Autismus lässt sich nicht oberflächlich über die Haut behandeln

Metallbindende Wirkstoffe werden von der Haut nicht absorbiert – entsprechende Behandlungen wirkungslos

In die Haut einmassierte metallbindende Wirkstoffe können vom Körper nicht aufgenommen werden und helfen daher nicht, überschüssiges Quecksilber auszuscheiden. Diese Behandlungsmethode wird oft von Ärzten für Naturheilverfahren und Heilpraktikern befürwortet. Eine Studie von Jennifer Cohen und Michelle Ruha vom Banner Good Samaritan Medical Center in den Vereinigten Staaten und Kollegen weist nun nach, dass diese Art der Behandlung von autistischen Kindern wirkungslos ist. Die Arbeit erscheint online in der Springer-Fachzeitschrift Journal of Medical Toxicology.

In der Diskussion um den Zusammenhang zwischen Quecksilber und Autismus standen metallbindende Wirkstoffe wie DMPS* in den letzten Jahrzehnten im Fokus. Obwohl kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Quecksilber in Impfstoffen und Autismus nachgewiesen werden konnte, behandeln einige Ärzte autistische Patienten häufig mit quecksilberbindenden Wirkstoffen, um den Körper bei der Ausscheidung zu unterstützen. Einer dieser Wirkstoffe ist eine Form von DMPS, die auf die Haut aufgetragen wird. DMPS ist in Europa zur Behandlung schwerer Metallvergiftungen zugelassen, nicht aber von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA für die Vereinigten Staaten.

Cohen und ihr Team gingen erstmalig der Frage nach, ob DMPS durch die Haut vom Körper aufgenommen wird; hierzu wurde 30, 60, 90, 120 und 240 Minuten nach dem Auftragen des Medikaments der DMPS-Spiegel im Blut gemessen. Ebenfalls überprüft wurde, ob 12 und 24 Stunden nach der Behandlung eine erhöhte Quecksilberkonzentration im Urin messbar war. An der Studie nahmen acht gesunde Erwachsene teil sowie ein Kontrollproband, der DMPS oral zu sich nahm – für diese Art der Behandlung ist eine verstärkte Quecksilberausscheidung erwiesen.

Keine der Urinproben der gesunden Probanden enthielt zu irgendeinem Zeitpunkt nachweisbare Spuren von DMPS. Auch in 40 von 41 Blutproben ließ sich keine DMPS nachweisen. Nur in einer einzigen Probe entdeckten die Autoren eine kleine Menge DMPS, in diesem Fall ging man von einer Kontaminierung aus. Der Kontrollproband hingegen hatte nach der oralen Einnahme zu jedem Zeitpunkt erhöhte DMPS-Werte im Blut und auch im Urin nachweisbare Mengen. Die Behandlung durch auf die Haut aufgetragenes DMPS führte auch zu keiner erhöhten Quecksilberausscheidung, während die orale Einnahme zu einem sechsfachen Anstieg führte.

Michelle Ruha: „Dies ist die erste Studie zu einer teuren, von der FDA nicht zugelassenen Medikation, die im Internet beworben und bei autistischen Kindern angewendet wird. Unsere Ergebnisse zeigen ganz klar, dass das Medikament nicht vom Körper aufgenommen werden kann, wenn es auf die Haut aufgetragen wird. Diese Art der Behandlung ist daher nicht dazu geeignet, Metall zu binden.“

*2,3-Dimercaptopropan-1-Sulfonsäure

Quelle
Cohen JP, Ruha AM et al (2012). Plasma and urine dimercaptopropanesulfonate concentrations after dermal application of transdermal DMPS (TD-DMPS). Journal of Medical Toxicology; DOI 10.1007/s13181-012-0272-9

Der Volltext-Artikel ist für Journalisten auf Anfrage verfügbar.
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