Sie sind hier
E-Book

Meditieren - aber wie? (Leben Lernen, Bd. 294)

Krisen in der Meditation überwinden

AutorSylvia Wetzel
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783608110357
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Das Buch zeigt mit vielen Übungen und Überlegungen, wie wir einen, oft mit großen Erwartungen verbundenen, meditativen Weg weitergehen können - auch in Zeiten der Lustlosigkeit, der Enttäuschung, der Langeweile, bei innerem Druck und Desorientierung. Manchmal gehen wir einen meditativen Weg mit Freude und Zuversicht. Und manchmal scheint nichts mehr zu funktionieren. Hindernisse und Krisen gehören zu diesem Weg, denn der Weg verläuft mitten im Leben. Die bekannte langjährige Meditationslehrerin Sylvia Wetzel kennt diese Schwierigkeiten - auch aus der eigenen Erfahrung. Hier geht sie ausführlich auf typische Erwartungen, Hindernisse und Fallen ein und schlägt passende »Heilmittel« und Übungen vor, durch welche die Krisen überwunden werden können. Das Buch gliedert sich in die drei Hauptphasen eines meditativen Weges: dem Anfangen, dem Dranbleiben und dem Erwachsenwerden. Unter diesen Stichworten werden die unterschiedlichen Stolpersteine und die dann passenden Überlegungen und Übungen dargestellt. Sammlung, Einsicht und Hingabe als Annäherungsziele eines meditativen Weges können so im Blick behalten werden. Dieses Buch wendet sich an: - Meditationslehrende - Achtsamkeitslehrende - PsychologInnen und PsychotherapeutInnen - Alle, die an Themen wie Achtsamkeit, Meditation, Psychologie interessiert sind

Sylvia Wetzel, ausgebildete Gymnasiallehrerin, ist seit vielen Jahren hauptberuflich als buddhistische Meditationslehrerin tätig; ihr Schwerpunkt in Lehre und Veröffentlichung ist die Verbindung von westlicher Psychologie und östlicher Spiritualität. Sie lebt auf dem Land bei Berlin und unterrichtet seit über 30 Jahren im deutschsprachigen Raum. >>> Zur Homepage der Autorin

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Einführung


Manchmal gehen wir einen meditativen Weg mit Freude und Zuversicht. Und manchmal scheint nichts mehr zu funktionieren. Doch Hindernisse und Krisen gehören zum Weg, denn der Weg findet mitten im Leben statt, nicht an einem besonderen und heiligen Ort. Welche Hindernisse und Krisen kennen wir? Was hat uns geholfen, sie zu überstehen, ohne zu resignieren oder zu verzweifeln? Ich will in diesem Buch typische Erwartungen, Hindernisse und Fallen auf dem Weg beschreiben und einige Krisen, auch aus eigener Erfahrung. Und ich werde Überlegungen und Übungen vorschlagen, wie wir unseren je eigenen Weg auch in Zeiten der Langeweile und Lustlosigkeit, bei innerem Druck und Enttäuschung, trotz Desorientierung und Zweifel immer wieder finden und gehen können.

Ich möchte Erwartungen, Hindernisse und Schwierigkeiten und die entsprechenden Heilmittel beschreiben, die wir erleben, wenn wir anfangen, dranbleiben und erwachsen werden. Jeder Phase ist einer der drei Teile des Buches gewidmet. Das Motto dieses Buches ist Vielfalt, denn Menschen sind verschieden, und jeder Weg ist anders. Es gibt unterschiedliche Meditationsübungen, und wir stehen auch nicht alle am gleichen Punkt mit unseren meditativen Erfahrungen. Deshalb stelle ich kein lineares Stufenprogramm vor, sondern bespreche unter den drei Stichworten unterschiedliche Ansätze. Ich weise immer wieder darauf hin, dass und wie die gleichen Übungen und Überlegungen in unterschiedlichen Phasen unseres Lebens und Übens Unterschiedliches in uns auslösen können und dann auch ein anderes Vorgehen nahelegen.

