Geier nach wie vor vom Aussterben bedroht

Südasiatische Geier verenden wegen Rückständen von Tierarzneimitteln in Viehkadavern

New York / Heidelberg, 17. November 2011

Die Geier in Südasien standen kurz vor der Ausrottung, als Lindsay Oaks und Richard Watson vom ‚The Peregrine Fund‘ in den USA Beobachtungsstudien und forensische Analysen durchführten, um herauszufinden, warum die Anzahl der Vögel so rasant abnahm. Sie fanden heraus, dass die Geier durch Rückstände des entzündungshemmenden Medikaments Diclofenac vergiftet wurden, das sie über Kadaver von Rindern und anderem Vieh aufnahmen. Ihre Arbeit ist in einem Kapitel des neuen Buches Wildlife Ecotoxicology – Forensic Approaches von Springer erschienen.

„Die ganze Geschichte ist noch lange nicht vorbei und es steht viel auf dem Spiel“, sagen die Autoren. „Wenn es nicht gelingt, Diclofenac effektiv in den Griff zu kriegen, um verseuchte Kadaver zu vermeiden, werden diese prächtigen Vögel bald ausgerottet sein. Seit Jahrtausenden haben die Aasfresser durch ihr Fressverhalten dazu beigetragen, dass sich ansteckende Krankheiten nicht ausbreiten konnten. Darüber hinaus haben sie weitere wichtige ökologische Funktionen erfüllt.“

Oaks und Watson beschreiben ihre wissenschaftlichen Untersuchungen zur Entwicklung der Tierpopulation der orientalischen Weißrückengeier und dem Dünnschnabelgeier in den neunziger Jahren in Indien und in Pakistan Anfang 2000. Beide Vogelarten gelten als die weltweit meist verbreiteten Raubvögel. Die Autoren beschreiben den beispiellosen Rückgang dieser beiden Raubvögel, einschließlich der vielen Herausforderungen und Rückschläge, die sie erlebt haben. Sie konnten durch ihre Arbeit nachweisen, dass das allgemein gebräuchliche entzündungshemmende Medikament Diclofenac, das auch an krankes Vieh verfüttert wird, von den Vögeln über die Kadaver aufgenommen wird und dann zu Eingeweidegicht und in Folge zu Nierenversagen führt.

Die Autoren beschreiben ihre Bemühungen im Jahr 2004, die Regierungen von Indien, Pakistan und Nepal zum Handeln zu bewegen, nachdem sie sie mit dem unwiderlegbaren Nachweis konfrontierten, dass Diclofenac für den dramatischen Rückgang der Geier verantwortlich ist. Sie zeigen, wie fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu schnellen Gesetzesänderungen führen können. Im Jahr 2006 verbieten Indien, Nepal und Pakistan die Herstellung von Diclofenac für die Verwendung in der Tierhaltung.

Ungeachtet des zehnjährigen Feldzuges der Forscher und ihrer bedeutenden Beiträge, wird Diclofenac fast vier Jahre nach dem Verbot weiterhin im großen Stil illegal in der Tiermedizin eingesetzt. Für die Gänsegeier bedeutet dies also nach wie vor eine unmittelbare Bedrohung. Die Autoren empfehlen eine Reihe möglicher Maßnahmen, die bei der effektiveren Umsetzung des Verbotes helfen könnten.

Diese forensische Arbeit und weitere wissenschaftliche Kriminalfälle werden in Wildlife Ecotoxicology – Forensic Approaches vorgestellt. Die Herausgeber stellen wissenschaftliche Falluntersuchungen vor, die Herausforderungen beschreiben, mit denen Biologen während ihrer Forschungsarbeit konfrontiert sind und bringen diese Probleme an die Öffentlichkeit und Behörden.

Quelle
Elliott JE, Bishop CA, Morrissey CA, Wildlife Ecotoxicology, Springer. 2011. 978-0-387-89431-7
(Oaks JL and Watson RT, Chapter 14: South Asian Vultures in Crisis: Environmental
Contamination with a Pharmaceutical)

Kapitel 14 ist für Journalisten auf Anfrage verfügbar. Journalisten und Rezensenten können über www.springer.com/978-0-387-89431-7 auf das komplette Buch online zugreifen.
Kontakt: Joan Robinson, Springer, Tel.: +49-6221-487-8130, E-Mail: joan.robinson@springer.com