Ein neues Gesetz soll die privaten Krankenversicherungen auch für diejenigen wieder erschwinglich machen, die die hohen Standard Beiträge nicht mehr zahlen können. Dabei handelt es sich aktuell um rund 144.000 Kunden, die momentan privat versichert sind, aber ihr Monatsbeiträge nicht aufbringen können. Den Versicherungen entstehen dadurch Einnahmeverluste von circa einer halben Milliarde Euro. Und den Ärzten drohen Einnahmeverluste in etwa gleicher Höhe, wenn diese bisher so umworbenen Privatpatienten die Mediziner auf ihren Rechnungen sitzen lassen.

Wer seine Arztrechnung nicht selbst bezahlen kann und bei der privaten Krankenversicherung (PKV) als Nichtzahler aufgefallen ist, wird höchstens noch im Notfall behandelt. Und das trifft mittlerweile auf fast 2% der neun Millionen PKV Mitglieder zu. Mit steigender Tendenz. Die Schadenssumme, die so aufgelaufen ist, muss von den übrigen Versicherten mitgetragen werden. Rechnet man die ohnehin gestiegenen Kosten im Gesundheitssystem hinzu, kalkuliert die allgemeine Preissteigerung in die Beiträge und berücksichtigt den demografischen Wandel, erklären sich schnell die nahezu alljährlich stattfindenden Preisanpassungsrunden der Unternehmen.

Je länger die säumigen Kunden ihre Prämien nicht zahlen können, umso größer wird der Schaden bei den Versicherungen und den privat liquidierenden Ärzten bzw. deren Verrechnungsstellen. Ein Ausweg muss gefunden werden und dieser erfordert eine politische Lösung. Diskutiert wird nun ein einheitlicher Nichtzahlertarif für alle privaten Krankenversicherungsunternehmen. Dieser Tarif soll lt. VeDeVe (Verband der Versicherten) etwa 100 Euro im Monat kosten. Damit deckt er jedoch nur noch die Kosten akuter Krankheiten oder Schwangerschaften. Bevor der bisherige Tarif automatisch in einen vorübergehenden oder dauerhaften Ruhezustand versetzt wird, sollen säumige Versicherte zweimal gemahnt werden.

Die Versicherungen, die eine private Krankenversicherung im Programm haben, sind sehr unterschiedlich von der Nichtzahler-Problematik betroffen. Nach Insider Angaben schwankt die Zahl der Problemkunden zwischen 0.05 und 4,5 Prozent. In der Spitze könnten einzelne Anbieter bei bestimmten Tarifen sogar bis zu zehn Prozent Nichtzahler haben. Insbesondere trifft das die Assekuranzen, die in den vergangen Jahren aggressiv mit Billigtarifen auf Kundenfang gingen, mit denen sie im Krankenversicherung Vergleich Spitzenplätze erkauften. Zu diesen gehören die Generali-Tochter Central sowie das Ergo-Tochterunternehmen DKV. Aus dem Niedrigpreissegment haben sich inzwischen beide wieder zurückgezogen und die aufgelaufenen Verluste auf die Normaltarife und Altkunden umgelegt, deren Beiträge zum Teil stark erhöht werden.

Nur die Hanse Merkur hat bisher einen speziellen Tarif für Nichtzahler. Er heißt „Mini“ und ist nicht im Neugeschäft verfügbar, sondern nur für den Tarifwechsel. Bei diesem Tarif zahle ein 30 Jahre alter Mann nur 57 Euro monatlich, eine Frau im gleichen Alter kommt auf weniger als 69 Euro monatlich. Dieser Billigbeitrag kann sich sogar noch halbieren, wenn ein Arbeitgeberanteil berücksichtigt wird.

Der Hintergrund für dieses Tarifpaket: wegen der seit 2009 gesetzlich geregelten Versicherungspflicht kann ein PKV Unternehmen nicht mehr wie früher kündigen und muss trotzdem für eine Notfallbehandlung aufkommen. Ob sich ein solcher Nichtzahler-Tarif lohnt, ist fraglich. Der Mini Tarif der Hanse Merkur ist mit einem Selbstbehalt von 5.000 Euro pro Jahr verknüpft. Das entspräche genau der Höchstgrenze der gesetzlichen Vorgabe für die Erfüllung der Krankenversicherungspflicht. Für jemanden in finanziell angespannter Lage könne ein Wechsel in den Tarif Mini zwar zunächst Vorteile bringen, weil der Basistarif der privaten Krankenversicherung teuer und somit keine Alternative sei. Denn dieser richtet sich nach dem Höchstbetrag der gesetzlichen Versicherungen (GKV). Aber zumindest läuft der Versicherungskunde nicht in ein Mahnverfahren und seine Bonität bleibt gut.

Andererseits ist es fraglich, ob jemand, der nicht in der Lage ist, seinen normalen Beitrag zu zahlen, im Ernstfall diesen Selbstbehalt aufbringen kann. Das gleicht fast einer Wette. Deshalb kann für den Versicherten die „kostenlose“ Notfallbehandlung ohne Beitragszahlung die bessere Variante sein.

Wie diese Hürde genommen werden soll, ist noch nicht klar. Momentan werden dem Vernehmen nach zwischen dem Finanzministerium, dem Justizministerium und dem Gesundheitsministerium die Einzelheiten der notwendigen Gesetzesänderungen abgestimmt. Bleibt zu hoffen, dass die Ministerialen und Politiker eine schnelle Lösung für ein drängenden Problem finden und auch die Flexibilität einbauen, die Rückkehr in den Normaltarif zu ebnen, wenn der finanziell erkrankte Kunde wieder genesen ist und sich die reguläre Mitgliedschaft in der Privatversicherung wieder leisten kann.

 

Manuela Nadel

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