Neue Studie zeigt, dass Haiaugen nur einen Zapfenzellen-Typ besitzen – das legt nahe, dass sie farbenblind sind

New York/Heidelberg, 18. Januar 2011

Haie sind nicht in der Lage Farben zu unterscheiden. Dies ist das Ergebnis einer neuen wissenschaftlichen Untersuchung Dr. Nathan Scott Hart und seinen Kollegen von der University of Western Australia und der University of Queensland in Australien. Rochen und Seekatzen, die eng mit den Haien verwandt sind, können hingegen begrenzt Farben erkennen. Die wissenschaftliche Studie zeigt, dass Haiaugen – obwohl sie ein großes Spektrum von Wellenlängen wahrnehmen – nur einen einzigen Zapfenzellentyp* für langwelliges Licht auf der Netzhaut besitzen, weshalb sie wahrscheinlich vollständig farbenblind sind. Die Forschungsergebnisse von Dr. Hart und seinem Team erscheinen online im Fachjournal Naturwissenschaften – The Science of Nature von Springer.

„Diese neuen Forschungsergebnisse über die „Sehweise“ von Haien könnten dazu beitragen, Angriffe auf Menschen zu verhindern und die Entwicklung von Fanggerät zu unterstützen, um so den Hai-Beifang in der Langleinenfischerei zu reduzieren. Unsere Studie zeigt, dass der Kontrast gegenüber der Umgebung für die Objekterfassung bei Haien wahrscheinlich wichtiger ist als Farbsichtigkeit. Dies könnte uns dabei helfen, Langleinenfischereiköder zu entwickeln, die für Haie weniger attraktiv sind, wie auch Badebekleidung und Surfbretter, die für Haie einen geringeren sichtbaren Kontrast besitzen und deshalb weniger anziehend auf sie wirken,“ sagt Prof. Hart.

Haie sind effiziente Jäger. Ihr evolutionärer Erfolg wird unter anderem ihren beeindruckenden Sinnessystemen zugeschrieben, einschließlich ihres Sehvermögens. Bisher ist unklar, ob Haie Farben sehen, obwohl sie gut entwickelte Augen und einen großen sensorischen Gehirnbereich besitzen, der die visuellen Informationen verarbeitet. Beim Versuch, die Farbsichtigkeit von Haien festzustellen, verwendeten Dr. Hart und seine Kollegen die Mikrospektro-Fotometrie, um Zapfensehpigmente in der Hai-Netzhaut zu identifizieren und ihr spektrales Absorptionsmaß zu bestimmen.

Die Wissenschaftler untersuchten die Netzhäute von 17 Haiarten, die in unterschiedlichen Gewässern bei Queensland und Westaustralien gefangen wurden. Bei allen Arten waren Stäbchenzellen die häufigste Art von Fotorezeptoren. Bei 10 von 17 Arten wurden keine Zapfenzellen gefunden. Allerdings kamen diese in den Netzhäuten von 7 Haiarten aus drei verschiedenen Familien vor; jedes Mal war nur einziger Zapfenzellentyp für langwelliges Licht vorhanden. Die Forschungsergebnisse von Dr. Hart und seinem Team liefern wichtige Beweise dafür, dass Haie nur einen einzigen Zapfenzellentyp besitzen, was nahe legt, dass Haie Zapfen-Monochromaten und deshalb wahrscheinlich komplett farbenblind sind.

Die Autoren kommen zur Schlussfolgerung: „Auch wenn Zapfen-Monochromasie auf dem Land selten ist, könnte es eine verbreitete Strategie in der Meeresumwelt sein. Viele Meeressäuger − Wale, Delfine und Robben − besitzen ebenfalls nur einen einzigen, grün-empfindlichen Zapfentyp. Es scheint, dass sowohl Haie als auch Meeressäuger durch konvergente Evolution dasselbe visuelle Prinzip entwickelt haben. Mit anderen Worten, sie haben bei unverwandter Abstammung die gleichen biologischen Eigenschaften entwickelt.“

*Es gibt zwei Hauptarten von Fotorezeptoren auf der Netzhaut. Stäbchenzellen sind sehr lichtempfindlich und ermöglichen Nachtsichtigkeit. Zapfenzellen reagieren ebenfalls auf Licht, sind aber weniger lichtempfindlich. Augen mit unterschiedlichen Spektraltypen von Zapfenzellen können zwischen unterschiedlichen Farben unterscheiden. Stäbchenzellen können nicht zwischen Farben unterscheiden.

Quellenangabe
Hart NS et al (2011). Microspectrophotometric evidence for cone monochromacy in sharks. Naturwissenschaften – The Science of Nature; DOI 10.1007/s00114-010-0758-8

Der Volltext-Artikel ist für Journalisten auf Anfrage verfügbar.
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