nur auf der Durchreise, in der mir ungeliebten Stadt.

Das Apartheid Museum in Johannesburg. Absolut empfehlenswert – beeindruckend, aufwühlend und mit einer gelungenen Museumsarchitektur.

Auch hier in Südafrika war es der altbekannte und allerorts verbreitete Wettstreit der Metropolen. Ob nun Berlin oder München, Paris oder Marseille, so waren es hier eben Kapstadt und Johannesburg, die sich gegeneinander profilierten. Und warum verstecken und nicht offen zeigen? Ich gehörte offiziell der Fraktion nördlich vom Kap an! Wie wohl die meisten der Europäer, die langsam aber sicher immer mehr die Stadt einnehmen und die Mietpreise am Kap rapide in die Höhe schießen lassen. Mein geliebtes und mittlerweile recht teures Kapstadt ist bei den Joburgern jedoch als Slaapstad, auch »Schlafstadt« verrufen. Vielleicht ist das sogar verständlich, denn in dieser Stadt geht es vergleichsweise gemächlich zu. Das Leben spielt sich viel im Freien ab – an den wunderschönen Stränden Cliftons, Camps Bay’s oder der »südafrikanischen Riviera« Llandudno, im verschlafenen Simons Town, im tiefenentspannten Fischerdörfchen Hout Bay, im Hippiedorf Kalk Bay, um die traumhaften Kuppen des Tafelbergs oder den umliegenden, romantischen Weinfarmen von Stellenbosch und Franschhoek.

Nach fast zwei Jahren in dieser Stadt und mehr als sieben Besuchen, sah ich mich natürlich als »gebürtige Capetownierin« bereit, die Heimat zu verteidigen, komme was da wolle! Zu verteidigen gegen das feindliche, schnelllebige und gefährliche Joburg, wo man seine Freizeit am liebsten in den Gemäuern einer großen Shoppingmall verbrachte oder einem schicken Vorort, wenn man sich am Wochenende nicht in einer der coolen Shebeens* mit selbstgebrautem Ingwerbier die Seele reintrank.

Willkommen in meiner Welt! Da waren sie die altbekannten Klischees und Stereotype! Ich hatte sie selbstverständlich übernommen. Aber nun, bei meinem vierten Besuch in dieser großen afrikanischen Stadt, sollte ich eines Besseren belehrt werden. Wie immer wollte ich nur kurz bleiben, denn meine dreiwöchige Reise durch das südliche Afrika stand an. Meine wohlverdienten Ferien, wie auch in den letzten Jahren. So hatte ich mich – trotz meiner mich seit Jahren plagenden Flugangst, die sich bei einem Vielflieger wie mir bestens auszahlt – erstmalig gegen die fast zwanzigstündige Fahrt im Intercape-Bus entschieden. Meine Zeit war begrenzt, meine Mission groß! Daher hatte ich nach sechs wundervollen, wie immer viel zu schnell vergangenen Monaten in Kapstadt, einen Flug mit South African Airways gebucht.

Und da saß ich nun, eingeklemmt zwischen zwei äußerst korpulenten Herren, in der ersten Reihe der Maschine. Der freundliche Steward trat näher und fragte mich nach meinem Essenswunsch: »Chicken or Beef«, waren seine beiden mir gebotenen Optionen.

Ich entgegnete entschlossen, aber freundlich: »Fish«, um ihm schonend beizubringen, dass ich kein Fleisch essen würde. Stirnrunzeln. Doch daraus machte ich mir nichts mehr.

Als Pescatarian, wie sich die Variante der fleischlosen, jedoch nicht auf Fisch verzichtenden »Vegetarier« betitelt, hatte ich es nicht immer leicht gehabt in einer »Fleischnation« wie der südafrikanischen. Die Südafrikaner lieben ihr Huhn und Rind, manchmal auch Ziege oder Esel, wenn Letztere auch weiter hinten in der Favoritenkette kommen. Jeder, der sich mehr als den Miliepap, den traditionellen Brei aus Maismehl leisten kann, der isst zu diesem ein Stück Fleisch dazu.

