Eine bis zu einem Jahr verzögerte Behandlung von Bluthochdruck bei der Diagnose Diabetes bedeute nicht unbedingt ein Gesundheitsrisiko

New York / Heidelberg, 09. Januar 2012

Viele Ärzte neigen bei Diabetes-Patienten mit hohen Blutdruckwerten zu einer intensiven medikamentösen Behandlung. Neue Studien haben jedoch gezeigt, dass es nicht unbedingt schädlich ist, wenn die Behandlung erst ein Jahr nach der Diagnose einer vorliegenden Diabetes begonnen wird. Dieses Abwarten könnte gut genutzt werden, indem sich Arzt und Patient erst einmal darauf konzentrieren, die Lebensgewohnheiten positiv zu verändern, z.B. weniger Salz essen, abnehmen, mehr bewegen. Neda Laiteerapong und ihre Kollegen von der University of Chicago in den Vereinigten Staaten haben untersucht, ab wann es wirklich schädlich wird, wenn der Blutdruck vernachlässigt wird. Wenn über 10 Jahre und länger keine Kontrollen gemacht werden, muss mit schwerwiegenden Komplikationen gerechnet werden. Die Untersuchung¹ erscheint online in der Springer-Fachzeitschrift Journal of General Internal Medicine².

Blutdruckkontrolle gehört unbedingt zur Behandlung von Diabetes. Bei Diabetes-Patienten sind jedoch unregelmäßige und verschleppte Blutdruckkontrollen nicht ungewöhnlich. Dafür gibt es zwei Gründe, sei es, weil der Patient weit weg von einer medizinischen Versorgung wohnt oder weil Arzt und Patient es nicht so genau nehmen. Mindestens 20 Prozent der Diabetes-Patienten, denen Blutdruck senkende Medikamente verschrieben werden, halten sich nicht an die verordnete Therapie. Welche Auswirkungen dieses Verhalten auf die Gesundheit der Betroffenen hat, ist bislang noch nicht messbar.

Laiteerapong und ihr Team haben die Schwankungsbreite untersucht, wann und wie schädlich es sich auswirkt, wenn der Blutdrucks nicht im angemessenen Zeitraum kontrolliert wird. Ihrem theoretischen Simulationsmodell lag eine hypothetische Bevölkerungsgruppe im Alter zwischen 50 und 59 Jahren zugrunde, bei der kurz zuvor Typ 2-Diabetes diagnostiziert worden war.

Im Vergleich zu einem lebenslang kontrollierten Blutdruck, stiegen die Komplikationen bei einem nicht lebenslang kontrollierten Blutdruck um 1.855 Fälle pro 10.000 Patienten an. Die qualitätsangepasste Lebenserwartung nahm um fast ein Jahr (332 Tage) ab. Eine um ein Jahr verzögerte Kontrolle des systolischen Blutdrucks führte zu einem relativ geringen Anstieg der Komplikationen und hatte geringe Auswirkungen auf die qualitätsangepasste Lebenserwartung (2 Tage). Eine Verzögerung um mehrere Jahre, das heißt um mehr als 10 Jahre, führte zu erheblich schlechteren Ergebnissen. Die Anzahl der Schlaganfälle und Herzinfarkte stieg drastisch an.

Die Autoren schließen daraus: „Bei erwachsenen Diabetes-Patienten mittleren Alters sind die schädlichen Auswirkungen nicht wirklich gravierend, wenn mit der Blutdruckbehandlung noch ein Jahr abgewartet wird. Im ersten Jahr nach der Diabetes-Diagnose sollte es nach Ansicht der medizinischen Versorger vor allem darum gehen, die Krankheit erst einmal wirksam in den Alltag zu integrieren und den gesamten Lebensstil darauf auszurichten. Nach dem ersten Jahr halten sie es jedoch bei erwachsenen US-Amerikanern mittleren Alters für sehr sinnvoll, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren und somit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit in der Bevölkerung zu leisten.“

Quellen:

1. Laiteerapong N et al (2011). The impact of delaying blood pressure control in patients with type 2 diabetes: results of a decision analysis. Journal of General Internal Medicine. DOI 10.1007/s11606-011-1951-y

2. Das Journal of General Internal Medicine ist die offizielle Fachzeitschrift der Society of General Internal Medicine.

Der vollständige Artikel steht Journalisten auf Anfrage zur Verfügung.

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