„[T]he attributes of a pricing plan not only change its monetary value but also affect the perceived characteristics of the service.”
(Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012, S. 883).
Dieses Zitat verdeutlicht bereits, welche große Rolle ein Tarif für die Wahrnehmung der damit angebotenen Leistung einnimmt. In vielen Branchen wie der Telekommunikations-, Unterhaltungs-, Luftfahrt- oder Fitnessindustrie werden nahezu identische Dienstleistungen mit verschiedenen Tarifstrukturen angeboten. Diese Dienstleistungen zeichnen sich meist durch eine hohe Nutzungsheterogenität der Konsumenten und einen intensiven Wettbewerb aus, wodurch der Preis zum Kernmerkmal eines Angebots wird (vgl. Essegaier/Gupta/Zhang 2002; Lambrecht et al. 2012). Daraus leitet sich ein Bedarf zur Preisdiskriminierung ab, die häufig in Form von nichtlinearen Tarifen erfolgt (vgl. Bagh/Bhargava 2008; Iyengar/Gupta 2009). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sich der Gesamtpreis nicht proportional zu der Nutzungsmenge eines Angebots verhält (vgl. Wilson 1993, S. 4).
Dabei kann der Einsatz dieser Tarife über verschiedene Unternehmen hinweg unterschiedlich ausfallen. Sogar innerhalb eines Unternehmens kann die Tarifgestaltung im Zeitablauf deutlich variieren, wie das Beispiel des amerikanischen Telekommunikationsunternehmens AT&T WorldNet Service zeigt. AT&T bediente sich zunächst eines zweiteiligen Tarifs, um anschließend unbegrenzten Internetzugang über eine Flatrate anzubieten. Danach kehrte das Unternehmen jedoch zu seiner ursprünglichen Preisstrategie zurück (vgl. Essegaier/Gupta/Zhang 2002, S. 140). Folglich ist die Tarifgestaltung aus Herstellersicht mit großer Unsicherheit verbunden, weshalb Unternehmen häufig unterschiedliche Preisstrategien unter hohem Kosten- und Zeitaufwand testen. Nichtlineare Tarife erfordern dabei besonders genaue Kenntnisse des Konsumentenverhaltens, da eine Interdependenz zwischen dem Tarif und der Nutzung vorliegt (vgl. Iyengar/Jedidi/Kohli 2008; Skiera/Albers 2001).
Aus Konsumentensicht wird die Nachfrage nach einem Gut nicht nur von der Preishöhe, sondern insbesondere auch von der Preisdarstellung beeinflusst. So wurde bereits die Bedeutung von Preisendungen (vgl. Anderson/Simester 2003) oder Zahlungsplänen mit unterschiedlichen Zahlungsintervallen für das Konsumentenverhalten nachgewiesen (vgl. Soman/Gourville 2001). Hinsichtlich partitionierter Preise, d.h. Preise, die in zwei oder mehr Komponenten aufgeteilt sind, bietet sich ein gemischtes Bild: Zum einen können geteilte Preise als niedriger empfunden werden als ein gleich hoher kombinierter Preis, was die Nachfrage der Konsumenten erhöht (vgl. z.B. Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998). Zum anderen lässt sich auch eine negative Auswirkung partitionierter Preise auf die Wahrnehmung und Kaufabsicht beobachten (vgl. z.B. Xia/Monroe 2004). Diese Ergebnisse verdeutlichen die hohe Relevanz der Preisdarstellung für das Konsumentenverhalten.
Daher haben sich Forscher in den letzten Jahren vermehrt auch mit den Verhaltenskonsequenzen von nichtlinearen Tarifen auseinandergesetzt (vgl. z.B. DellaVigna/Malmendier 2006; Iyengar et al. 2011; Lambrecht/Seim/Skiera 2007; Lambrecht/Skiera 2006). Demnach kommt einem nichtlinearen Tarif eine große Bedeutung im Hinblick auf die wahrgenommene Attraktivität eines Angebots zu: „It not only determines the cost to the customer but also alters the perceived characteristics of the service and thus influences customers‘ choice and usage“ (Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012, S. 897). Der Preis übernimmt vor allem dann diese duale Rolle, wenn eine hohe Unsicherheit bezüglich der tatsächlichen Nutzung und der Qualität des Angebots existiert (vgl. Iyengar/Ansari/Gupta 2007).
Eine Situation, in der diese beiden Arten von Unsicherheit besonders hoch ausfallen, liegt dann vor, wenn Konsumenten mit Innovationen konfrontiert werden (vgl. Hoeffler 2003): „All innovations, to some extent, represent uncertainty and pose potential side effects that cannot be anticipated. Customers, aware of the risks, try to postpone adopting an innovation until they can learn more about it“ (Ram/Sheth 1989, S. 8). Konsumenten ziehen in diesem Zusammenhang oftmals den Preis heran, um Rückschlüsse auf die Qualität und die Leistung einer Innovation ziehen zu können (vgl. Hultink/Hart 1998, S. 111; Rao/Monroe 1988; Zeithaml 1988). Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass Unternehmen bei der Preisgestaltung für Innovationen die psychologischen Preiseffekte berücksichtigen sollten, um die Akzeptanz der Konsumenten positiv zu beeinflussen. Denn Innovationen weisen oftmals Flopraten von bis zu 90 % vor (vgl. Markenverband/GfK/Serviceplan 2006; Gourville 2006), wobei die falsche Preissetzung als eine der Hauptursachen gilt (vgl. Henard/Szymanski 2001). So schätzen Marn, Roegner und Zawada (2003, S. 40), dass 80 % - 90 % der Preise von Innovationen zu niedrig ausfallen. Für Unternehmen sind daher Erkenntnisse darüber bedeutsam, wie sich komplexe Preisstrategien wie beispielsweise nichtlineare Tarife auf die kundenseitige Wahrnehmung von Innovationen und die Adoptionsbereitschaft auswirken, um das Floprisiko zu reduzieren.
