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China verstehen

Vom Aufstieg zur Wirtschaftsmacht und der Eindämmungspolitik der USA

AutorRobert Fitzthum
VerlagPromedia Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783853718650
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Eindrucksvolle Steigerungsraten prägen die chinesische Wirtschaft seit fast 40 Jahren. Gezielte Maßnahmen reduzieren die vorhandene Armut und der Großteil der Bevölkerung steht dem Entwicklungsschub positiv gegenüber, wenn auch Streiks und Proteste darauf hinweisen, dass es viele offene Probleme gibt. Peking setzt durch die Lenkung der Wirtschaft Schwerpunkte im Technologie­bereich und versucht dabei, quantitatives durch qualitatives Wachstum zu ersetzen. Allein die große Bevölkerungszahl macht China bedeutsam. Seine wirtschaftliche Entwicklung hat es zum Gegenpol der USA werden lassen. Gleichzeitig ist es aber weiterhin ein Entwicklungsland, das technologisch und vor allem militärisch weit hinter den USA zurückliegt. Laut dem Autor Robert Fitzthum strebt seine Führung nicht an, die USA als Welthegemon abzulösen, sondern unterstützt im Gegenteil den Aufbau einer multipolaren Weltordnung unter Einbeziehung Europas, Russlands und der Länder des globalen Südens. Die USA fürchten nach dem Zerfall der Sowjetunion dennoch um ihre hegemonial-imperiale Position. Ihre Eliten setzen alles daran, die Entwicklung Chinas und den Aufbau einer multipolaren Weltordnung zu verhindern. Sie zetteln Handelskriege an, stellen die WTO-Regelungen in Frage und blockieren Machtverschiebungen, die in internationalen Organisationen zugunsten des Südens längst fällig wären. Schlimmer noch: China wird auch militärisch zum Feind erklärt, die USA schmieden Militärbündnisse im asiatisch-pazifisch-indischen Raum, verschieben große Teile ihrer Flotte dorthin und fahren gigantische - auch nukleare - Aufrüstungsprogramme, die eine Destabilisierung Chinas zum Ziel haben. Parallel dazu laufen gut geölte antichinesische Desinformationskampagnen, in denen China als Bedrohung und seine nach außen gerichteten Schritte im wirtschaftlichen und politischen Bereich als 'aggressiv' dargestellt werden. Das vorliegende Buch liefert Fakten und Informationen zu Themen, die dem Publikum in meinungsbildenden westlichen Medien vorenthalten werden. Es setzt sich mit dem Entwicklungspotenzial im bevölkerungsreichsten Land der Welt auseinander und analysiert die dagegen betriebene imperiale Strategie der USA.

Robert Fitzthum, geboren 1951 in Wien, studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien und arbeitete als IT-Manager in österreichischen Banken und als selbstständiger Unternehmensberater. Langjähriges Redaktionsmitglied der Zeitschrift International. Er lebt seit 2013 als Beobachter der weltpolitischen Entwicklungen in China.

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Leseprobe

2. Vom »Wandel durch Handel« zur Bekämpfung eines aufstrebenden Konkurrenten


Die usa hatten den Aufstieg Chinas im Interesse ihrer Wirtschaft lange Zeit begrüßt und einen »Wandel durch Handel« angestrebt, d. h. eine Veränderung der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Landschaft Chinas durch enge Beziehungen und Einflussnahmen auf Gesetze und Strukturen.

Die Entwicklung des Handels und das Handelsdefizit


China und die usa haben die Kooperation im Handel rasant ausgeweitet. Nach Handelsdaten der usa stieg der wirtschaftliche Austausch zwischen den Ländern von 5 Milliarden us-Dollar im Jahr 1980 auf 636 Milliarden us-Dollar 2017. China ist der größte Markt für amerikanische Exporte außerhalb Nordamerikas und der größte Importeur in die usa. Die usa exportierten im Jahr 2017 Güter und Dienstleistungen im Wert von 130 Milliarden us-Dollar nach China. Die usa sind andererseits Chinas größter Exportmarkt.

