Das Interview führte Ventengo (www.ventengo.de) mit Meik Kottkamp von der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG.

Voice over IP im Mobilfunkbereich unterliegt bereits einem regen Wachstum, das unter anderem auch mit der verstärkten Nutzung mobiler Endgeräte zusammenhängt. Deswegen möchten wir dieses Phänomen und seine rasante Entwicklung in unserer Interview-Reihe genauer unter die Lupe nehmen und befragen Experten im Mobilfunkbereich – heute mit Meik Kottkamp von der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG.

Herr Kottkamp, welches waren Ihrer Meinung nach die Meilensteine, die Voice over IP als eine gängige Telefonielösung etabliert haben?

Voice over IP ist eine von mehreren Lösungen, die heute Sprachkommunikation zwischen zwei Teilnehmern ermöglicht. Neben der Festnetz- und der Mobilfunktelefonie (basierend auf GSM und UMTS), die beide leitungsvermittelt realisiert sind, erlauben die Datennetze sowohl im Festnetz wie im Mobilfunk eine sogenannte Over The Top (OTT) Lösung. Dabei wird die Sprache in Paketen verpackt übertragen. Die Verbreitung des Internets verbunden mit leistungsfähigen Endgeräten und Anwendungen, die zusätzlich zu der Sprache auch Daten- (Chat) und Videoübertragungen erlauben, sind aus meiner Sicht die wesentlichen Faktoren für die Verbreitung der OTT Lösungen. Selbstverständlich spielen auch neue Tarifmodelle eine große Rolle.

Können Sie sich vorstellen, dass VoIP im Mobilfunkbereich derart an Bedeutung gewinnt, dass sie in naher Zukunft den Festnetzanschluss vollständig ersetzen kann?

Die Leistungsfähigkeit kommerzieller Mobilfunknetze, die eben nicht nur auf die Sprachübertragung begrenzt ist, erlaubt es schon heute, alle Dienste einer Festnetzverbindung über das Mobilfunknetz zu realisieren. Ich denke es ist schon jetzt eine sehr individuelle Entscheidung beide Anschlussarten oder eben nur eine Alternative zu nutzen. Die Frage vermischt eigentlich zwei Aspekte, denn der Term VoIP steht für die Übertragung von Sprache über eine IP Datenverbindung, also paketvermittelt im Gegensatz zu leitungsvermittelten Sprachtelefonie. Diese Technologie kommt mittlerweile sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk zur Anwendung. Ich denke persönlich, dass für alle Alternativen genügend Anwendungsfälle existieren und daher mittelfristig keine obsolet werden wird.

Welche technischen Neuerungen können wir in der Zukunft im VoIP-Bereich für den Mobilfunk erwarten? Welche Rolle spielt dabei der UMTS-Nachfolger LTE?

LTE erhöht die Leistungsfähigkeit bestehender UMTS Mobilfunksystem. Die erreichbaren Datenraten steigen deutlich. Auch wenn die theoretisch möglichen 100Mbit/s im Wirkbetrieb aufgrund realer Ausbreitungsbedingungen nicht erzielt werden können, so wird jeder LTE Nutzer doch eine deutliche Verbesserung wahrnehmen. Dies betrifft im Besonderen auch die verbesserte Latenzzeit, im übertragenen Sinne also die Reaktionszeit des Netzes. Außerdem ist LTE ein sogenanntes „paket switched only“ Netzwerk, d.h. alle Daten – auch Sprache – werden paketvermittelt übertragen. Speziell für die Sprachübertragung wurde Optimierungen eingeführt. Das IP Multimedia Subsystem (IMS) im Netz und auch als Client auf dem Endgerät erlaubt eine sehr leistungsfähige Unterstützung der Sprachübertragung in Kombination mit anderen Datendiensten wie Webbrowsing, E-Mail, usw. Damit ist die paketvermittelte Sprachübertragung in LTE am Ende keine reine OTT Lösung mehr. Allerdings ist IMS im Allgemeinen noch nicht verfügbar, sondern befindet sich erst im Aufbau. Daher übertragt ein heute verfügbares Smartphone die Sprache nicht über LTE, sondern über die bestehenden Mobilfunknetze GSM oder UMTS. Voice over LTE basierend auf IMS wird jedoch von fast allen Betreibern als finale Lösung angestrebt. Wann der Service eingeführt wird, hängt dabei von den individuellen Plänen der Betreiber ab.

Welchen Einfluss haben diese Neuerungen auf Rohde & Schwarz? Wird das Testen der Endgeräte immer teurer?

Jedes zweite Mobilfunktelefon weltweit ist mit einem R&S Testgerät entwickelt und/oder produziert worden. Für den Endgerätetest integrieren wir dabei alle existierenden Mobilfunktechnologien in ein einzelnes Messgerat (z.B. in den R&S®CMW500). Dieses Instrument benutzt der Smartphone Entwickler, um eine fehlerfreie SW und/oder HW Implementierung zu realisieren. Wir sind es gewohnt jede neue Funktionalität im Testgerät zur Verfügung zu stellen und dies meist deutlich vor dessen kommerziellen Einführung. Immer neue Technologien und immer neue Frequenzbänder machen das Testen tatsächlich immer komplexer. Auf der anderen Seite denken wir uns auch laufend effizientere Testmethoden aus – vor allem in der Produktion – damit die Smartphones für jeden erschwinglich bleiben.

Immer mehr Verbraucher nutzen Smartphones oder Tablets, so zeichnet sich auch der Trend der mobilen Internetnutzung ab. Sehen Sie dies als Chance für den VoIP Bereich an?

Ich bin sicher, dass der Siegeszug der Smartphones und Tablets weitergehen wird. Diese werden alle möglichen Internetdienste „mobil“ machen. Oder von der anderen Seite betrachtet erlauben diese Endgeräte immer neue Dienste. Jeder von uns hat schon viele Helfer in Form kleiner Apps auf dem Smartphone installiert und nutzt diese immer öfter. Ich sehe also eine riesige Chance für die weitere Nutzung des mobilen Internets. VoIP ist „nur“ eine der vielen Möglichkeiten, die hiervon profitieren.

Vielen Dank Herr Kottkamp für das interessante Interview.

Über Meik Kottkamp:

Meik Kottkamp ist Technologie Manager im Geschäftsgebiet Messtechnik der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG. Er ist verantwortlich für das strategische Marketing und die Produkt Portfolio Entwicklung für die 3GPP Technologien, im Besonderen für LTE/LTE-Advanced. Er war von Februar 1996 bis Juli 2007 bei Siemens bzw. NSN tätig und ist seit August 2007 bei Rohde & Schwarz beschäftigt.

Impressum
Ventelo GmbH
Mathias-Brüggen-Str. 55
50829 Köln

Tel.: +49 (0)221 6698 010
Fax: +49 (0)221 6698 019
Mail: info@ventelo.de

Vertretungsberechtigte Geschäftsführer:

Christof Sommerberg
Dietmar Becker

Registergericht: Amtsgericht Köln
Registernummer: HRB 52818
Umsatzsteuer-ID-Nr: DE 813 652 192