Bisherige Arbeiten zu der Relevanz des Preises für Innovationen finden sich vor allem in der Forschung zur Neuproduktentwicklung, wo die Preissetzung als essentieller Bestandteil der Markteinführungsstrategie eines neuen Produkts gesehen wird (vgl. z.B. Benedetto 1999; Hultink et al. 1997). Zudem gilt der Preis als ein wichtiger Faktor für den Innovationserfolg (vgl. Henard/Szymanski 2001; Montoya-Weiss/Calantone 1994). Das Preismanagement von Innovationen wird dabei überwiegend als Entscheidung zwischen einer Penetrations- und einer Skimmingstrategie dargestellt (vgl. Noble/Gruca 1999). Jedoch trägt eine Reduzierung der Preisgestaltung von Innovationen auf diese beiden Strategien der Komplexität des Innovationspricings nicht genug Rechnung (vgl. Calantone/Di Benedetto 2007, S. 4). Angesichts des hohen Innovationsrisikos lohnt sich die Betrachtung komplexer Preisstrategien wie zum Beispiel nichtlinearer Tarife, die sich auf die verhaltenswirksame Rolle des Preises stützen. Ihre Auswirkung auf das Konsumentenverhalten wurde in der Forschung bereits vielfach im Rahmen der Tarifwahl, der Tarifnutzung und den daraus folgenden Entscheidungen wie einem Tarifwechsel oder einer Tarifkündigung untersucht (vgl. z.B. Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012; DellaVigna/Malmendier 2006; Iyengar et al. 2011; Lambrecht/Seim/Skiera 2007; Lambrecht/Skiera 2006; Narayanan/Chintagunta/Miravete 2007). Daher liegt die Vermutung nahe, dass nichtlineare Tarife auch eine wichtige Rolle bei der Adoption von Innovationen einnehmen.
In der Adoptionsforschung herrscht allerdings ein deutlicher Mangel an Studien, welche die Preisgestaltung von Innovationen explizit berücksichtigen. Die meisten Arbeiten konzentrieren sich auf die Auswirkungen von produkt-, umwelt- und adopterspezifischen Faktoren auf die Adoption (vgl. z.B. Arts/Frambach/Bijmolt 2011; Holak 1988; Ostlund 1974; Rogers 2003). Dabei wird der Preis meist als ein Teil der Innovationscharakteristika betrachtet. In Diffusionsstudien wurde die Preisgestaltung hingegen bereits als Teil des Marketing-Mix gesehen und in Verbindung mit der Diffusionsgeschwindigkeit gebracht (vgl. z.B. Bass/Krishnan/Jain 1994; Gatignon/Robertson 1985; Jain/Rao 1990; Kalish 1983). Angesichts der Bedeutung der richtigen Preisgestaltung für die Wahrnehmung und Akzeptanz einer Innovation besteht hier jedoch ein deutlicher Bedarf, den Effekt des Preises auf den individuellen Adoptionsprozess genauer zu analysieren.
Aus den vorherigen Erläuterungen lässt sich schließen, dass die Fragestellung, inwiefern sich nichtlineare Tarife auf die Adoption von Innovationen auswirken, sowohl für die Marketingpraxis als auch –forschung von hoher Bedeutung ist. In der Forschung lassen sich drei Bereiche identifizieren, in die sich die vorliegende Untersuchung einordnen lässt.
Zum einen wurde der Einfluss der Preisgestaltung trotz ihrer Bedeutung für die Adoption und den Erfolg einer Innovation noch nicht im Rahmen des Adoptionsprozesses erforscht (vgl. Calantone/Di Benedetto 2007; Henard/Szymanski 2001; Hultink/Hart 1998; Montoya-Weiss/Calantone 1994). Zum anderen wurde in der Forschung zu nichtlinearen Tarifen bisher noch nicht die Auswirkung der Tarife auf den Adoptionsprozess untersucht, obwohl bereits einige Studien die Tarife im Kontext von neuen Dienstleistungen betrachten (vgl. Danaher 2002; Fruchter/Rao 2001; Goettler/Clay 2011; Iyengar et al. 2011). Darüber hinaus werden nichtlineare Tarife bisher ausschließlich im Zusammenhang mit Dienstleistungen untersucht. Eine Betrachtung der Tarife mit greifbaren Produkten wie in der vorliegenden Arbeit existiert noch nicht. Ebenso besteht Forschungsbedarf im Hinblick auf das Innovationspricing, da die Preisgestaltung im Rahmen der Neuprodukteinführung meist auf die Penetrations- und Skimmingstrategie reduziert wird (vgl. Calantone/Di Benedetto 2007; Ingenbleek/Frambach/Verhallen 2013; Noble/Gruca 1999). Allerdings sind die verhaltenswirksamen Konsequenzen von Preisen gerade im Innovationskontext, wo eine hohe Unsicherheit hinsichtlich der neuartigen Leistung besteht, von besonderer Relevanz.
In dieser Arbeit soll daher erörtert werden, inwiefern nichtlineare Tarife die Adoption eines neuartigen Produkts beeinflussen. Die Arbeit leistet einen Beitrag zu der Adoptionsforschung, indem die Tarifgestaltung in Form...