Springer Fachzeitschrift Motivation and EmotionAlles andere als langweilig: Die Erforschung der Langeweile

Wissenschaftler identifizieren eine fünfte Form der Langeweile

Mit der Entdeckung einer fünften Form von Langeweile hat ein internationales Forscherteam eine neue emotionale Facette ausgemacht: die apathische Langeweile. Die entsprechende Studie ist soeben in der Springer Fachzeitschrift Motivation and Emotion erschienen. Sie basiert auf den Forschungsergebnissen von Wissenschaftlern der Universität Konstanz und der Pädagogischen Hochschule Thurgau (Schweiz) in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen der LMU München, der Universität Ulm, der McGill University in Montreal und der City University of New York. Die Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Götz (Universität Konstanz und PH Thurgau) ist die erste, die quantifizierbar die unterschiedlichen Formen der Langeweile untersucht und Einblicke gibt, wie dieses Gefühl in der Schule, aber auch im Alltag erlebt wird.

Die Studie basiert auf einer früheren qualitativen Untersuchung von Götz und seiner Kollegin Anne Frenzel aus dem Jahr 2006, in der sie zwischen vier unterschiedlichen Arten von Langeweile unterschieden. Diese ordneten sie nach dem Level körperlicher Aktivation (von ruhig bis zappelig) und danach, wie positiv oder negativ die Langeweile empfunden wurde (nach der sogenannten Valenz). Dazu gehören die indifferente Langeweile (entspannt, zurückgezogen), die kalibrierende Langeweile (umherschweifende Gedanken, Offenheit für Neues), die suchende Langeweile (rastlos, Suchen nach Veränderung oder Ablenkung) und die reaktante Langeweile (hohe Abwehrreaktion, die starke Motivation der Situation zu entfliehen).

Die Wissenschaftler haben nun mit dieser neuen Studie eine weitere Variante der Langeweile identifiziert, die sie apathische Langeweile nennen. Dies ist eine Variante, die erlernter Hilflosigkeit oder Depressionen gleicht und mit einem geringen Level an Aktivation und einem hohen Level an Aversion verbunden ist.

Die Wissenschaftler führten über zwei Wochen hinweg zwei Echtzeitstudien mit 63 deutschen Universitätsstudenten und 80 deutschen Gymnasiasten durch. Die Teilnehmer mussten auf einem Personal Digital Assistant einen Fragebogen zu ihren Aktivitäten, ihren Gedanken und ihrem emotionalen Erleben, einschließlich der Langeweile, mehrmals im Verlauf eines Tages ausfüllen.

Auf Grund des vermuteten Zusammenhangs von Langeweile und Formen von Depression wertete die Forschergruppe es als alarmierend, dass die apathische Langeweile von Schülerinnen und Schüler in 36 Prozent der untersuchten Situationen berichtet wurde.

Die Ergebnisse zeigen, dass die fünf Formen der Langeweile nicht einfach von der empfundenen Intensität der Langeweile abhängen, sondern von konkreten Situationen geprägt werden. Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass Menschen ganz individuell zu einer bestimmten Form des Langeweileerlebens neigen.

„Deshalb vermuten wir, dass das Erleben bestimmter Formen der Langeweile zu einem gewissen Grad von der Persönlichkeit abhängt,“ sagt Götz. Zudem werfen die Resultate ein ganz neues Licht auf die Diskussion, ob Langeweile positive oder negative Auswirkungen auf das Lernen und die Leistung hat. „Diese Frage können wir nur dann angemessen beantworten, wenn wir wissen, welche Form von Langeweile jemand erlebt“, fügt Götz hinzu.

Quelle:
Goetz, T. et al (2013). Types of Boredom: An Experience Sampling Approach, Motivation and Emotion, DOI 10.1007/s11031-013-9385-y

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