Ein großer Kritikpunkt Trumps aus Wahlkampfzeiten ist das Handelsbilanzdefizit der usa gegenüber China, das im Jahr 2017 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der usa 375 Milliarden us-Dollar betrug. Die entsprechende Zahl der chinesischen Zollbehörden beträgt 298 Milliarden us-Dollar. Hier wird der Transithandel anders berücksichtigt. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass viele Vor- und Zwischenprodukte, die in den usa oder in Asien erzeugt werden, nach China importiert, dort nur weiterverarbeitet und dann in die usa re-exportiert werden; das sind oft von us-amerikanischen Unternehmen aufgebaute Lieferketten. »Der frühere Pekinger Repräsentant des us-Finanzministerium, David Dollar, bezifferte ihren Anteil an allen China-Ausfuhren auf 37 Prozent.«83 Ein Beispiel: Die Kosten für die Bestandteile eines iPhone 7/7Plus betragen 258 us-Dollar. Nur 3–6 % davon sind chinesische Wertschöpfung für den Zusammenbau. Der Rest geht nach Asien zu Samsung, Toshiba, sk Hynix etc. für Displays, Chips, und so weiter. Apple versandte 2017 61 Millionen iPhones 7/7Plus in die usa; hochgerechnet trug die iPhone-7-Serie 15,7 Milliarden us-Dollar zum Handelsdefizit der usa bei, das sind ca. 4,4 Prozent des gesamten Defizits.84

Die usa nutzen allerdings nicht alle Exportmöglichkeiten. Zusätzlich zum bestehenden Waffenembargo halten die usa für wettbewerbsfähige amerikanische Hightech-Produkte weiterhin eine strenge Exportkontrolle gegen China aufrecht, obwohl es schon unter Barack Obama Gespräche gab, zumindest technisch überholte Teile davon auszunehmen. So informiert der chinesische Vizepremier Wang Yang mit konkreten Zahlen:

Am Beispiel integrierter Schaltkreise (ic) erklärte er, dass China im Jahr 2016 227 Milliarden us-Dollar an ic-Produkten importierte, mehr als die Importe von Rohöl, Eisenerz und Primärkunststoffen zusammengenommen, aber nur vier Prozent davon stammten aus den usa.85

So schneiden sich die usa durch die restriktive Exportpolitik ins eigene Fleisch.

Protektionismus, oder: »Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen«86


Mit der Begründung, dass China »unfaire Handelspraktiken« (wie eine unterbewertete Währung, Subventionen und Diebstahl geistigen Eigentums) betreibe, verschärfen die usa die wirtschaftspolitischen Spannungen. In den usa beginnen nun Zeiten des Protektionismus heraufzuziehen, die die ganze Welt treffen. Die usa bezeichnen nun die Regeln, die sie selbst aufgestellt haben, als »unfair« und halten sich einfach nicht mehr daran.

Bis 2016 hatten die usa schon 262 Untersuchungen wegen unfairen Handels (trade remedy investigations) gegen chinesische Produkte im Wert von mehr als 28 Milliarden us-Dollar geführt. Zudem verhängten sie Zollsätze von bis zu 500 % auf einzelne Produkte in der Eisen- und Stahlbranche.

2018 hat Trump einen Zahn zugelegt. Er verlangte völlig unrealistisch von Bei­jing, das Handelsbilanzdefizit bis 2020 um 200 Milliarden us-Dollar zu verringern.87 Er erhebt aus dubiosen Gründen der »nationalen Sicherheit« unter Berufung auf Paragraf 232 des Trade Law von 1962 Strafzölle für Stahl- und Aluminiumimporte, um China zu treffen.88 Dabei ist China nur der elftgrößte Stahlimporteur in den usa mit einem Anteil von unter 4 %. Und die us-Stahlimporte aus China sind seit 2011 ohnehin um 30 % gefallen.

Trump verhängte außerdem Strafzölle gegen chinesische Importe im Wert von 50 Milliarden us-Dollar und drohte, auf weitere Waren im Wert von 200 bis 500 Milliarden us-Dollar Strafzölle zu verhängen, wenn Bei­jing Retorsionsmaßnahmen gegen die Strafzölle ergreift. Ob die Ankündigung dieser Maßnahmen Teil der Trump’schen Drohkulisse ist oder die Zölle wirklich zumindest temporär verhängt werden sollen, ist derzeit (Stand Ende August 2018) nicht abschätzbar.