Meditative Übungen kann man in drei Gruppen einteilen, je nachdem, was ihr spezielles Ziel und ihre Funktion ist: Sammlung, Einsicht, Hingabe. Konzentrative Übungen fördern die Sammlung, und sie beruhigen und entspannen – für eine kleine Weile. Sie sind das Herz des ersten Teils. Thematische Übungen fördern unsere Einsicht, denn sie sind ein Raum, in dem wir Erfahrungen tiefer verstehen, annehmen und verarbeiten lernen.

Sammlung beruhigt vor allem körperlich, aber auch unsere Gefühle und Gedanken. Verstehen beruhigt noch tiefer, denn wenn wir Erfahrungen in einen größeren Zusammenhang einordnen und ihnen einen Sinn geben können, sind sie leichter anzunehmen und dann auch besser zu verarbeiten. Beide Ansätze haben auch mit Hingabe zu tun, denn ohne ein bisschen Hingabe können wir uns nicht auf eine Sache ausrichten und Sammlung entdecken, und begriffliches Verstehen verwandelt sich erst dann in tiefe Einsicht, wenn wir das, was wir verstanden haben, immer und immer wieder mit Hingabe und Interesse im Herzen bewegen.

Ich möchte hier noch kurz auf eine große Falle und Sackgasse hinweisen: das Pochen auf die Zauberformel der authentischen Erfahrung als Königsweg aus dem Gefängnis des rationalen Denkens, das uns doch nur in alten Gewohnheiten festhält. Dieser angebliche Ausweg ist kein Ausweg, sondern eine Sackgasse, denn wir machen alle genug Erfahrungen. Ob sie unser Herz öffnen und den Geist klären, hängt allerdings sehr von unseren Ansichten und Einstellungen und von unserer Interpretation ab. Es geht nicht darum, nicht mehr zu denken, denn das wäre eine Katastrophe, die unser Überleben gefährdet, sondern darum, unsere Gedanken und Vorstellungen, Erwartungen und Ängste zu bemerken, zu verstehen und zu überprüfen. Und dabei können uns konzentrative und thematische Meditationen unterstützen.

Sammlung und Einsicht tun gut und nehmen Druck aus unserem Leben, aber erst durch Hingabe an das, was größer ist als unser Verstand, entdecken wir eine neue Art von Zuversicht, ein Vertrauen auf die tiefe Weisheit in uns, jenseits von Worten und Begriffen. Thematische Übungen sind das Herz des zweiten Teils, und tiefe Einsicht, Hingabe und Vertrauen das Anliegen des dritten Teils. Ich schlage immer wieder kleine Übungen bzw. konkrete Überlegungen und Fragen vor und gebe dann im letzten Kapitel einen Überblick über alle verwendeten buddhistischen Begriffe und Modelle und Hinweise auf weitere Übungen in meinen Büchern.

Einige Hindernisse betreffen vor allem Anfänger*nnen auf dem Weg, andere Probleme tauchen erst auf, wenn wir schon jahrelang relativ regelmäßig üben, und wieder andere haben damit zu tun, dass man letztlich seinen eigenen Weg finden und spirituell erwachsen werden muss. Wann welche Hindernisse auftauchen, weiß man vorher nie, daher folgt das Buch eher dem Spiralmodell, und ich weise immer wieder auf Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Fragen und Problemen, Überlegungen und Übungen hin.