Die Mehrzahl der schwarzen Familien, sofern wir die Wohlhabenden, insbesondere die »Black Diamonds«* ausschließen, können sich diesen Luxus allerdings höchstens einmal pro Woche leisten. Doch zum Glück gibt es ja KFC! Die langen Schlangen vor Südafrikas Kentucky Fried Chicken, der mit Sicherheit das Monopol am Verkauf von fettig-frittiertem Hähnchenallerlei innehat, sind die unschlagbare »Nummer 1« bei dem Großteil der schwarzen, Hühnchen liebenden Südafrikaner.

Freundlich hielt mir der Steward nun eine Portion »Chicken« hin. Ich hatte es gewusst. Weißes Fleisch ist eben nicht gleich rotes Fleisch! Noch besser: In Südafrika ist weißes Fleisch für viele gar kein Fleisch. Und wer in Südafrika kein Fleisch isst – sollte es denn noch mehr Sonderlinge meiner Sorte geben – der isst zumindest Hühnchen! Ich zögerte.

Der Steward, ein groß gewachsener Mittzwanziger mit einem wundervoll schimmernden Teint, setzte ein breites, wenn auch verdutztes Lächeln auf. Charmeur! Mit dieser Profes­sionalität hätte er wahrlich versuchen können, mir alles oder nichts zu verkaufen! Sein breites Lächeln, was eine gradlinige Reihe sehr weißer Beißerchen zum Vorschein brachte, war durchaus überzeugend. Aber nach mehr als fünfzehn fleischlosen Jahren reichte auch dieser Charme nicht aus, um mir ein Hähnchen unterzujubeln!

»Nein, tut mir leid, aber ich esse kein Fleisch«, seufzte ich nun, um meiner tiefgründigen, wohl reflektierten Entscheidung zusätzlich die Schwermut anmerken zu lassen.

»Nein, das ist kein Fleisch, das ist Hühnchen«, entgegnete er hartnäckig. Anscheinend noch immer davon überzeugt, dass es sich um ein Missverständnis meinerseits handeln müsste. Die anderen Passagiere räusperten sich bereits mehrfach. Wohl um ihren Unmut darüber kundzutun, dass ihnen das kleine Intermezzo mit der hageren, Fleisch verachtenden Dame in der ersten Reihe missfiel. Nun setzte ich mein breitestes Lächeln auf und teilte meinem Charmeur mit der perfekten Zahnreihe sehr bestimmt mit, dass ich auf diesem Flug nicht vorhatte, etwas anderes zu essen, außer dem überaus kleinen Mini-Salat, den er gerade aus seinem Rollwagen hervorgezogen hatte. Nun seufzte er. Mit einem kurzen Nicken gab er mir den Salat plus fünf Salatdressing-Beutelchen, die allem Anschein nach mein verweigertes Huhn und Rind ersetzen sollten. Dann zog er mit seinem Rollwagen weiter und widmete sich den frommeren Passagieren, die bereits auf ihr geliebtes Hühnchen warteten. Ich atmete auf. Kurz darauf knabberte ich zufrieden meine Handflächen große Salatportion unter den missbilligenden Blicken meiner zwei männlichen Sitznachbarn.

Die zwei hätten vermutlich gerne meine verweigerte Hühnerportion übernommen. Doch das sollte mir egal sein – ich verspeiste nun genüsslich, was eher geschmacklos, doch dafür umso härter erkämpft war. Großes Kino war nach diesem vorhersehbaren Intermezzo nun mal alles, was mir noch geblieben war. Doch als ich das letzte Salatblatt in mich hineingeschoben hatte, da stand der charmante Steward erneut neben mir. Er reichte mir vier weitere Mini-Salatboxen. Sein Lächeln war nun nicht mehr verdutzt, sondern sehr erhaben. Ich bedankte mich höflich und mehrfach für seine Bemühungen – gefühlt für jede einzelne Salatbox gleich dreimal! Wenig später verließ ich die Maschine im mindestens fünf Grad wärmeren Joburg mit folgendem Fazit: »South African Airlines,...

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