Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen: Ängste entstehen oft durch übermäßige elterliche Fürsorge

Unabhängigkeit und medizinisch sinnvolle Aktivitäten sind enorm wichtig für junge Menschen mit Herzproblemen

New York / Heidelberg, 15. September 2010

Erwachsene mit angeborenen Herzerkrankungen leiden häufiger unter herzbedingten Angstzuständen – der Furcht vor Symptomen und Empfindungen, die mit ihrer Erkrankung in Zusammenhang stehen –, wenn die Eltern übermäßig fürsorglich waren. Dr. Lephuong Ong, Orion Health Services in Vancouver, und Kollegen gehen davon aus, dass die Unabhängigkeit und damit auch die psychosoziale Anpassung Heranwachsender und Erwachsener mit angeborenen Herzerkrankungen schon durch geschultes Pflegepersonal besser gefördert werden könnte. Dr. Ongs Arbeit¹ erscheint jetzt online in Springers International Journal of Behavioral Medicine.

Etwa ein Prozent aller Babys kommt mit angeborenen Herzfehlern zur Welt. Dank zunehmender medizinischer Fortschritte überleben davon 90 Prozent. Häufig haben diese Patienten als Erwachsene auch psychische Probleme. Sie entwickeln Ängste, neurokognitive Defizite, haben ein gestörtes Körperbild und Beziehungsprobleme. Forschungen haben ergeben, dass das Ausmaß der elterlichen Fürsorge bei Kindern mit angeborenen Herzerkrankungen häufig größer ist als bei gesunden Kindern.

Ong und sein Team befragten erwachsene Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen nach ihren Kindheitserinnerungen und untersuchten den Zusammenhang zwischen übermäßiger Fürsorge der Eltern – definiert als Einmischung, überzogene Kontakte, Infantilisierung und Behinderung der Unabhängigkeit – und Angstzuständen, die mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen. Am Beispiel von 192 Erwachsenen beurteilten die Wissenschaftler die Schwere des Herzfehlers, das Ausmaß der Angstzustände und die während der Kindheit wahrgenommene übermäßige Fürsorge der Eltern.

Ihre Analysen zeigten, dass Ängste in engem Zusammenhang stehen mit dem Maß an übermäßiger elterlicher Fürsorge, dass aber auch die Schwere der Erkrankung bei der Entwicklung von Ängsten eine Rolle spielt. Überraschenderweise war das Maß der elterlichen Fürsorge nicht von der Schwere der Erkrankung abhängig.

Die Autoren: „Erwachsene mit angeborenen Herzerkrankungen, die ihre Eltern als übermäßig fürsorglich beschreiben, haben vermutlich gelernt, herzbedingte Symptome oder Empfindungen grundsätzlich negativ zu deuten und ungute Reaktionen, wie Vermeidungshaltungen und Angst zu entwickeln. Wenn Eltern und Kinder jedoch schon in Kliniken Handlungsrichtlinien bekommen und so zu möglichst vielen medizinisch sinnvollen Aktivitäten angeregt werden, könnte dies die Eigenständigkeit bei den Patienten als Jugendliche oder Erwachsene stärker fördern.“

Quelle
1. Ong L et al (2010). Parental overprotection and heart-focused anxiety in adults with congenital heart disease. International Journal of Behavioral Medicine.
DOI 10.1007/s12529-010-9112-y

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