Ein letzter Punkt: Ich gehe davon aus, dass einige Hindernisse auf dem meditativen Weg individuelle Ursachen haben, die meisten Blockaden halte ich jedoch für kulturell bedingt. Seit der Aufklärung sind Vernunft und Freiheit unser großes Ideal, heutzutage leider meist in der Schrumpfvariante des technischen und linearen Verstandes und des authentischen Ausdrucks aller Gefühle und Bedürfnisse. Bis zur Reformation galten Seelenfrieden und innere Ruhe als höchstes Glück, aber für die postmoderne Gesellschaft sind unaufhörliches Wachstum, Weiterentwicklung und Fortschritt das einzige Ziel. Ruhe, Innehalten oder gar Stillstand sind der große Schrecken unserer Zeit. (Konersmann 2015) Auch aus diesem Grund fällt es den meisten Menschen so schwer innezuhalten. Ohne innezuhalten können wir aber das, was wir mit dieser Unkultur des »immer schneller, weiter, mehr« in uns und in der Gesellschaft anrichten, nicht mehr beurteilen und auch keine neuen Visionen oder Gegenentwürfe zum Bestehenden entwickeln.

Je weniger Sinn wir im Leben finden, desto schneller eilen wir (Viktor Frankl) und desto eher fallen wir zurück auf alte und älteste Muster. Unruhe und Angst, Zeitdruck und Leistungsdenken verwandeln uns in Anhängsel technischer Geräte, die nur noch den reaktiven Modus der Anpassung kennen und nicht mehr wissen, was sie wollen. In diesem Kontext der Unruhe und Unsicherheit halte ich meditatives Innehalten für einen revolutionären Akt. Denn es beruhigt uns durch Sammlungsübungen so weit, dass wir genauer hinschauen können, und dieser klare Blick gibt uns den Mut, neue Wege auszuprobieren, zusammen mit anderen. Innehalten, Beruhigung und ein realistischer Blick auf uns selbst und die Welt schützen uns vor zweierlei Fallen: vor blindem Aktionismus, der immer nur mehr vom Selben produziert, und vor Weltflucht, dem Rückzug in eine private Idylle, meist auf Kosten anderer.

Ich werde mich in diesem Buch daher nicht auf individuelle Tipps beschränken, die uns helfen, unsere spezifischen Hindernisse und Blockaden für die Meditation zu erkennen und zu überwinden, sondern Meditation als revolutionäre Methode interpretieren, die uns Zugang zu einem klaren Blick auf uns selbst und unsere Kultur ermöglicht. Und das brauchen wir, wenn wir, aus Verantwortung für uns und andere, zu einer Welt beitragen wollen, in der unterschiedliche Menschen miteinander auskommen und über die gemeinsame Welt verhandeln wollen und können.

Wir begegnen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, und auch in Deutschland und Europa leben wir zwar alle in der gleichen Kalenderzeit, aber z.T. in unterschiedlichen Kulturzeiten. Das Gros der Menschen in Europa lebt geistig in der Vormoderne, orientiert sich an Sitte und Brauchtum und fühlt sich überfordert von der Globalisierung mit ihrer Betonung von Flexibilität, Mobilität und Universalität. Das scheint mir der Hauptgrund für die heftigen Auseinandersetzungen um Sinn und Zweck und Gestaltung Europas. Wenn wir in einer demokratischen Gesellschaft miteinander auskommen wollen, müssen wir uns durch Sammlung und Einsicht so weit beruhigen, dass wir uns zuhören und respektieren und einigermaßen vertrauen können. Das gilt für uns als Privatpersonen, aber auch für die Menschen, die uns als Politiker*nnen vertreten sollen. Nur mit einer Haltung der relativen Ruhe und Klarheit können wir unser Bestes geben, das jeweils Beste unter den gegebenen inneren und äußeren Bedingungen. Zum eigenen Wohl und dem aller, so weit wie möglich.