Die Trump-Regierung kündigte auch Strafzölle auf Grundlage einer Untersuchung nach Paragraf 301 des Trade Act von 1974 an. Die Beschuldigung: China zwinge us-Unternehmen, bei Investitionen in China Geschäftsgeheimnisse preiszugeben. Die usa haben aber offenbar keine Beweise für einen von der chinesischen Regierung »erzwungenen Technologietransfer« bzw. für eine Unterstützung des Diebstahls von Geschäftsgeheimnissen,89 sonst wären sie zwecks einer Schlichtung des Konfliktes zur wto gegangen. Tatsächlich ist es so, dass China in manchen Bereichen Gemeinschaftsunternehmen vorsieht, aber keinen Technologietransfer vorschreibt. Die entsprechenden chinesischen Gesetze und deren Umsetzung können sicher verbessert werden, aber es gibt keine Verpflichtung zum Transfer von Firmengeheimnissen. Außerdem tut jede Firma, die in China investiert, dies freiwillig und wird nicht die aktuellste Technologie in ein Joint Venture einbringen, sondern eine etwas überholte Technik.

Es gibt kein anderes Land, das so viel für Lizenzen zur Verwendung intellektuellen Eigentums bezahlt wie China; nach Daten der Weltbank sind es rund 25 Milliarden us-Dollar pro Jahr.90

Alle protektionistischen Aktionen von Trump waren nach internationalem Recht nicht legal, da er den Weg zur wto beschreiten hätte müssen, die entsprechende Schlichtungsverfahren anbietet,91 anstatt mit amerikanischen Gesetzen aus dem vorigen Jahrhundert zu hantieren.

Während China auf amerikanische Strafzölle mit Retorsion gemäß den wto-Regeln in gleichem Ausmaß antwortete, hat es gleichzeitig angekündigt, sich weiter zu öffnen, die Beschränkung ausländischer Eigentumsanteile an Finanzinstituten auf 51 % zu erhöhen, die Joint-Venture-Verpflichtung in der Automobilindustrie aufzuheben, die Zölle auf importierte Autos und andere Produkte abzusenken und den Schutz der geistigen Eigentumsrechte zu verbessern.

Die usa halten sich auch nicht an die Verpflichtungen nach Artikel 15 des Beitrittsprotokolls Chinas zur wto, nämlich ab 11. Dezember 2016 im Rahmen von Anti-Dumping-Untersuchungen gegen China bei der Berechnung von Dumping-Exportspannen nicht Vergleichspreise eines beliebigen Drittstaates heranzuziehen. Durch Verwendung hoher Drittstaatspreise anstatt konkreter Dumpingkalkulationen wird China benachteiligt.

Während die usa sich zunehmend nach außen abschotten, öffnet sich China nach seinem eigenen Plan und Rhythmus langsam, je nachdem wie es die wirtschaftliche Lage erlaubt, aber es öffnet sich.

»China 2030« (Washington) versus »China 2025« (Bei­jing)


Warum gehen die usa bei Beschwerden nicht den Weg über die wto, wollen nicht verhandeln, wie bei Tarif- und Handelsproblemen üblich und wie es viele Firmen und Wirtschaftsexperten vorschlagen, sondern erheben Strafzölle und poltern? Es geht um mehr als Handel. Das dahinterstehende Ziel der usa sind nicht nur die Verringerung des Handelsdefizits und mehr Arbeitsplätze in der us-amerikanischen Stahlindustrie;92 Washingtons protektionistischer Zug soll verhindern bzw. verzögern, dass China in der industriellen Wertschöpfungskette hochklettert und eine moderne Hightech-Industrie aufbaut. Trumps Leute wollen, dass die chinesische Regierung die Maßnahmen umsetzt, die in der 2013 veröffentlichten Studie China 2030 der Weltbank93 gemeinsam mit (neoliberalen) Ökonomen des chinesischen Forschungszentrums des Staatsrates für Entwicklung propagiert wurden. Ein Ausschnitt aus der Zielformulierung der Studie:

Es ist zwingend erforderlich, dass China … ein marktorientiertes System mit solider Grundlage entwickelt, in dem öffentliche Mittel die Bereitstellung wichtiger öffentlicher Güter und Dienstleistungen finanzieren, während ein starker privater Sektor die wichtigere Rolle für das Wirtschaftswachstum spielt.

Im Klartext: Der Staat möge sich aus der Wirtschaft heraushalten und die Volkswirtschaft dem Kapital überlassen. Washington möchte konkret, wie bei Verhandlungen der Trump-Leute mit chinesischen Vertretern...

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