Springer-Fachjournal Animal CognitionErkennen Fledermäuse ihre Freunde an der Stimme?

Studie liefert Hinweise, dass Fledermäuse die Stimmen von Mitgliedern ihrer sozialen Gruppe erkennen

Können Säugetiere gut bekannte Artgenossen an ihrer Stimme erkennen? Eine neue Studie zeigt, dass sogar nachtaktive, hoch-bewegliche Tiere wie Fledermäuse die Fähigkeit besitzen, bestimmte Aspekte der Stimmen anderer Fledermäuse aus ihren sozialen Gruppen zu erkennen. Die Studie von Hanna Kastein von der Tierärztlichen Hochschule Hannover und ihren Kollegen erscheint im Springer-Fachjournal Animal Cognition.

Für ihre Studie wählten die Autoren Fledermäuse, da es sich um soziale Säugetiere handelt, die sich vorwiegend in der Luft bewegen und daher akustische Signale zur Orientierung sowie häufig zur Kommunikation verwenden. Körperkontakte zwischen Tieren in sozialen Gruppen des Indischen Falschen Vampirs Megaderma lyra sind ein Hinweis auf die Bildung individueller Beziehungen zwischen den Tieren. Die Autoren gehen davon aus, dass die Fähigkeit, einzelne Tiere an der Stimme zu erkennen, eine entscheidende Rolle bei der Zusammenkunft von Gruppen in den Nachtquartieren spielt. Bei isolierten Fledermäusen kann man beobachten, dass sie Rufe ausstoßen, die Mitglieder der gewohnten Nachtquartiergruppe anziehen – dies bestärkt die Annahme, dass andere Artgenossen den Ruf erkennen.

Für ihre Studie setzten die Wissenschaftler zwei Fledermausgruppen ein: Sie wurden in getrennten Flugräumen gehalten und über einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten beobachtet. Die Forscher stellten fest, welche Tiere untereinander Körperkontakt herstellten und trennten einzelne Fledermäuse von ihrer gewohnten Gruppe, um die Kontaktrufe des Tiers aufzeichnen zu können. Die Rufe wurden dann einzelnen Fledermäusen vorgespielt: die präsentierten Stimuli waren entweder von Tieren, mit denen die Fledermaus Körperkontakt pflegte oder keinen Körperkontakt pflegte, oder aber von unbekannten Individuen der anderen Gruppe. Das Verhalten der untersuchten Fledermäuse wurde anhand der Drehung des Fledermauskörpers in Richtung des Lautsprechers gemessen, der die Rufe aussendete.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Fledermäuse auf alle Kontaktrufe mit einer Drehung zum Lautsprecher reagierten. Die Fledermäuse zeigten dieses Verhalten unabhängig davon, ob der Ruf von einem Tier kam, mit denen das Tier Körperkontakt pflegte, keinen Körperkontakt pflegte oder welches unbekannt war. Dies zeigt, dass die Tiere unter diesen Umständen keine klare Präferenz für die Rufe von Partnern hatten, mit denen sie Körperkontakt pflegten. Die Ursache für die starke Reaktion auf alle Rufe könnte die hohe Attraktivität eines jeden Kontaktrufs auf zeitweise isolierte Fledermäuse sein.

In einer weiteren Reihe von Experimenten wurde den Fledermäusen wiederholt der Ruf einer bekannten Fledermaus vorgespielt, bis sie keine Reaktion mehr auf diesen Ruf zeigten. Wenn ihnen anschließend ein anderer Ruf vorgespielt wurde, zeigten sie allerdings eine stärkere Reaktion gegenüber anderen Partnern aus ihrer sozialen Gruppe als gegenüber einem neuen Ruf der vorher präsentierten Fledermaus. Dies ist ein Zeichen dafür, dass Fledermäuse Stimmen individuell unterscheiden.

Die Wissenschaftler kommen zu der Schlussfolgerung: „Die Experimente liefern Beweise für die Unterscheidung der Identität auf Basis von Stimmunterschieden und könnten einen Hinweis für die Erkennung von Artgenossen anhand der Stimme liefern.“

Quelle
Kastein, H.B. et al.(2013). Perception of individuality in bat vocal communication: discrimination between, or recognition of, interaction partners? Animal Cognition DOI 10.1007/s10071-013-0628-9

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