Für die Leser*nnen, die sich für buddhistische Konzepte interessieren und die angesprochenen Themen gerne vertiefen wollen, stelle ich im Anhang einige Begriffe und Modelle im Überblick vor und weise auf meine Bücher hin, in denen ich die Themen ausführlicher bespreche, und auf Autor*nnen, die mich bei...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Angewandte Psychologie - Therapie

Lob des sozialen Faulenzens

E-Book Lob des sozialen Faulenzens
Motivation und Leistung beim Lösen komplexer Probleme in sozialen Situationen Format: PDF

Soziales Faulenzen bezeichnet einen Motivationsverlust, der bisher meist als eine negative Folge kollektiven Arbeitens betrachtet wurde. Die vorliegende experimentelle Studie zeigt dagegen, dass im…

Lob des sozialen Faulenzens

E-Book Lob des sozialen Faulenzens
Motivation und Leistung beim Lösen komplexer Probleme in sozialen Situationen Format: PDF

Soziales Faulenzen bezeichnet einen Motivationsverlust, der bisher meist als eine negative Folge kollektiven Arbeitens betrachtet wurde. Die vorliegende experimentelle Studie zeigt dagegen, dass im…

Psychologie 2000

E-Book Psychologie 2000
Format: PDF

Der 42. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bedurfte dank der bedeutungsträchtigen Jahreszahl keines besonderen Mottos – es war der Kongreß "Psychologie…

Psychologie 2000

E-Book Psychologie 2000
Format: PDF

Der 42. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bedurfte dank der bedeutungsträchtigen Jahreszahl keines besonderen Mottos – es war der Kongreß "Psychologie…

Ernährungspsychologie

E-Book Ernährungspsychologie
Eine Einführung Format: PDF

Essen und Trinken beherrschen unser Leben und unser Denken. Die Ernährungswissenschaft erforscht die nutritiven Lebensgrundlagen des Menschen und weiß inzwischen sehr genau, wie sich der…

Ernährungspsychologie

E-Book Ernährungspsychologie
Eine Einführung Format: PDF

Essen und Trinken beherrschen unser Leben und unser Denken. Die Ernährungswissenschaft erforscht die nutritiven Lebensgrundlagen des Menschen und weiß inzwischen sehr genau, wie sich der…

Weitere Zeitschriften

Archiv und Wirtschaft

Archiv und Wirtschaft

"Archiv und Wirtschaft" ist die viermal jährlich erscheinende Verbandszeitschrift der Vereinigung der Wirtschaftsarchivarinnen und Wirtschaftsarchivare e. V. (VdW), in der seit 1967 rund 2.500 ...

BEHINDERTEPÄDAGOGIK

BEHINDERTEPÄDAGOGIK

Für diese Fachzeitschrift arbeiten namhafte Persönlichkeiten aus den verschiedenen Fotschungs-, Lehr- und Praxisbereichen zusammen. Zu ihren Aufgaben gehören Prävention, Früherkennung, ...

caritas

caritas

mitteilungen für die Erzdiözese FreiburgUm Kindern aus armen Familien gute Perspektiven für eine eigenständige Lebensführung zu ermöglichen, muss die Kinderarmut in Deutschland nachhaltig ...

CE-Markt

CE-Markt

CE-Markt ist Pflichtlektüre in der Unterhaltungselektronik-Branche. Die Vermarktung von Home und Mobile Electronics mit den besten Verkaufsargumenten und Verkaufsstrategien gehören ebenso zum ...

DER PRAKTIKER

DER PRAKTIKER

Technische Fachzeitschrift aus der Praxis für die Praxis in allen Bereichen des Handwerks und der Industrie. “der praktiker“ ist die Fachzeitschrift für alle Bereiche der fügetechnischen ...

Deutsche Tennis Zeitung

Deutsche Tennis Zeitung

Die DTZ – Deutsche Tennis Zeitung bietet Informationen aus allen Bereichen der deutschen Tennisszene –sie präsentiert sportliche Highlights, analysiert Entwicklungen und erläutert ...

Die Versicherungspraxis

Die Versicherungspraxis

Behandlung versicherungsrelevanter Themen. Erfahren Sie mehr über den DVS. Der DVS Deutscher Versicherungs-Schutzverband e.V, Bonn, ist der Interessenvertreter der versicherungsnehmenden Wirtschaft. ...